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Berlin: Angst um ihr Leben: Frauenrechtlerin Seyran Ates gibt auf

Nach ständiger Bedrohung Anwaltskanzlei aufgelöst Politiker wollen bekannter Islam-Kritikerin helfen

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Sie ist eine unerbittliche Kämpferin für die Rechte muslimischer Frauen, sie verurteilt öffentlich Zwangsverheiratungen und so genannte Ehrenmorde: Für ihr Engagement wurde Seyran Ates mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Nun hat sie aufgegeben. Die bundesweit bekannte Berliner Rechtsanwältin hat ihre Anwaltszulassung zurückgegeben und ihre Anwaltskanzlei aufgelöst. Sie hatte Angst um ihr Leben. „Aufgrund der Bedrohung durch die Verfahrensgegner meiner Mandanten und vor allem aufgrund einer akuten Bedrohungssituation ist mir wieder mal allzu deutlich vor Augen geführt worden, wie gefährlich die Arbeit als Rechtsanwältin war und wie wenig ich als Einzelperson geschützt war und bin“, steht auf ihrer Homepage.

Vor einigen Wochen habe ein Ex-Mann einer Mandantin ihr und seiner früheren Frau noch im Gerichtsgebäude aufgelauert und die Mandantin vor ihren Augen zusammengeschlagen, sagte Ates. Sie selbst habe er beschimpft und ebenfalls versucht, anzugreifen. Männer, die in der Nähe standen, hätten sich nicht getraut, einzuschreiten. „Hätte der Angreifer ein Messer dabei gehabt, dann wär’s das gewesen“, sagte Ates.

Dass sie von Ehemännern und Verwandten ihrer Mandantinnen beschimpft und angefeindet wird, habe sie schon oft erlebt, der Vorfall im Gericht sei nur der letzte Anlass für ihren Rückzug gewesen. Sie wolle sich aber weiter auf politischer Ebene engagieren.

Polizeischutz hatte sie nicht. „Mir als kleiner Anwältin steht kein Polizeischutz zu“, sagte Ates. Sie wurde einmal Opfer eines Attentates. 1984 überlebte sie schwer verletzt, nachdem ein muslimischer Mann auf sie geschossen hatte.

Auch die Autorin und Soziologin Necla Kelek, die Bücher über Ehrenmorde und Importbräute schrieb, lebt mit der Bedrohung. „Ich gehe zu keiner Veranstaltung ohne Polizeischutz“, sagt sie.

Politikerinnen zeigten sich von Seyran Ates Schritt sehr betroffen. Justizsenatorin Karin Schubert (SPD) sagte: „Jeder, der droht, muss deutlich merken, dass sein Ansinnen nicht fruchtet.“ Die Abgeordneten Ülker Radziwill (SPD), Mieke Senftleben (FDP) und Evrim Baba (Linkspartei) wollen Ates unterstützen. Baba sagte: „Es ist leider Realität, dass kritische Frauen gegen Fundamentalismus und Islamismus des Öfteren mit ihrem Leben bezahlen müssen.“ Grünen-Fraktionschefin Sibyll Klotz schlug eine Unterstützungskampagne vor. Auch Ulrich Schellenberg, Vorsitzender des Berliner Anwaltsvereins, findet Ates’ Konsequenz „dramatisch“. Deshalb müssten Berufskollegen mit Ates „unbedingt Solidarität“ zeigen.

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