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Berlin: Agentur soll Klima retten

Grüne schlagen landeseigene Zentrale für Beratung und Finanzierung von Gebäudesanierungen vor

35 Milliarden Euro. Ungefähr so viel kostet es nach Studien, den Berliner Gebäudebestand energetisch auf den aktuellen Standard zu bringen. Sanierung ist teuer, aber der Preis fürs Nichtstun wäre angesichts des Klimawandels erst recht zu hoch. Die Grünen haben einen denkbaren Ausweg aus diesem Dilemma vorgeschlagen: eine landeseigene „Agentur zur Klimaschutz-Förderung“. Sie soll Fördermittel nach Berlin lenken, Kapital mobilisieren und Eigentümer neutral beraten.

In ihrem Konzept haben die Grünen sowohl den politischen Rahmen als auch Berliner Besonderheiten berücksichtigt. Zu denen gehört, dass die Hauptstadt die vorhandenen Fördertöpfe bisher weniger als andere Bundesländer nutzt. Die Förderung ist zwar von der schwarz-gelben Koalition gerade stark gekürzt worden, aber aus Sicht der Grünen „ist diese Politik nicht lange durchzuhalten“. Zum einen verfehle Deutschland sonst seine Klimaschutzziele, zum anderen erhalte der Bund von 2013 an Milliarden aus dem Handel mit Verschmutzungsrechten, die laut einer EU-Vorgabe auch dem Klimaschutz zugute kommen müssten.

Ein Teil des Geldes soll nach Vorstellung der Grünen in Form von Förderkrediten an zertifizierte Dienstleister gezahlt werden, die die Energiesanierung im Auftrag des Wohneigentümers übernehmen. Nach Auskunft von Grünen-Haushälter Oliver Schruoffeneger profitieren die Eigentümer dabei von bis zu 1,3 Prozent günstigeren Zinsen, weil das Land über die Agentur für den Kredit bürgt. Die Bürgschaft bedeute fürs Land praktisch kein Risiko, weil Sanierungskosten und die Energieeinsparung vorab kalkulierbar seien. Dieses Prinzip des „Contractings“, bei dem ein privater Dienstleister die Sanierung für den Immobilienbesitzer vorfinanziert und hinterher an der Energiekostenersparnis mitverdient, existiert längst. Genutzt wird es bisher aber vor allem von Wohnungsgesellschaften oder der öffentlichen Hand, aber kaum von kleinen Hausbesitzern. Die sollen durch die Förderagentur nun ebenfalls die Chance bekommen, ihr Haus mithilfe eines seriösen Partners zu sanieren.

Da es auch die komplizierte Materie ist, die Hauseigentümer schreckt, soll die Förderagentur sowohl den Papierkrieg übernehmen als auch den Sachverstand bündeln. Zwar gibt es in Gestalt der Berliner Energie-Agentur (BEA) bereits eine einschlägige Institution, aber die halten die Grünen für ungeeignet, weil die Energieversorger Gasag und Vattenfall an ihr beteiligt sind und die BEA auch selbst Heizungsanlagen betreibt.

Dass Berlin eine zentrale Anlaufstelle braucht, sieht allerdings auch die BEA: Im „Energiekonzept 2020“ rät sie dem Senat zur „Etablierung einer koordinierenden und vernetzenden Stelle“. Das im Auftrag der Wirtschaftsverwaltung verfasste und bisher nicht veröffentlichte Konzept liegt als Entwurf seit Wochen auf den Schreibtischen der Senatoren. Dieses Schicksal teilt er mit dem Entwurf des Klimaschutzgesetzes von Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke), das nun ebenfalls erst nach der Sommerpause beschlossen werden soll.

Die Grünen sehen in der Förderagentur die nötige Ergänzung zum Klimaschutzgesetz, das zwar eine Abwrackprämie für alte Heizkessel vorsieht, aber sich sonst auf Vorschriften für Hausbesitzer konzentriert, ohne zu klären, woher das nötige Geld kommen soll. Stefan Jacobs

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