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Wie viele Berliner stehen hinter dieser Aussage?

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Bewerbung für Olympia 2024: Wer hat mehr Bock auf die Spiele - Berlin oder Hamburg?

Eine Umfrage will die Olympia-Begeisterung der Berliner und Hamburger messen – damit sich das Desaster von München nicht wiederholt. Am Dienstag gibt der Olympische Sportbund die Ergebnisse bekannt. Was hängt davon ab?

Der Endspurt für die nationale Bewerbung um die Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 läuft. An diesem Dienstag will der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) das Ergebnis einer Umfrage in den Bewerberstädten Berlin und Hamburg veröffentlichen. Und spätestens am 16. März will das DOSB-Präsidium seine Empfehlung abgeben, welche Stadt sich bewerben soll.

Was bedeutet die DOSB-Umfrage für die Entscheidung?

Umfragen sind Umfragen und Wahlen sind Wahlen, heißt es in der Politik. In diesem Fall sieht es etwas anders aus. Die durch das Meinungsforschungsinstitut Forsa in den beiden Bewerberstädten Berlin und Hamburg durchgeführte repräsentative Telefonumfrage führt mindestens schon zu einer Vorentscheidung. Sie spiele eine „sehr, sehr, sehr, bedeutende Rolle“, hat Alfons Hörmann gesagt, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB). Auf jeden Fall ist sie in diesem Verfahren der wichtigste Faktor, weil sie einen Kandidaten auch aus dem Rennen kegeln kann.

Entsprechend groß ist die Nervosität in den beiden Bewerberstädten vor Bekanntgabe der Ergebnisse. Nur drei Leute aus dem DOSB kennen sie, Präsident Hörmann, Vorstandsvorsitzender Michael Vesper und der für Internationales und die Olympiabewerbung zuständige Vorstand Bernhard Schwank. Sie haben sich am Montag mit ihren Kollegen aus dem Präsidium in einem Restaurant in Neu-Isenburg zum Abendessen getroffen – und sich vorgenommen, ihr Wissen erst am Dienstagmorgen mit ihnen zu teilen. Dann findet die offizielle Sitzung des Präsidiums statt.

Nach welchen Kriterien bewertet der DOSB die Umfrageergebnisse?

Drei Kernfragen hat der DOSB dafür herausgearbeitet. Zum einen geht es um die absoluten Zahlen. Kommt ein Bewerber unter 50 Prozent, ist er mit Sicherheit draußen. Auch ein Ergebnis knapp über 50 Prozent nützt ihm nichts. Hamburg muss sich darum keine Sorgen machen, hier ging der Trend in den vergangenen Wochen klar nach oben. Auch Berlin ist zuversichtlich, leichtfüßig über diese Hürde zu springen. Das zweite Kriterium ist die Entwicklung seit der letzten Forsa-Umfrage im vergangenen September. Da war Berlin auf 48 Prozent Zustimmung für Olympische Spiele in der eigenen Stadt gekommen, Hamburg auf 53.

Wenn hier beide Städte deutlich zulegen, kommt das dritte Kriterium ins Spiel, es könnte den Ausschlag geben: der Abstand zwischen beiden Städten. Von den Meinungsforschern war zu hören, dass der Abstand zwischen den Bewerbern mindestens acht Prozent betragen müsse, um überhaupt eine statistisch signifikante Größe zu haben. Weil Berlin international so einen guten Ruf genießt und mit sportlichen Großveranstaltungen seine Olympiareife nachgewiesen hat, müsse Hamburg schon 15 Prozentpunkte vorne liegen, um sich durchsetzen zu können, behaupten Sportfunktionäre. Die Zustimmung der Bevölkerung wird auf jeden Fall als großer Pluspunkt der Hamburger Bewerbung gesehen. Wenn beide jedoch deutlich über 50 Prozent und nahezu gleichauf liegen, wird Berlin das Rennen machen. Spannend wird es daher zum Beispiel bei einem Vorsprung von Hamburg um zehn Prozent.

Warum ist die Umfrage überhaupt so wichtig?

