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BER-Chef Hartmut Mehdorn auf dem Krisentreffen mit Woidke und Wowereit Rückendeckung bekommen.

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Update

BER-Krisengespräch im Roten Rathaus: Wowereit: "Mehdorn hat unser Vertrauen"

Krisentreffen am Freitagmorgen im Roten Rathaus: Dort trafen sich die Regierungschefs Wowereit, Woidke und der Flughafenchef Mehdorn zu einem vertraulichen Spitzentreffen. Um 8.20 Uhr fuhr Wowereit vor, drei Stunden später gab er ein erstes Fazit.

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Krisentreffen zum Flughafen BER im Roten Rathaus: Am heutigen Freitag trafen sich der Regierende Bürgermeister und Aufsichtsratchef Klaus Wowereit, Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (beide SPD) und Flughafenchef Hartmut Mehdorn, um über die eskalierte Lage um den BER zu sprechen. Auch Rainer Bomba nahm teil; er ist Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium und sitzt im BER-Aufsichtsrat. Eigentlich sollte das Gespräch nur zwei Stunden dauern - die BER-Chefs brauchten ein bisschen mehr Zeit. Um 11.30 Uhr trat Wowereit vors Rote Rathaus und erklärte: "Mehdorn hat unser Vertrauen." Und: "Er ackert mit allen Kräften, damit dieses Projekt zum Erfolg geführt wird." Die "Dissonanzen" der letzten Tage seien "erörtert worden", mit welchem Ergebnis, sagte Wowereit nicht. Er rechne nicht damit, dass bei der nächsten BER-Aufsichtsratsitzung im April ein Eröffnungstermin verkündet werde. "Das liegt daran, das wir erst absolute Sicherheit über den Termin haben wollen." Auch im Jahr 2015 sei ein Start des BER weiterhin denkbar. Mehdorn und Woidke verließen das Treffen ohne Kommentar, auch Bomba schwieg.

"Wir werden heute Klartext reden"

Um 8.20 Uhr war die Limousine von Wowereit am Rathaus eingetroffen, um 8.45 Uhr dann Bomba. "Wir haben weiterhin volles Vertrauen zu Herrn Mehdorn", hatte Bomba am Morgen gesagt, bevor er durch den Seiteneingang das Rathaus betrat. "Geschäftspolitische Entscheidungen müssen aber über den Aufsichtsrat laufen", meinte Bomba in Anspielung auf die vergangenen Tage. "Wir werden heute Klartext sprechen." Zwei Stunden wollten die BER-Chefs im Amtszimmer des Regierenden reden. "Es geht um die Öffnung des Flughafens - wir wollen keine Nebenkriegsschauplätze!" Dann ging Bomba ins Rathaus. Um 8.50 Uhr traf Mehdorn ein, um 9 Uhr dann die Limousine des brandenburgischen Ministerpräsidenten Woidke. Kein Kommentar.

"Wir haben vollstes Vertrauen zu Mehdorn"

Thema des vertraulichen Spitzentreffens waren auch die Schuldzuweisungen Mehdorns an den Aufsichtsrat nach seiner Absage des Testbetriebs am Nordpier und an Brandenburgs Behörden für die abgeblasene Sanierung der Nordbahn im Jahr 2014 sein.

Vorher hat sich der Konflikt zwischen Brandenburg auf der einen, Mehdorn und Wowereit auf der anderen Seite weiter zugespitzt. Mehdorn nahm am Donnerstag auf einer Sondersitzung des BER–Ausschusses im Potsdamer Landtag erstmals Stellung zu seiner Anfang der Woche überraschend verkündeten Entscheidung, die Nordbahn des Airports nicht ab 1.Juli 2014 sanieren zu können, sondern erst im nächsten Jahr. Prompt kam es zum Schlagabtausch mit Woidke auf offener Bühne.

