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In den Seilen. Im Vergleich mit Hamburg steht Berlin besonders schlecht da: Dort ist das Angebot mit 1,5 Quadratmetern Spielplatz pro Einwohner fast dreimal so groß.

© dpa

Spielplätze: Berlin spart sich fast die Hälfte aller Spielplätze

Obwohl die Zahl der Kinder in Berlin im Verlauf des Jahres 2010 um mehr als vier Prozent gestiegen ist, steht dem Nachwuchs immer weniger Fläche auf Spielplätzen zur Verfügung.

Berlin ist arm – und die Kinder müssen darunter leiden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sie keinen eigenen Garten oder Park vor der Haustür haben: In den vergangenen vier Jahren hat die Fläche der Berliner Kinderspielplätze um über 186 000 Quadratmeter abgenommen. Das entspricht 26 Fußballfeldern. Dabei stieg die Geburtenzahl im Jahr 2010 um vier Prozent gegenüber 2009. In keinem einzigen Bezirk werden die gesetzlichen Vorgaben erfüllt, wonach je Einwohner ein Quadratmeter Spielplatz geschaffen werden soll. Und weil es den Bezirken an Geld fehlt, werden kaputte Spielgeräte selten repariert oder ersetzt.

Im Vergleich zu Hamburg steht Berlin sogar richtig schlecht da: Dort ist das Angebot mit 1,5 Quadratmetern Spielplatz pro Einwohner fast drei Mal so groß wie in Berlin. Am besten dran sind in Berlin Eltern, die in Entwicklungs- oder Neubaugebieten wie Prenzlauer Berg oder auch „Kreuzkölln“ leben. Denn dort öffnen Land, Bund und oft auch die EU den Geldhahn. Außerdem schreibt die Berliner Bauordnung bei größeren Anlagen die Einrichtung von Spielplätzen vor. Dennoch wird in Berlin der im Gesetz vorgeschriebene „Richtwert“ um knapp die Hälfte unterschritten: Berlinweit gibt die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung den „Versorgungsgrad“ mit 58 Prozent an. Aber das ist nur ein Durchschnittswert, der am stärksten unterschritten wird in Bezirken wie Reinickendorf oder Marzahn-Hellersdorf (beide 39 Prozent).

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gibt den Bezirken die Schuld: „Die sind zuständig für die Verwendung der Mittel, wir können ihnen auch keine Anweisungen geben“, sagt Sprecherin Petra Rohland. Sie gibt zwar zu, dass sich die verfügbare Fläche auf Spielplätzen verringert habe, die „Qualität“ verbessere sich aber: Es gebe mehr Spielgeräte als früher, die zudem aufwändiger gestaltet seien. Im Stadtteil Moabit hätten Kinder mit Künstlern sogar Mosaike auf dem neuen Spielplatz gestaltet. Auch habe die Zahl der Bolzplätze im Vergleich zur letzten Erhebung im Jahr 2006 zugenommen.

Tatsächlich ist das Bild in Sanierungsgebieten, deren Entwicklung der Senat mit gemeinnützigen Gesellschaften steuert, ein anderes: Im Umfeld des Neuköllner Weichselplatzes stehen Familien sogar mehrere Spielplätze zur Auswahl, in deren Nähe Cafés den Eltern auch noch ein großes Kuchen- und Getränke-Angebot machen. „Die größten Versorgungsdefizite haben wir da, wo nicht so viele Landesmittel hinfließen“, sagt auch der Pankower Bezirksstadtrat Matthias Köhne (SPD). Der Bezirk selbst verfüge über gerade mal 1,6 Millionen Euro zur Bewirtschaftung aller Parks, Grünflächen und eben Spielplätze. Dabei ist Pankow mit einer Fläche von 10 000 Hektar der zweitgrößte Bezirk Berlins.

Überhaupt ist der finanzielle Spielraum der Bezirke gering: Eigene Grundstücke haben sie nicht mehr, weil der Senat sie beansprucht und über den Liegenschaftsfonds zu Geld macht für die Sanierung des Landeshaushalts. Und wenn der Bezirk über die Bauordnung auf privaten Grundstücken die Einrichtung von Spielplätzen durchsetzt, muss er den Eigentümern dafür oft viel Geld für deren Bauland bezahlen. Dass darauf nur wirtschaftlich gesehen „wertlose“ Spielflächen entstehen, ließen Gerichte bisher nicht als wertmindernd gelten.

Nicht nur zur Anlage neuer Flächen fehlt das Geld, sondern auch für die Reparatur der vielen kaputten Geräte: „Was nützen uns die schönsten Spielplätze, wenn nichts darauf steht“, sagt die Kreuzberg-Friedrichshainer Familienstadträtin Monika Herrmann (Grüne). Bei ihr gehen viele Briefe von Müttern ein, die von abgebauten Rutschen oder demontierten Schaukeln berichten.

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