Die Führung des DOSB weiß, wie sich Niederlagen bei Olympia-Abstimmungen anfühlen. Michael Vesper hat schon als Minister in Nordrhein-Westfalen im nationalen Wettbewerb mit Düsseldorf gegen Leipzig verloren. Anschließend unterlag er mit Münchens Bewerbung um Winterspiele einmal gegen Pyeongchang und einmal gegen die Bevölkerung in München und anderen bayerischen Kommunen. Bernhard Schwank erlebte diese Niederlagen als Geschäftsführer der Münchner Bewerbungsgesellschaft und Alfons Hörmann als Präsident des Deutschen Ski-Verbandes. Nun wollen sie auf jeden Fall gewinnen. Und das Desaster von München vergessen machen. Mit einem vergleichsweise umweltfreundlichen Konzept hatten sie die Bevölkerung in Bayern dennoch nicht überzeugen können. Wenn nun die Bevölkerung die Bewerbung in Berlin oder Hamburg scheitern lässt, haben sich auch Sommerspiele in Deutschland auf Jahre oder gar Jahrzehnte hinaus erledigt. Das wollen sie auf jeden Fall vermeiden. Und das hat bisher den kleineren Kandidaten Hamburg größer gemacht.

Was außerdem für die Bewerbung eine Rolle spielt

Wie viele Berliner stehen hinter dieser Aussage?
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© Bernd von Jutrczenka/dpa

Welche weiteren Kriterien sind für die Vergabe relevant?

Es gibt zehn Hauptkriterien, die in dem 102-seitigen Papier als Vorbereitung für das DOSB-Expertengremium aufgeführt sind: Vision und Olympisches Erbe, das Gesamtkonzept der Spiele, zu dem unter anderem die Lage der Veranstaltungsstätten zählt. Dazu kommen das Olympische Dorf, die Sportstätten (Eignung, Nachhaltigkeit und Bestand an Trainingsstätten), Umwelt und Nachhaltigkeit, Kosten und Finanzierung (Budget, Finanzierungszusage, plausible Kostenschätzung), Unterstützung der Bewerbung (Öffentlichkeit, Politik, Wirtschaft, Opposition), Unterbringung und Transport (Hotels, Verkehrsinfrastruktur), Paralympische Spiele (Gesamtkonzept, Barrierefreiheit), internationale Wettbewerbsfähigkeit (Erfahrungen mit Sportgroßveranstaltungen, Bekanntheit, Tourismus).

Wie hat Berlin sich bisher geschlagen?

Durch die Ankündigung am 26. August vergangenen Jahres von Klaus Wowereit, sein Amt als Regierender Bürgermeister niederzulegen, war der Senat kaum handlungsfähig: Die SPD suchte einen Nachfolger, die CDU wartete. Deshalb startete das Land viel zu spät mit einer Olympiakampagne. Und von einer olympischen Begeisterung war bis auf Sportfunktionäre lange nichts zu spüren oder zu hören. „Da fehlt der Dampf“, sagte Unternehmer Michael Stiebitz, der sich aktiv an Olympia beteiligt.

Immerhin liefen Olympische Wochen an mit Aktionen, Unterschriftensammlungen oder einem Olympia-Lauf. Was Berlin bisher nicht geschafft hat, ist eine verfassungskonforme Lösung für mehr Bürgerbeteiligung bei Großprojekten hinzubekommen. Mit der Opposition wurde keine Einigung erzielt: Die Grünen sind skeptisch, die Linken lehnen Olympia ab – nur die Piraten haben eine Resolution im Parlament mitunterzeichnet. Viele Fragen seien bisher nicht geklärt, kritisieren Grüne und Linke. Inwieweit unterstützt der Bund eine Berlin-Bewerbung? Steht ein solides Finanzierungskonzept? Wie sieht die Sportstättenplanung aus?

Und Hamburg?

In Hamburg ist die Olympiabegeisterung groß. Im Januar sprachen sich in einer Umfrage im Auftrag des NDR 62 Prozent der Befragten für Olympische Spiele aus. Im September waren es noch 53 Prozent. Die große Zustimmung ist auch Resultat einer professionellen Olympia-Kampagne, hinter der Sportsenator Michael Neumann und Bürgermeister Olaf Scholz stehen. Hamburg hat schon im Herbst mit einer umfangreichen PR-Werbetour begonnen, Monate vor Berlin. Die Werber setzen dabei auf die traditionelle Weltoffenheit von Hamburg sowie auf die Bürgerbeteiligung in allen Phasen. Auch die Wirtschaft unterstützt die Olympiabewerbung. Die Handelskammer hat offiziell beschlossen, die Kampagne „finanziell zu unterstützen“. Auch der Hamburger Unternehmer und Mäzen Alexander Otto wird die Olympiabewerbung mit Mitteln ausstatten. Allerdings gibt es ebenso wie im Berlin Gegenstimmen. Bedenken kommen zum Beispiel von der Hafenwirtschaft.

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