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Die gotischen Reste des alten Rathauses sollten im U-Bahnhof sichtbar werden. Jetzt muss das Projekt warten.

© Mike Wolff

Berlin-Mitte: U-Bahnhof Rotes Rathaus: Berlin versteckt seine Geschichte

Die gotischen Reste des Berliner Rathauses sollten eine Hauptattraktion des neuen U5-Bahnhofs werden. Jetzt verschwinden sie erstmal hinter Beton.

Es sollte die Attraktion im neuen U-Bahnhof Berliner Rathaus werden: Ein großes Fenster, das die Geschichte des Ortes am Roten Rathaus auf einen Blick offenlegt. Denn unmittelbar vor dem Dienstsitz des Regierenden Bürgermeisters liegen die Grundmauern des alten Gotischen Rathauses und im U-Bahnhof sollte ein Archäologisches Fenster diese für alle sichtbar machen. Doch nun haben die Bauarbeiter Beton über Berlins Vergangenheit gegossen – weil der Senat mit den Planungen nicht hinterher kam.

Als Mitte August BVG-Chefin Evelyn Nikutta zur Besichtigung der Baustelle eingeladen hatte, waren die riesigen Betonwände schon gegossen. „Wir können nicht warten“, hatte der Bauleiter auf die Frage geantwortet, warum denn nichts vom Archäologischen Fenster zu sehen sei. Nun bestätigte der Senat auf Anfrage: „Das Archäologische Fenster wird nicht zeitgleich mit der für 2018/19 geplanten Eröffnung des U-Bahnhofs am Berliner Rathaus fertiggestellt“. Kurz: Der Senat spart sich die Geschichte erst einmal.

2019 soll der U-Bahnhof fertig sein

Zwar erklärt die Verwaltung, dass das Archäologische Fenster nachträglich eingebaut werden soll. Zwar ist schwer vorstellbar, wie Betonwände bei laufendem Betrieb des Bahnhofs wieder aufgerissen werden sollen und ob das ursprüngliche Budget dafür ausreichen wird. Aber immerhin: „Das Ziel wird weiterverfolgt“, sagte Senatsbaudirektorin Regula Lüscher auf Anfrage und fügte vage hinzu, dass mit einer Fertigstellung „ab 2020 gerechnet“ werde.

CDU kritisiert Verzögerung

Diese Absichtserklärung der sozialdemokratisch geführten Bauverwaltung könnte auch dazu dienen, den Koalitionspartner zu beruhigen. Denn die CDU war bisher die treibende Kraft bei der Wiederentdeckung von Berlins historischen Spuren. Die Christdemokraten hatten deren wirtschaftliche Bedeutung für die Stadt erkannt, nachdem neugierige Berliner und Touristen die Grabungsstätten am Petriplatz in Mitte fast schon gestürmt hatten. Entsprechend vergrätzt ist der stellvertretende CDU-Fraktionschef Stefan Evers: „Das ist Teil der Serie von Pleiten, Pech und Pannen der Bauverwaltung bei der Entwicklung der historischen Stadt“.

Die Bauverwaltung schiebt die Panne auf die „technische Komplexität“ der „laufenden Qualifizierung des Bedarfsprogramms“ für das Archäologische Fenster. Die Verzögerung wird Experten zufolge auch die Kosten für den Blick in die Berliner Geschichte erhöhen. Die Bauverwaltung rechnet bisher mit 8,5 Millionen Euro. Aber die Behörde schränkt selbst bereits ein, dass verbindliche Aussagen dazu „erst nach Erstellung des Bedarfsprogramms“ möglich seien.

Alte Mitte - Neue Liebe?

„Die Verwaltung ist offenbar überfordert“, resümiert Evers. Bei allem guten Willen sei der Umgang der Bauverwaltung mit der „historischen Identität unserer Stadt“ enttäuschend. Das darf wohl als Kritik an Senatsbaudirektorin Regula Lüscher verstanden werden, die mit einer Veranstaltungsreihe unter dem Motto „Alte Mitte – neue Liebe“ den Grabenkampf um die künftige Gestaltung der historischen Mitte beenden wollte.

Aber der Bürgerdialog droht zu scheitern. Vor der Halbzeitbilanz von Lüschers Veranstaltungsreihe mehren sich die kritischen Stimmen. Die Stiftung Zukunft Berlin um Ex-Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer sowie die Planungsgruppe Stadtkern um Stadthistoriker Benedikt Goebel bemängeln in einer gemeinsamen Erklärung: „Es reicht nicht aus, sich von einem selbstberufenen Kuratorium bei Bedarf beraten zu lassen“. Sie fordern, dass „die Steuerung des Verfahrens“ und die Auswahl der Akteure“ nicht länger „ausschließlich von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vorgenommen wird“. Zuvor hatte bereits ein Dutzend namhafter Architekten und Planer mit dem Ausstieg aus dem Verfahren gedroht.

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