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Karen Friedel, Leiterin des Hotels Abacus, mit dem neuen Mitarbeiter Ahmad Alhorani und Martin Pätzold (CDU).

© Robert Klages

Berlin-Lichtenberg: Pilotprojekt "Tandem": Arbeitsloser und Flüchtling arbeiten zusammen

Seit Jens S. mit Ahmad Alhorani aus Syrien im Tierpark-Hotel zusammenarbeitet, hat er seine Meinung über Ausländer geändert. Bezahlt werden die beiden als "Tandem" fast vollständig vom Jobcenter.

Jens S. aus Hohenschönhausen war lange Zeit arbeitslos. Sehr lange, sagt er. Wie lange genau, will er nicht sagen. Seit Februar arbeitet er zusammen mit Ahmad Alhorani, 49, aus Damaskus im Abacus-Tierpark-Hotel in Lichtenberg-Friedrichsfelde. Die beiden sind Teil eines "Tandem-Programms", das derzeit als bundesweites Pilotprojekt in dem Berliner Bezirk getestet wird. Unternehmen richten spezielle Doppel-Arbeitsplätze für jeweils einen Langzeitarbeitslosen und einen Geflüchteten ein. Beide erhalten den gleichen vollen Lohn nach Tarif. Dabei werden dem Arbeitgeber vom Staat ein Jahr lang drei Viertel der Lohnkosten der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung als Fördergelder über das Jobcenter erstattet. 

Initiiert hat das Pilotprojekt der Lichtenberger Bundestagsabgeordnete Martin Pätzold (CDU). Er will die neun Tandems, die es in Lichtenberg derzeit gibt, ab und an besuchen. Ahmad ist gelernter Tischler, er ist seit zwei Jahren mit seiner Familie in Deutschland, nur eine erwachsene Tochter ist noch in Syrien. Nun macht Ahmad neue Polster für die Stühle im Restaurant des Tierpark-Hotels. Jens hat früher mal bei der Deutschen Bahn gearbeitet und übernimmt nun Hausmeisterarbeiten oder Gartenarbeiten, was so anfällt, sagt der 52-Jährige.

"Ich hätte nicht gedacht, dass ich mal mit einem Flüchtling zusammenarbeite"

Die beiden kommunizieren auf Deutsch, das ist noch etwas schwierig, deswegen verwenden sie eine Übersetzungs-App. "Ich hätte nicht gedacht, dass ich mal mit einem Flüchtling zusammenarbeite", sagt Jens, der seinen Nachnamen nicht veröffentlicht sehen und auch kein Foto von sich machen lassen möchte. Alhorani dagegen freut sich darüber, gezeigt und genannt zu werden. Er will den Text seinen Freunden zeigen, auch denen in Syrien. Zur Zusammenarbeit sagt er weiter: "Man muss sich da natürlich erst dran gewöhnen." Aber seit er mit Ahmad arbeite, habe sich seine Meinung über Ausländer geändert. Früher sei die nicht so gut gewesen, das sage er ganz offen. Aber wenn jetzt einer seiner Freunde oder Bekannten "etwas gegen Ausländer" sage, dann gehe er nun schon mal dazwischen und widerspreche.

Auch, wenn er zwar privat nichts mit Ahmad unternehme, man lerne sich kennen, rede über Fußball und die Familie. "Eine ganz andere Welt ist das bei dem", sagt Jens und klopft Ahmad auf die Schulter. Ahmad lacht und erzählt, er möge zwar lieber Tennis, aber immer mehr interessiere er sich auch für Fußball. Die Arbeit sei gut, er könne seine Fähigkeiten als Tischler einsetzen. Unter den über 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Tierpark-Hotel gab es wohl bisher keine Beschwerden, man lernt sich auch erst noch kennen. Direktorin Karen Friedel ist mit den beiden jedenfalls sehr zufrieden. Ob sie nach dem Probejahr übernommen werden, kann sie jetzt aber noch nicht sagen. "Sie arbeiten ganz normal, wie die anderen auch."

"Erfolgreiche Integration in Arbeit gelingt über verschiedene Wege"

Das Tandem-Projekt wird wissenschaftlich begleitet, Studierende schreiben Abschlussarbeiten darüber. Initiator Pätzold zeigt sich ebenfalls zufrieden. "Der Jobcenter hat gute Arbeit geleistet bei der Auswahl", lobt er. "Ich habe einen guten Eindruck bei den beiden." Dann machen sich Ahmad und Jens wieder an die Arbeit. Der Geschäftsführer des Jobcenters Lichtenberg, Lutz Neumann, erklärt zum Projekt: "Erfolgreiche Integration in Arbeit gelingt über verschiedene Wege. Mir ist dabei wichtig, auch Neues zu wagen."

Unternehmen können sich bei Interesse unter anderem via E-Mail an martin.paetzold@bundestag.de oder unter Tel. (030) 22 77 39 17 melden. Geflüchtete können an dem Programm teilnehmen, wenn sie eine Bleibeperspektive in Deutschland und einen Deutschkurs absolviert haben. Für Langzeitarbeitslose gibt es keine Zulassungsbeschränkungen.

Dies ist ein Text aus dem Tagesspiegel-Leute-Newsletter für Lichtenberg, der jeden Montag erscheint. Zum kostenfreien Abo von allen Newslettern: leute.tagesspiegel.de

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