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Fit fürs Leben. Sport ist das beliebteste Hobby der Berliner Kinder, die jetzt für eine Studie befragt wurden.

©  Thilo Rückeis

Bewegung an Berliner Schulen: Drittklässler schneiden bei Sportstudie gut ab

Die Jüngsten sitzen nur herum und können ihre Körper nicht benutzen? Von wegen, hat nun eine Studie für den Landessportbund ergeben.

Die Kinder von heute sind zu dick, sie bewegen sich zu wenig, hängen vor ihren Computern, anstatt auf Bäume zu klettern, und daddeln sowieso am liebsten auf ihren Smartphones herum. So weit das Vorurteil. Wissenschaftlich belegen lässt sich das nicht. Im Gegenteil. „Wir können mit der Fitness unserer Schülerinnen und Schüler sehr zufrieden sein“, sagt Jochen Zinner, Professor an der privaten Berliner Hochschule für Gesundheit und Sport.

Im Rahmen des Projekts „Berlin hat Talent“ hat Zinner mit dem Landessportbund Berlin (LSB) im vergangenen Schuljahr 7100 Drittklässler aus fünf ausgewählten Bezirken getestet – und das bereits zum fünften Mal seit 2011. Das Ergebnis: „Die Sportaffinität ist nicht so schlecht, wie uns manche Unken weismachen wollen.“

Nur sieben Prozent unterdurchschnittlich

Unter fachkundiger Anleitung haben die Drittklässler den standardisierten Deutschen Motorik-Test mit acht verschiedenen Übungen (unter anderem Sit-ups, Liegestützen und Standweitsprung) absolviert. 16 Prozent der Kinder waren überdurchschnittlich fit, nur sieben Prozent schnitten unterdurchschnittlich ab.

Auch die Ergebnisse zum Körpergewicht fielen positiv aus. 76 Prozent der Kinder waren normalgewichtig, nur 8 Prozent adipös, also stark übergewichtig. Das sind laut Zinner zwar zu viele, aber auch deutlich weniger als in anderen Altersgruppen. „Es ist nicht so, wie man in der Zeitung liest, dass die alle aufplatzen wie Popcorn“, sagt der Sportwissenschaftler.

Förderung nicht nur für Sportskanonen

Sport ist das beliebteste Hobby der Kinder, 71 Prozent der Kinder wollen mehr Sport treiben und neun von zehn freuen sich auf den Sportunterricht in der Schule. Trotzdem treibt Zinner die Sorge um, dass die Kinder, die schon jetzt motorisch abgehängt sind, dauerhaft den Anschluss verlieren – zumal diese Kinder seltener in Sportvereinen sind und häufiger elektronische Medien nutzen. „Ohne Eingreifen könnte die Situation kippen“, befürchtet Zinner.

Deshalb belässt es das Projekt „Berlin hat Talent“ nicht bei der Diagnose, es kümmert sich auch um die Therapie. Die überdurchschnittlich talentierten Kinder sollen über Talentsichtungsgruppen für eine leistungssportliche Laufbahn gewonnen werden. Kinder mit motorischem Förderbedarf hingegen werden zu Bewegungsfördergruppen eingeladen. Rund zehn Prozent, aktuell 176 Kinder, nehmen dieses freiwillige Angebot wahr. Ziel ist es, das Bewegungs-, Ernährungs- und Medienverhalten zu ändern. Die Kinder sollen Freude an der Bewegung lernen – erschwert wird dieses Vorhaben laut LSB allerdings durch den Sanierungsstau bei den Berliner Sportanlagen.

385.000 Euro für fünf Bezirke

Für Klaus Böger, den Präsidenten des Landessportbundes, ist diese doppelte Strategie wichtig. „Nur die Besten fördern – das mach’ ich nicht“, sagt er. Böger kann sich weitere Sportangebote an Ganztagsschulen vorstellen, für die entsprechenden Übungsleiter, „Trainer mit sozial-motorischer Kompetenz“, ausgebildet werden müssten.

Das Projekt „Berlin hat Talent“, das vom LSB, dem Senat sowie privaten Sponsoren unterstützt wird, kostet pro Jahr 385.000 Euro. Würde man es auf alle Berliner Bezirke ausweiten, wären es 700.000 Euro. Klaus Böger ist sich sicher: „Das ist gut investiertes Geld.“

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