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Stau stadteinwärts: Wie hier in Lichtenberg geht es vielen Pendler tagein, tagaus.

© dpa

ADAC rät Pendlern zum Umsteigen: Automobilklub gibt Politik die Schuld am Stau

Der ADAC hat ein Konzept gegen den Stau im Berufsverkehr: Mehr Parkplätze an Bahnhöfen, kürzere Taktzeiten bei den Bahnen oder Rabatte aufs VBB-Ticket. Dass die Pendler trotzdem so viel im Stau stehen, hat einen anderen Grund: Die Politik nutzt ihre Gestaltungsmöglichkeiten nicht.

Von Matthias Matern

Die Länder Berlin und Brandenburg machen den Berufspendlern das Leben aus Sicht des ADAC unnötig schwer. Sowohl dem rot-schwarzen Senat in Berlin als auch der rot-roten Landesregierung Brandenburgs werfen die Verkehrsexperten des Automobilklubs „fehlenden politischen Willen“ vor, Probleme wie lange Staus auf den Berliner Ausfallstraßen, zu geringe Taktfrequenzen im öffentlichen Nahverkehr und fehlende Parkmöglichkeiten an S-Bahnhöfen lösen zu wollen.

Am Montag hat der ADAC deshalb in Berlin/Potsdam ein eigenes Verkehrskonzept vorgelegt, um den täglich rund 200 000 Einpendlern nach Berlin, den Weg zur Arbeit zu erleichtern. Für geschätzte 15 Millionen Euro sollen Berlin und Brandenburg großzügige Park-&-Ride-Plätze einrichten, einen Zehn-Minuten-Takt beim S-Bahnverkehr ins Umland gewährleisten und an den drei großen Autobahnen Sammelpunkte für Mitfahrer-Börsen einrichten.

Die gegenwärtigen Bedingungen hält Volker Krane, Vorstandmitglied beim ADAC Berlin-Brandenburg für „bei Weitem nicht optimal“. Nach wie vor würden Pendler aus Mangel an Alternativen überwiegend mit dem Pkw nach Berlin zur Arbeit fahren.

Nach Schätzungen des Automobilklubs würden dadurch täglich eine Million Liter Kraftstoff verbraucht und 2000 Tonnen Kohlendioxid ausgestoßen. Zudem wüssten Pendler oft nicht wohin mit ihrem Auto, würden deshalb im Umfeld größerer Bahnhöfe am Stadtrand wie in Berlin-Buch in Wohngebieten parken. „In Frohnau und Rahnsdorf gibt es deshalb bereits massive Beschwerden von Anwohnern“, sagte Krane. „Es gibt einfach zu wenige Park-&-Ride-Plätze und die, die es gibt, werden schlecht beworben und sind meist in einem schlechten Zustand.“

Bildergalerie: Die Pläne des ADAC für Berlins Straßen

Verschärft werde diese Situation durch das VBB-Tarifsystem. Weil die Monatskarte außerhalb des Berliner Stadtgebietes 18 Euro teurer sei, würden viele Pendler ihr Auto innerhalb der Stadtgrenzen abstellen und erst dort in den öffentlichen Nahverkehr umsteigen. „Weder die Berliner noch die brandenburgische Landesregierung sieht sich derzeit veranlasst, die Situation der Pendler zu verbessern“, kritisierte Krane. Aber auch die Verkehrsunternehmen müssten sich bewegen.

Der ADAC ist davon überzeugt, mit seinem Konzept das Pkw-Aufkommen durch den Pendlerstrom bis 2030 um die Hälfte verringern zu können. Neben den vorhandenen Angeboten fordert der Automobilklub den Bau vier großer Park-&- Ride-Stationen westlich, östlich, nördlich und südlich von Berlin. In Hoppegarten-Birkensteig, Seegefeld, Berlin-Buch und Großbeeren stünden geeignete Flächen zur Verfügung, die sich teilweise bereits im Eigentum der Bahn befänden, heißt es im ADAC-Konzept.

Um Autofahrer zum Umsteigen anzuregen, ließe sich die Attraktivität dieser Park-&-Ride-Stationen durch die Ansiedlung von Einzelhandel und Dienstleistern wie Lebensmitteldiscountern und Postannahmestellen deutlich erhöhen. Denkbar wäre auch ein Rabattsystem, dass den Nutzern den VBB-Tarifunterschied ausgleicht.

Ein weiterer Baustein im Konzept der Verkehrsexperten sind Fahrgemeinschaften. Bei Linthe an der A9, bei Guben an der A13 und bei Fehrbellin an der A24 sollen Park-&-Mitfahrer-Sammelplätze geschaffen werden. Häufig seien Flächen im direkten Umfeld von Autobahnauffahrten wegen hoher Lärmbelastung ohnehin nur schwer zu vermarkten. Dort könnten sich durch Bewachung der Parkplätze und Mitfahrervermittlung auch geschäftliche Perspektiven ergeben, glauben die Experten.

Durch die Verwendung von Fördermitteln und die Einbeziehung privater Investoren könnten die veranschlagten Kosten noch mal deutlich verringert werden, sagte ADAC-Vorstand Krane am Montag. Auch wenn die Umsetzung des Konzepts bis 2030 angelegt sei, müsse sofort damit begonnen werden. „Das darf keine 20 Jahre dauern.“ Zumindest der Ausbau des Park-&-Ride-Angebots sei relativ schnell zu verwirklichen.

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