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Die Generalstaatsanwaltschaft sitzt am Kleistpark und nicht in Moabit.

© IMAGO

AfD-Politiker wird Oberstaatsanwalt: Roman Reusch nimmt nichts zurück

Die Beförderung von Roman Reusch verursacht Kritik, weil er in der AfD ist – der Staatsanwalt versteht die Aufregung nicht und spricht über kriminelle Ausländer, die man sich "wegdenken kann".

Von Fatina Keilani

Die Beförderung von Roman Reusch zum Leitenden Oberstaatsanwalt und Leiter der Abteilung „Einlieferung und Auslieferung ausländischer Straftäter, Internationale Rechtshilfe“ ist am Mittwoch von mehreren Seiten kritisiert worden. Reusch sitzt im Vorstand des AfD-Landesverbands Brandenburg. Früher hat er die Intensivtäter-Abteilung der Staatsanwaltschaft geleitet, war aber im Januar 2008 von der damaligen Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) zur Generalstaatsanwaltschaft versetzt worden.

„Wir finden diese Personalentscheidung nicht gut“, sagte der Vorsitzende der Vereinigung Berliner Strafverteidiger, Martin Rubbert. „Zu befürchten ist, dass seine politische Haltung in seine Entscheidungsfindung einfließen könnte. Soweit wir wissen, ist Herr Reusch von seinen Äußerungen nicht abgerückt.“

„Tue ich auch nicht“, sagte Reusch dem Tagesspiegel am Mittwoch. „Warum soll ich davon abrücken, dass die kriminellen Araber hier nichts verloren haben?“ Er habe generell etwas gegen Kriminelle, „und wenn die dann auch noch Ausländer sind und man sie sich wegdenken kann, ohne dass einem was fehlen würde, dann kann man nur dafür sein, sie soweit wie möglich außer Landes zu schaffen.“

Ähnlich hatte sich Reusch vor Jahren geäußert, so gesehen ist er sich treu geblieben. Befördert wurde er bereits zu Jahresbeginn; zum Thema geworden ist das Ganze aber erst jetzt, da bekannt wurde, dass Reusch bei der AfD aktiv ist. Reusch versteht die Aufregung nicht. „Warum ist es ein Skandal, wenn ein AfD-Mitglied im Staatsdienst befördert wird?“, fragt er. Er sei mit seinen Einschätzungen beileibe nicht alleine, was man an den Wahlerfolgen der AfD ja auch erkennen könne.

Den Rücken stärkt ihm ausgerechnet ein Grüner. „Wir wollen ja, dass sich Beamte parteipolitisch betätigen können“, sagt der Rechtspolitiker Dirk Behrendt. „Dann kann man ja nicht sagen, nach links ist alles o. k., aber nach rechts ist alles schrecklich.“ Und es gelte ja das Mäßigungsgebot, wonach Beamte sich bei politischer Betätigung amtsangemessen zurückhalten müssen. Die Justizverwaltung hat keine Anhaltspunkte dafür, dass Reusch dagegen verstößt. Und: „Die AfD ist eine Partei, die an Landtagswahlen teilnimmt und nicht verboten ist“, teilte Sprecherin Claudia Engfeld mit.

Die Stelle hatte vorher Detlev Mehlis inne

Der SPD-Rechtspolitiker Sven Kohlmeier kritisierte die Personalie ebenfalls. „Es gibt bei uns eine deutliche Irritation über diese Personalentscheidung“, sagte Kohlmeier. Er hofft, dass Reusch sich nur in der Freizeit politisch betätige, im Job aber neutral verhalte.

Auch der Türkische Bund äußerte sich kritisch. „Es ist ein Skandal, dass ein Staatsanwalt, der wegen seiner äußerst diskriminierenden Aussagen zuvor von der Intensivtäter-Abteilung der Staatsanwaltschaft versetzt worden war, nun Leitender Oberstaatsanwalt wird“, sagte Vorstandssprecherin Ayse Demir. Auf seiner neuen Stelle kann Reusch jedenfalls nicht dafür sorgen, dass kriminelle Ausländer schnell aus Deutschland verschwinden. In dem Job geht es um die Auslieferung oder Einlieferung von Straftätern; der Job besteht im Wesentlichen im Stellen von Anträgen.

Sein Vorgänger auf der Stelle war übrigens Detlev Mehlis. Er wurde bekannt durch seine Ermittlungen zur Aufklärung des Attentats auf die Diskothek La Belle und arbeitete dann als UN-Sonderermittler nach dem Attentat auf den Fahrzeugkonvoi des früheren libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri.

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