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Oft behindern Rad- und Autofahrer sich gegenseitig.

© dpa

ADFC zur Abgeordnetenhaus-Wahl: Schlechte Noten für Fahrradpolitik in Berlin

Die Radfahrer-Lobby legt ihre Forderungen zur Wahl vor und bewertet die Leistung der Parteien. Nur zwei kommen dabei gut weg, die CDU fällt beinahe durch.

2025 sollen „alle Radfahrer in Berlin sicher, schnell und komfortabel ihr Ziel erreichen“. Das klingt wie ein unerfüllbarer Wunschtraum, der ADFC meint es aber ernst. Am Montag stellte der Fahrradclub seine Forderungen für die kommende Legislaturperiode vor (alle Informationen zur Abgeordnetenhauswahl auf unserer Themenseite). Die Ziele sind nicht so detailliert wie die des Fahrradvolksentscheids, aber ebenfalls ambitioniert. 40 Millionen Euro sollen in den kommenden zehn Jahren pro Jahr investiert werden. Aus Sicht von ADFC-Chefin Eva-Maria Scheel gut angelegtes Geld. Denn mehr Radverkehr heißt weniger Autoverkehr und damit weniger Dreck, Lärm und Unfälle.

Mit dieser Summe wäre Berlin immer noch Schlusslicht anderer europäischer Großstädte wie Kopenhagen, London, Paris oder Madrid. 40 Millionen sind pro Kopf 11,40 Euro – Oslo gibt nach ADFC-Angaben 70 Euro aus, Kopenhagen 21 Euro pro Kopf. Im vergangenen Jahr waren es in Berlin magere 3,80 Euro. Die Quittung hat der Senat zuletzt beim bundesweiten „Fahrradklima-Test“ erhalten. Bei dieser Umfrage landete Berlin auf einem traurigen 30. von 39 Plätzen.

ADFC-Vorstand Frank Masurat kritisierte das Berliner Tempo heftig: Der Senat setze seine Radverkehrsstrategie „unerträglich langsam um“. Radfahrer litten zudem an der „organisierten Nichtverantwortlichkeit“ – sprich den Abstimmungsschwierigkeiten zwischen Senat und Bezirken. Der ADFC unterstützt die Idee von Verkehrssenator Geisel (SPD), eine übergeordnete Planungsgesellschaft zu gründen. Diese müsste zehn Stellen bekommen, zudem müsse jeder Bezirk zwei Planerstellen für Fahrradinfrastruktur bekommen. Dies hatte der ADFC schon im vergangenen Jahr gefordert – „passiert ist seitdem nicht viel“, wie Masurat sagte.

100 neue Fahrradpolizisten

Die Polizei soll 100 Stellen für Fahrradpolizisten bekommen, die Ordnungsämter 120 Stellen. Diese sollen die bereits vorhandenen Radspuren auf den Fahrbahnen endlich für Radfahrer befahrbar machen. Von diesen Spuren hat der Senat in den vergangenen Jahren etwa 100 Kilometer farblich markiert – allerdings sind sie fast überall ständig zugeparkt. Ordnungsämter und Polizei schauen weg, so die Kritik. Falschparker müssten durch eine deutlich höhere Kontrolldichte und den Einsatz von Abschleppwagen abgeschreckt werden, so der ADFC.

Fazit des Fahrradclubs: Es mangelt in Berlin nicht nur am Geld, sondern auch „am politischen Willen“. Besserung ist aus Sicht des ADFC nur mit den Grünen und der Linkspartei zu erwarten. Dies ergab jedenfalls eine Auswertung der Antworten der im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien auf „Wahlprüfsteine“ des ADFC. Die Linkspartei erhielt die Schulnote 1,3 und die Grünen die Note 1,4. Die große Koalition fiel dagegen durch. Die Note 3,1 für die SPD kommentierte Masurat so: „Die SPD hat keinen Mut zur Verkehrswende.“

Antworten des CDU-Sprechers "zeugen von wenig Sachverstand"

Dabei stellt die SPD seit Längerem sowohl den Regierenden Bürgermeister als auch den Verkehrssenator. Michael Müller halte sich aus dem Thema Fahrrad völlig raus, kritisieren Radfahrer, Verkehrssenator Andreas Geisel fiel im Frühjahr durch die Bemerkung auf, dass er sich mit dem Rad nicht auf viele Straßen traue. „Die SPD hat den Radverkehr schleifen lassen“, lautet das Fazit des ADFC.

Die CDU schrammte mit 4,3 sogar knapp an der schlechtesten Note „mangelhaft“ vorbei. Dies sei insofern bemerkenswert, als dass die CDU in den vergangenen Monaten mit positiven Ideen wie dem Radschnellweg an den S-Bahn-Gleisen von Zehlendorf in die City aufgefallen ist. Die Antworten des verkehrspolitischen Sprechers der CDU „zeugen von wenig Sachverstand“ sagte Masurat. So hält die CDU sieben Millionen Euro für den Radverkehr für ausreichend, einen Radschnellweg bekommt man damit jedenfalls nicht. Die Piraten bekamen ebenfalls nur die Note 3,1 – Radverkehr sei für die Partei „kaum ein Thema“.

Dass die SPD in den vergangenen Wochen und Monaten zumindest mit Worten aktiv geworden ist, liege ausschließlich am Druck, den der Fahrradvolksentscheid erzeugt habe, hieß es. Die Aktivisten um Heinrich Strößenreuther haben bekanntlich in kurzer Zeit 100.000 Unterschriften gesammelt. Die Initiative macht weiter Druck. Nun hat sie den Regierenden Bürgermeister zu einer gemeinsamen Radtour eingeladen – und zwar über Tempelhofer Damm oder Sonnenallee. Müller, so der Vorwurf, habe als Verkehrssenator die Rad-Infrastruktur „sträflich vernachlässigt“.

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