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Gute Verkehrsanbindung. In den Wohnungen, die an der Schlangenbader Straße über der Autobahn errichtet wurden, ist vom Lärm aber nichts zu hören.

© Christian Schroth

Autobahntunnel in Berlin-Steglitz: Bürger müssen sich auf Sperrung einstellen

Der Steglitzer Autobahntunnel muss saniert werden. Das wird teuer – und zu massiven Staus führen. Doch eine Alternative zur Instandsetzung gibt es nicht.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Den Bewohnern der Schildhornstraße in Steglitz wäre es sicher recht, wenn der Autobahntunnel an der Schlangenbader Straße für immer dichtgemacht würde. Der Lärm und die Abgase der Autos, die gleich hinter der Autobahn den Tunnel verlassen und sich durch die enge Stadtstraße quälen, wären mit einem Mal verschwunden. Das könnte sogar passieren, wenn die 531 Meter lange Überbauung der A 104 nicht endlich saniert wird. Dann müsste der Tunnel „mittelfristig gesperrt werden“, droht die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung.

Denn das ungewöhnliche, vielleicht sogar einzigartige Bauwerk zerbröselt. 1980 wurde die „Schlange“ fertiggestellt, eine Antwort auf die Wohnungsnot der siebziger Jahre in West-Berlin. Ein gewaltiger Komplex mit 1064 Wohnungen auf bis zu 14 Etagen, Eigentümerin ist die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Degewo. Deren Werbeslogan: „Die Wohlfühloase über der Autobahn.“ Das Wohnquartier wurde nämlich über zwei Tunnelröhren gebaut, die auf Gummilagern und -stützen liegen, um die Lasten großflächig und vibrationsfrei auf große Plattenfundamente abzuleiten. So kriegen die Anwohner vom Verkehr wenig mit, es ist ein recht beliebtes Wohnquartier, das mittlerweile hübsch saniert wurde.

Kosten könnten steigen

Das allerdings trifft auf den Tunnel nicht zu. Schon vor zehn Jahren stand die „Autobahnüberbauung Schlangenbader Straße“ auf der Liste der dringend sanierungsbedürftigen Straßentunnel in Berlin. Jetzt soll es losgehen. Am Mittwoch sollte der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses die benötigten Investitionsgelder freigeben, immerhin 23,5 Millionen Euro. Damit erhöhten sich die geschätzten Gesamtkosten von ursprünglich 3,5 Millionen Euro auf zunächst 7,5 Millionen Euro, um sich anschließend noch zu verdreifachen. Und voraussichtlich wird die sehr komplizierte Tunnelsanierung noch teurer. Die Kosten könnten bis zur Fertigstellung im Dezember 2019 auf 26,7 Millionen Euro steigen, warnt die Baubehörde vor.

Geplant ist eine Runderneuerung. Stromversorgung, Beleuchtung und Belüftung werden komplett ersetzt. Brandmelder, Lautsprecher, Videoüberwachung und die Verkehrbeeinflussung werden auf den aktuellen technischen Stand gebracht. Neue Fluchttüren müssen her. Und weil es neue Richtlinien für Tunnel gibt, müssen die seitlichen Sicherheitsabstände zwischen Tunnelschranken (Sperrung im Notfall) und fließendem Verkehr vergrößert werden. Deshalb seien „Fahrspuren seitlich zu verschieben“, um den Mittelstreifen zu verbreitern, schreibt die Senatsverwaltung an den Hauptausschuss. Schutz- und Leitplanken werden erneuert, auch die Regenentwässerung.

Gesundheitsschädliche Baustoffe

Besonders kostenintensiv aber ist die Beseitigung gesundheitsschädlicher Baustoffe. Und natürlich müssen der Fahrbahnbelag, der Deckenputz und tragende Teile saniert werden. Vieles sei „stark veraltet und in einem desolaten Zustand“, teilt die Baubehörde mit. Wann die Arbeiten beginnen, ist noch offen. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung kündigt aber schon „umfangreiche Verkehrseinschränkungen“ an. „Hohe Verkehrsmengen“ müssten umgeleitet werden. Eine Alternative zur Instandsetzung gebe es nicht. Rund 30 000 Fahrzeuge täglich werden hier gezählt. Nicht erwähnt wird, dass der „Abzweig Steglitz“ genannte Autobahn-Stummel ein Auswuchs der „verkehrsgerechten Stadt“ der siebziger Jahre war – und ist.

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