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Die Leiche wurde 2016 in der Parkanlage an der Ruschestraße gefunden.

© dpa

Update

Berlin-Lichtenberg: Polizei sucht Mutter des toten Babys mit Massenspeicheltest

Mehr als 1600 Frauen sind vorgeladen. Mit der Initiative will die Polizei die Mutter des Babys finden, das vor einem Jahr in Lichtenberg tot aufgefunden wurde.

Das tote Baby lag in einem Müllsack im Gebüsch, ein Passant machte die grausige Entdeckung vor einem Jahr, am 8. März 2016 in Lichtenberg. Seither fahndet die Polizei vergeblich nach Tatverdächtigen. Doch nun versuchen die Berliner Ermittler mit einer außergewöhnlichen Maßnahme der Mutter des Neugeborenen auf die Spur zu kommen: Sie haben mehr als 1600 Frauen und Mädchen zu einem sogenannten "Massenspeicheltest" in der Woche vom 3. bis 6. April schriftlich vorgeladen.

Sämtliche angeschriebenen Frauen und Mädchen sind im gebärfähigen Alter und wohnen oder wohnten im Bezirk Lichtenberg. Außerdem stammen sie allesamt aus Südosteuropa. Denn "umfangreiche und zeitaufwändige molekulargenetische Untersuchungen", so die Polizei, erbrachten in den vergangenen Monaten zumindest die Erkenntnis, dass die unbekannte Mutter aus dieser Region stammt. Die Kriminalpolizei geht davon aus, "dass sie erst einige Jahre vor der Geburt ihres Kindes in den Raum Berlin kam". Vermutlich habe sie in einem Haushalt gewohnt, "in dem eine dunkel getigerte Hauskatze lebte", heißt es weiter. Diese Details hätten weitere kriminaltechnische Untersuchungen ergeben.

Das kleine Mädchen war in Handtücher eingewickelt

Der Massenspeicheltest wird in unmittelbarer Nähe des Fundortes des toten weiblichen Säuglings in der DRK-Notunterkunft an der Ruschestraße 104 durchgeführt. Nur ein paar Schritte davon entfernt hatte ein 31 Jahre alter Passant am Nachmittag des 8. März den kleinen Leichnam in einem blauen Müllsack entdeckt. Das Kind war unbekleidet und in zwei Frotteehandtücher gehüllt, das eine war blau, das andere rosafarben. Eine kurz darauf durchgeführte Obduktion ergab, dass der Säugling lebend zur Welt gekommen war, aber nicht fachgerecht entbunden wurde.

Aufgrund dieser Erkenntnisse erwirkte die Staatsanwaltschaft Berlin nun einen richterlichen Beschluss zur Durchführung der ungewöhnlich umfangreichen DNA-Reihenuntersuchung. "Ein Speicheltest dieser Größenordnung ist höchst selten, das gab es in Berlin schon ganz lange nicht mehr", sagte am Mittwoch eine Polizeisprecherin.

Doch wird die potentielle Täterin einem solchen Test nicht bewusst fernbleiben, um unentdeckt zu bleiben? Gewiss bestehe dieses Risiko, heißt es bei der Kripo. Doch Erfahrungen zeigten, "dass Gesuchte dennoch teilnehmen, vielleicht, weil sie ihre Tat verdrängen, weil sie hoffen, durch das Raster zu rutschen oder fürchten, durch ihr Fernbleiben erst recht aufzufallen."

Für hilfreiche Hinweise ist eine Belohnung von 5000 Euro ausgesetzt

Bereits zehn Tage nach dem Fund des toten Säuglings hatte die Polizei eine erste kleinere DNA-Reihenuntersuchung durchgeführt. Damals gaben rund 300 Bewohnerinnen einer Flüchtlingsunterkunft in der Nähe der Ruschestraße Speichelproben ab, die Frauen und Mädchen waren zehn bis 55 Jahre alt. Im Gegensatz zum jetzigen Massentest war ihre Teilnahme jedoch freiwillig. Dieser erste Anlauf blieb ohne Ergebnis.

Zusätzlich zum jetzigen Massenspeicheltest hoffen die Fahnder weiterhin auf Hinweise aus der Bevölkerung. Für Tipps, die zur Aufklärung der Tat führen, ist eine Belohnung von bis zu 5000 Euro ausgesetzt. In diesem Zusammenhang fragt die Kripo, wer in der Zeit vom 6. bis 8. März 2016 ungewöhnliche Beobachtungen im Bereich der Grünanlage an der Ruschestraße gemacht hat.

Außerdem fragt die Kripo: "Wer kennt Frauen, die Ende Februar/Anfang März schwanger waren, danach aber nicht mit einem Baby gesehen wurden oder eine Schwangerschaft kaschiert haben könnten?." Und: "Welche Frau war ab Anfang März 2016 wegen möglicher Beschwerden, die auf eine nicht fachgerechte Geburt hindeuten, in ärztlicher Behandlung?" Hinweise nimmt die 7. Mordkommission in der Keithstraße 30 in Tiergarten unter der Telefonnummer 4664-911777 entgegen. Zeugen können sich auch an jede andere Polizeidienststelle wenden.

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