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Abgestempelt: Fehlt es der Ausländerbehörde an Willkommenskultur?

© Imago

Ausländer in Berlin: Raed Saleh: „Lust auf Zuwanderer“

SPD-Fraktionschef Raed Saleh fordert eine neue Willkommenskultur in der Ausländerbehörde.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Herr Saleh, Sie haben die Arbeit der Berliner Ausländerbehörde auf der SPD-Fraktionsklausur in Leipzig stark kritisiert. Warum?

Die Ausländerbehörde, wie man sie aus den letzten Jahren kennt, ist extrem reformbedürftig. Auch wenn sich manches dort verändert hat, ist der Weg zu einer Willkommensbehörde noch weit.

Konkrete Beispiele, bitte?

Die Ausländerbehörde ist für viele Ausländer der erste Kontakt zu Deutschland, etwa wenn es um die Bewilligung einer Arbeitserlaubnis oder eines Aufenthaltstitels geht. Die Menschen, die das Amt betreten, wollen Deutschland zu ihrem Lebensmittelpunkt machen, einige gründen sogar ein eigenes Unternehmen in Berlin oder wurden angeworben, weil sie hoch qualifiziert sind. Der erste Eindruck, den man gewinnt, ist meistens prägend. Und ich möchte, dass der erste Eindruck von Besuchern der Ausländerbehörde ist, dass Berlin Lust auf Zuwanderer hat. Dass wir uns auf sie freuen.

Sie sprechen aus Erfahrung?

Ja. Ich erinnere mich noch an das ewige Warten vor dem Amt, als ich noch Kind war. An dieses Gefühl, nur abgefertigt zu werden. Berlin ist aber stark durch seine Vielfalt, und diese Vielfalt wird auch über das Ausländeramt organisiert. Das Image dieser Behörde, die viele als restriktiv und bürokratisch erleben, muss unbedingt verbessert werden.

Was muss verändert werden?

Bei der Aufstellung des nächsten Haushalts für 2016/17 müssen wir uns in der Koalition darüber unterhalten, dass mehr Geld für Personal zur Verfügung gestellt wird. Um die Wartezeiten zu verkürzen und jene Mitarbeiter zu entlasten, die in der Ausländerbehörde teilweise bis zur Erschöpfung tätig sind. Viele Beschäftigte dort geben ihr Bestes, aber stoßen immer wieder an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Wir dürfen sie mit dieser Situation nicht alleine lassen.

Geht es nur ums Personal?

Nein, auch um mehr Familienfreundlichkeit und eine bessere Aufenthaltsqualität. Warum richtet die Ausländerbehörde keine Kinderecke ein oder sorgt für eine Betreuung der Kinder?

Sie fordern, dass die Behörde von der Innenverwaltung in die Senatsverwaltung für Arbeit und Integration verlagert wird. Macht Innensenator Frank Henkel es nicht richtig?

Integration und Bildung, Arbeit und Teilhabe gehören doch zusammen, deshalb sollte man den Mut haben, jahrzehntelang fest gefügte Strukturen zu verändern. Wir brauchen für die Ausländerbehörde eine solche Erneuerung, einschließlich einer Umbenennung in Landesamt für Einwanderung. Und das wäre in der für Integrationspolitik vorrangig zuständigen Senatsverwaltung gut aufgehoben.

Machen es andere Länder besser?

In manchen europäischen Ländern gibt es andere Ansätze. Zum Beispiel in Rotterdam, wo versucht wird, die ankommenden Menschen für die neue Heimat zu begeistern, ihnen Mut zu machen. Das sollte sich Deutschland und seine Hauptstadt Berlin zum Vorbild machen. Wir brauchen in einer internationalen Metropole wie Berlin eine neue Kultur im Umgang mit Zuwanderern.

Innensenator Henkel wird sich die Ausländerbehörde sicher nicht wegnehmen lassen, oder?

Ich finde es lohnend, darüber zu reden, wie sich auch behördliche Strukturen für eine gute Integrationspolitik verändern lassen. Ich denke, wir werden unseren Koalitionspartner CDU für diesen Vorschlag begeistern können.

Raed Saleh
Raed Saleh

© Endig/dpa

Raed Saleh, 37, kam als Kind aus dem Westjordanland nach Berlin. Er war von 2005 bis 2011 integrationspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, seit 2011 ist er ihr Vorsitzender.

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