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Um Ferienwohnungen anzubieten, braucht man jetzt eine Genehmigung vom Amt.

© Britta Pedersen/dpa

Update

Berliner Bezirke drohen mit Bußgeldern: Trotz Verbot: Hunderte Ferienwohnungen sind noch im Netz

Das Verbot von Ferienwohnungen wird noch missachtet. Der Bezirk Mitte könnte jetzt Bußgelder verhängen, ist aber völlig mit Anträgen auf Ausnahmegenehmigung überlastet.

Nach Auslaufen der Schonfrist für Anbieter von Ferienwohnungen in Berlin können im Internet immer noch hunderte Privatwohnungen gebucht werden. Mittes Sozialstadtrat Stephan von Dassel (Grüne) geht davon aus, dass „ganz viele dabei sind, die keine Genehmigung haben.“ Ihnen könnte ein Bußgeld bis zu 100 000 Euro angedroht werden. Allerdings gibt es derzeit zwei wesentliche Hürden für die Verfolgung illegaler Anbieter: Den Ämtern liegen noch keine Adressenlisten der Vermieter vor. Erst in den nächsten Tagen will von Dassel die Vermittlungsagenturen wie Airbnb und Wimdu auffordern, solche Listen zu liefern – so wie im Verbotsgesetz vorgesehen.

Airbnb will weiter die Daten der Nutzer schützen

Aber es ist nicht damit zu rechnen, dass Airbnb diese Daten ohne Weiteres herausgeben wird. Auf eine Anfrage antwortet das Unternehmen am Montag, dass man weiterhin anonymisierte Daten über die Airbnb-Community in Berlin veröffentlichen wolle, jedoch dabei „die Privatsphäre und Daten unserer Nutzer schützen“ werde.
Zweite Hürde: Die sechs Mitarbeiter im Bezirksamt sind noch über Wochen mit der Abarbeitung der Antragsflut beschäftigt. Im April seien allein in Mitte 300 Anträge auf Ausnahmegenehmigung eingegangen, außerdem lägen noch 600 Anträge auf Negativattest vor, also einer amtlichen Bestätigung, dass eine bestimmte Wohnungsnutzung oder ein -leerstand nicht unter das Zweckentfremdungsverbot fällt. . Dennoch gelte das Verbot und es könne durchaus im Einzelfall zu einer Bußgeldandrohung kommen, sagt von Dassel. Man werde nicht bis zu einer rechtlichen Klärung warten.

Am 8. Juni verhandelt das Verwaltungsgericht

In Pankow sieht die Bilanz ähnlich aus: 905 Wohnungen wurden gemeldet, 100 davon sind inzwischen wieder regulär vermietet. Mehr als 200 Anträge auf Ausnahmegenehmigung sind eingegangen, da muss jeder Fall einzeln geprüft werden. Weil die meisten Antragsteller vorsorglich erklärt haben, gegen eine Versagung der Genehmigung juristisch vorzugehen, werde er diese Fälle zunächst zurückstellen, sagte Stadtrat Torsten Kühne (CDU). Die drei Mitarbeiter, die sich derzeit mit dem Verbot beschäftigen, sollten zunächst die rund 600 Anbieter anschreiben, von denen man seit ihrer Anmeldung gar nichts mehr gehört habe.
Es ist also sehr unwahrscheinlich, dass demnächst ein Bußgeld verhängt wird. Am 8. Juni soll die erste Klage gegen das Verbotsgesetz vor dem Verwaltungsgericht verhandelt werden. Angestrengt wurde sie von der Vermittlungsagentur Wimdu und der Apartment-Allianz.

85 Prozent des Geschäfts sind weggebrochen

Auch andere Vermittler erwägen Klagen, etwa Hans Dentler, der die Plattform ferienwohnungen-berlin.de betreibt. 85 Prozent seines Geschäftes seien durch das Verbot weggebrochen, sagte Dentler dem Tagesspiegel. Viele seiner Kunden seien dazu übergegangen, auf Zeit zu vermieten, also Verträge über mindestens zwei Monate Laufzeit abzuschließen.
Nach dem Gesetz ist es verboten, tage- oder wochenweise an Touristen zu vermieten. Einzelne Zimmer einer Wohnung unterzuvermieten, auch an wechselnde Feriengäste, ist nach Auskunft der Stadtentwicklungsverwaltung weiterhin möglich. Entscheidend ist dabei, dass man selbst in der Wohnung lebt „und mehr als die Hälfte der Wohnung auch wirklich selber nutzt".
Auf viel Unverständnis stößt die Regelung, dass man während des eigenen Urlaubs oder Auslandsaufenthalts seine Wohnung nicht an Berlin-Besucher untervermieten darf. Auch Stadtrat Kühne hat mit dieser Regelung Probleme, weil sie dem Wohnungsmarkt nichts bringt, aber die persönliche Freiheit erheblich einschränkt. „Die Juristen sagen, damit sollen Umgehungstatbestände vermieden werden“, sagt Kühne. Auch an Praktikanten, Studenten oder Schauspieler, die nur zeitweise in Berlin arbeiten, dürfe nicht unter einer Laufzeit von zwei Monaten untervermietet werden.

Das Wohnungsamt hat Ermessensspielraum

In einer Antwort der Verwaltung wird allerdings deutlich, dass es hier einen Ermessensspielraum gibt: „Eine längere Untervermietung der kompletten Wohnung zu einem ortsüblichen Mietzins, wobei der Untermieter in der Mietzeit in der Wohnung seinen Lebensmittelpunkt begründet, kann sich als zweckentfremdungsrechtlich unbedenklich darstellen. Kommen Sachverhaltsmerkmale, wie Zurverfügungstellung von Nebenleistungen (Bettwäsche, Internetgebühren, Möblierungszuschläge…) hinzu, werden wiederholt nur mittelfristige, ggf. aufeinander folgende Untermietverhältnisse mit wechselnden Personen begründet, wird ein Vielfaches des normalen Mietzinses mit der Untervermietung generiert, so könnte wiederum an eine zweckentfremdungsrechtlich relevante Fremdenbeherbergung gedacht werden, die dann genehmigungspflichtig wäre." Der Konjunktiv deutet darauf hin, dass hier noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. Damit werden sich dann die Richter auseinandersetzen. In Pankow sind bislang acht Klagen gegen die Ablehnung einer Ausnahmegenehmigung anhängig. Dabei geht es laut Kühne vor allem um dänische Gewerkschaftsfonds, bei denen die Mitglieder automatisch Anteile an einer Ferienwohnung erwerben, die sie dann selber nutzen dürfen. Nach Einschätzung des Bezirks fällt das unter das Zweckentfremdungsverbot, die Juristen der Gegenseite argumentieren dagegen, die Mitglieder nutzten ja nur ihr Eigentum, also eine Art Zweitwohnung.

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