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Der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft will prüfen, welche Händler und Unternehmer wie zu entschädigen sind.

© dpa

BER-Chaos: Händler wollen Entschädigung von Flughafen-Gesellschaft

All die Planung war vergebens: Die Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens ist schon wieder verschoben worden. Bei Händlern und Gastronomen sorgt das für neuen Ärger. Ihre Anwälte bekommen nun viel zu tun.

Eröffnung im Herbst 2013? „Daran glaube ich noch nicht“, sagt Bruno Pellegrini, Inhaber des Charlottenburger Restaurants „Ana e Bruno“. Im neuen Flughafen hat er ein 300 Quadratmeter großes Bistro geplant und viel Geld ausgegeben. Pellegrini wollte 20 Mitarbeiter im Juni einstellen, neun Verträge waren schon unterschrieben, dann wurde die BER-Eröffnung verschoben – und damit bekam nicht nur der Gastronom Probleme. Einige der Mitarbeiter habe er bei anderen Restaurants unterbringen können, andere haben Pellegrini verklagt. Die Freude über das Bistro im BER ist bei dem Gastronom getrübt. „Jetzt fängt das Spiel wieder von vorne an“, sagt er. „Die ganzen Monate und Wochen Arbeit waren umsonst.“ Zumindest könne er jetzt, da der Termin für die BER-Eröffnung genannt ist, endlich mit der Flughafengesellschaft über eine Entschädigung verhandeln.

Genau darum wird es am Freitag gehen. Der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft will prüfen, welche Händler und Unternehmer wie zu entschädigen sind. Einige Ladenbesitzer können nach Tagesspiegel-Informationen Regress fordern. Mit dem neuen Oktober-Termin greift für sie die 18-Monats-Klausel, wonach Händler, Mieter und Vertragspartner entschädigt werden, wenn sich die Eröffnung um eineinhalb Jahre verzögert. Bei einem Teil der Mieter wird diese Frist nun überschritten. Gerechnet ab dem geplatzten Juni-Termin sind es mit der nun geplanten Inbetriebnahme Ende Oktober 2013 nur 16 Monate, vom ursprünglichen Termin im Oktober 2011 zwei Jahre.

Das BER-Debakel in Bildern:

Und die Unternehmer haben zu kämpfen. Dem Handelsverband und dem Wirtschaftsministerium in Brandenburg sind aber noch keine Firmenpleiten bekannt, die durch das BER–Chaos verursacht wurden. Sechs Firmen haben in Brandenburg Hilfe beantragt, andere werden von der Industrie- und Handelskammer beraten. Auch Arbeitnehmer trifft es: Der Handelsverband vermittelt Arbeiter, die auf dem BER nicht gebraucht werden, an andere Firmen. Folgen hat die Verschiebung auch für manche Auszubildende, die schon Verträge haben.

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Einbußen hat die Spandauer Firma Haru-Reisen, die seit 3. Juni die Schnellbuslinie vom Steglitzer Kreisel zum BER betreiben wollte. Sie hatte drei Busse für 700 000 Euro angeschafft und sieben Mitarbeiter eingestellt. „Bis Oktober 2013 werden wir 350 000 Euro zusätzlich bezahlt haben, ohne dass wir dafür Einnahmen hatten“, sagt Geschäftsführer Karsten Schulze. „Aber ich freue mich, dass es überhaupt einen Termin gibt.“ Nach anfänglich positiven Signalen der Flughafengesellschaft habe diese ihm jetzt mitgeteilt, dass eine Kompensation der Verluste nicht möglich sei. Sorge bereite ihm, wie die Firma über den Winter kommen soll. Schulze will sich mit anderen Firmen zusammentun. „Der Flughafen muss in Haftung gehen. Das ist normales unternehmerisches Verständnis, dass man für Schäden einsteht und sich nicht wegduckt.“

Die Anwälte haben also einiges zu klären. „Die Verhandlungen mit der Flughafengesellschaft laufen“, sagt Anwalt Andras Damm von der Wirtschaftskanzlei Zimgibl Langwieser, die sich um BER-Firmen kümmert. „Wir sind bisher nicht zu einem Abschluss gekommen, weil der neue Termin noch nicht feststand.“ Offenbar ist aber Bewegung in die Gespräche geraten. „Wir haben nicht den Eindruck, dass die Flughafengesellschaft blockiert“, sagt Damm. Dass die 18-Monatsklausel überhaupt greift, glaubt er nicht: „Diese Ausschlussklausel für Schadenersatz ist rechtlich nicht haltbar.“

Ähnlich sieht das der Berliner Anwalt Benedikt Bräutigam, der ebenso betroffene Firmen vertritt. Bis Mai hätte die BER-Gesellschaft den Eindruck erweckt, dass der Flughafen am 3. Juni öffnet. Die Flughafengesellschaft hätte die Firmen rechtzeitig über Verzögerungen informieren müssen. Fest steht für die Anwälte: Der Flughafen müsse Schadensersatz zahlen. Die Unternehmen hätten investiert, erwirtschaften aber keinen Umsatz, die Kosten drücken weiter. Nun müssen sie einen Neuanlauf starten, manche neue Verträge mit Lieferanten aushandeln und wieder Personal rekrutieren.

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