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Berlin: Auf der Schokoladenseite

Leckermäuler mit Anspruch zieht es heute nach Kreuzberg – zum Naschmarkt Dort bieten 34 heimische Zuckerbäcker und Chocolatiers feine Törtchen und faire Weihnachtsmänner an.

Die Schokoladenseite der Stadt hat bislang viel zu wenig Beachtung gefunden. Das ändert sich gerade. Zum zweiten Mal veranstaltet Slow Food Berlin am heutigen Sonntag in der Markthalle Neun in Kreuzberg für ambitionierte Naschkatzen einen Berliner Naschmarkt. Schon beim ersten Mal Ende Oktober war das Publikumsinteresse überwältigend. Nach wenigen Stunden waren die Marktstände restlos ausverkauft, obwohl die Produzenten sämtliche Nachschubreserven aktiviert hatten. Die Lust der 2500 Besucher auf hochwertige Süßigkeiten von heimischen Produzenten war riesig.

Handwerklich hergestellte Süßigkeiten findet man oft auf Wochenmärkten. Um sich einen Überblick über das Angebot zu verschaffen, sind die Organisatoren Pamela Dorsch und Udo Tremmel weit gelaufen, aber nicht nur über die Märkte. Sie haben sich auch kleine Ladengeschäfte angeschaut und Cafés.

Ihre Qualitätsanforderungen sind hoch. Was zu süß ist, zu billig, industriell gefertigt ist oder nicht fair gehandelt wird, ist auf dem Naschmarkt kaum zu finden. „Wir haben uns angeschaut, wo die Zutaten herkommen, und wie die Sachen gemacht werden“, erzählt Udo Tremmel. Diesmal haben sie 34 Produzenten mit besonderen Produkten eingeladen. Edith’s Schoko-Chilikuchen im Glas, bislang nur auf drei Berliner Wochenmärkten zu haben, ist dabei. Apfel-Rosenblüten-Marmelade aus Emmas Küche, die ohne Gelierzucker, Farbstoffe und andere Zusätze hergestellt wird, ebenfalls. Christoph Wohlfahrt, der frühere Chocolatier der pleitegegangenen Manufaktur In’t Veld, hat in der Schokoszene schon länger einen Namen. Er verwendet nur Rohstoffe aus biologischer Landwirtschaft, zum Beispiel in der Berliner Salami, die aus Nougat, 70-prozentiger Schokolade, frisch gerösteten Mandeln und in Rum eingelegten Rosinen besteht.

„Tartes de Tom“ werden aus Dinkelmehl hergestellt und sind mit saisonalen Früchten belegt, also Äpfeln, Birnen oder Quitten, außerdem gibt es Brandy-Gold-Rosinen mit Vanille im Weckglas. Laura Leisig von der „Makrönchen Manufaktur“ fertigt ihre Macarons nach französischem Vorbild, aber ohne künstliche Farbstoffe, mit weniger Zucker und einem höheren Mandelanteil. „Petits“ und „Jolis“ heißen die Kekse von „Olivia“. Da schleppt der Osterhase auch schon mal den Weihnachtsbaum, bevor beide aufgeknabbert werden. Die Zuckerbäckerei „Got dessert?“ ist mit Marshmallows dabei, Däri bietet Milchreis mit verschiedenen Toppings und „Kaffeefahrt“ unter anderem veganen Kuchen. Es wird sicher wieder ein Markt wie aus einem Kindertraum.

Die Kreuzberger Weinhandlung Suff kümmert sich darum, dass Kekse und Schokolade auch gut rutschen und präsentiert Weine, die zu Süßem besonders gut passen, Vin Santo zum Beispiel, Gewürztraminer oder Port.

Es gibt viel zu kosten und auch zu sprechen, denn die Hersteller sind meist mit ganzem Herzen bei der Sache. Rund 30 Kilogramm Süßes essen die Deutschen im Jahr, nach Udo Tremmels Einschätzung sind das größtenteils schlechte Produkte aus Industriefertigung. Er bedauert es, dass dem Thema „Süßes“ oft nicht so viel Beachtung geschenkt wird: „Von Gourmets wird es nicht richtig ernst genommen.“

Auch das soll sich durch den Naschmarkt ändern, der auf eine mittelalterliche Tradition zurückgeht. Damals entstanden in Mittel- und Südosteuropa Märkte für Nahrungsmittel, die damals als überflüssiger Luxus galten. Vor allem handelte es sich um bestimmte Obst- und Gemüsesorten. Später kamen süße Kolonialwaren hinzu, zum Beispiel Zucker und Schokolade. Bis heute berühmt ist der Wiener Naschmarkt, wo es aber alle möglichen Lebensmittel gibt, auch Fisch und Fleisch. In Berlin solle der Naschmarkt künftig viermal im Jahr stattfinden, kündigt Udo Tremmel an. Nach dem vierten Adventssonntag wird es den nächsten wohl kurz vor Ostern geben: „Es soll ja etwas Besonderes bleiben.“

Markthalle Neun, Eisenbahnstr. 42/43, Kreuzberg, Sonntag 12–18 Uhr

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