Mehdorn: „Wir sind Flughafenbetreiber, keine Schallschutz- und Lüftungsexperten.“

Denn Mehdorn, der keinerlei Fehler oder Versäumnisse auf Seiten des Flughafens sah, machte allein brandenburgische Behörden für die Verschiebung der vor BER-Eröffnung nötigen Sanierung der Nordbahn verantwortlich. Er erklärte, dass das Schallschutzprogramm nun noch einmal von vorn beginnen müsse, da es im Februar neue Auflagen zum Belüftungsstandard in den Wohnungen gegeben habe. Zudem sei der Flughafen von der Auflage einer Wartefrist von sechs Monaten „überrascht“ worden, die den Anwohnern nach Bewilligung des Schallschutzes zum Einbau der Fenster gewährt werden müsse. „Wir gingen davon aus, dass dies nur für den Vollbetrieb des Flughafens gilt. Und nicht, wenn die Südbahn mal fünf Monate so tut, als wäre sie die Nordbahn“, sagte Mehdorn. „Wir sind Flughafenbetreiber, keine Schallschutz- und Lüftungsexperten.“

Woidke konterte. „Die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Flughafen sind nicht gestern der Brandenburger Erde entsprungen, sondern seit Monaten und Jahren bekannt“, sagte er. „Sie müssen eins zu eins umgesetzt werden.“ Dies stehe nicht „in Beliebigkeit der Geschäftsführung“. Woidke warnte, dass sonst das Projekt durch einstweilige Verfügungen verzögert wird. Und er warf Mehdorn vor, mit dem Schallschutz einen „Nebenkriegsschauplatz“ aufzumachen. Das Hauptproblem sei nach wie vor die nicht funktionierende Brandschutzanlage im Terminal.

Lichter an, Lichter aus. Mit dieser Illumination demonstrierten Anwohner vorm Landtag für ein Flugverbot in der Nacht am BER – während drin die Anhörung lief.
Lichter an, Lichter aus. Mit dieser Illumination demonstrierten Anwohner vorm Landtag für ein Flugverbot in der Nacht am BER – während drin die Anhörung lief.

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Und eine Eröffnung ist nicht in Sicht. Mehdorn warnte, dass auch wegen der unkalkulierbaren Verzögerungen beim Schallschutz der BER später starten könne. Eine Inbetriebnahme könne 2015 nicht mehr stattfinden. „Die Gefahr, dass es weitere Verzögerungen gibt, ist gegeben.“ Er könne nicht sagen, wohin man noch rutsche. „Jeden Tag passieren Überraschungen.“ Dennoch gab sich Mehdorn von den persönlichen Niederlagen bei Testbetrieb und Nordbahn, die er monatelang vorangetrieben hatte, äußerlich unbeeindruckt. „Ich bin geholt worden, um den Flughafen fertig zu bauen. Meine Rolle ist es, Treiber zu sein.“

Für jeden Monat Verzögerung kalkuliert Mehdorn 17 Millionen Euro

Auf der nächsten Aufsichtsratsitzung im April – die letzte ist lange her, war im Dezember 2013 – soll Mehdorn das seit vergangenem Sommer überfällige Gesamtfinanzierungskonzept zur Fertigstellung des BER vorlegen, für den bereits 4,6 Milliarden Euro aufgebracht wurden. Das Geld ist bald ausgegeben. Nach einem dem Tagesspiegel vorliegenden Schreiben von Finanzgeschäftsführerin Heike Fölster wird bei den von Berlin, Brandenburg und dem Bund voriges Jahr aufgebrachten 1,2 Milliarden Euro Ende 2014 bis auf rund 100 Millionen Euro alles aufgebraucht sein. „Das Jahr 2014 ist gesichert“, sagte Mehdorn.

Jeden Monat Verzögerung kalkulierte er bislang mit 17 Millionen Euro, nach Angaben aus Aufsichtsratskreisen sollen es aber weniger sein: zwischen sieben und neun Millionen Euro. Über den neuen Kapitalbedarf, der nach Tagesspiegel-Recherchen derzeit mit knapp einer Milliarde Euro kalkuliert wird, hielt sich Mehdorn bedeckt. Es wird aber noch teurer, weil Mehdorn auch die Erweiterung des Flughafens vorziehen will. Er ist für 27 Millionen Passagiere pro Jahr ausgelegt und wird nach der Eröffnung bald zu klein sein. Schon jetzt fertigen die Berliner Flughäfen rund 25 Millionen Passagiere jährlich ab. Und Mehdorn sagte: „Wir erwarten 2016 rund 30 Millionen Passagiere.“

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