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Eine Szene wie diese könnte nun bald der Vergangenheit angehören: Ein frei laufender Hund an der Badestelle zwischen den Badegästen, von denen manche schnell ihr Picknick und ihre Handtücher in Sicherheit bringen.

© Cay Dobberke

BVV Steglitz-Zehlendorf: Hundeverbot am Schlachtensee: Unverständnis, Wut und Verzweiflung

Tumultartige Szenen während der BVV-Sitzung Mittwochabend: Vom 15. Mai an dürfen keine Hunde mehr an Schlachtensee und Krumme Lanke mitgenommen werden. Viele Hundehalter reagieren mit Unverständnis.

„Warum kann nicht alles bleiben, wie es ist? Bisher ging es doch auch?“ Immer wieder kamen diese Fragen. Dabei sprachen Unverständnis, Wut und Verzweiflung aus den Gesichtern der Hundehalter, die am Mittwoch zahlreich zur Sitzung der Bezirksverordneten von Steglitz-Zehlendorf gekommen waren. Sie möchten offensichtlich nicht einfach hinnehmen, dass ab dem 15. Mai an Schlachtensee und Krumme Lanke keine Hunde mehr mitgenommen werden dürfen. Die zuständige Bezirksstadträtin Christa Markl-Vieto (Grüne) erklärte jedoch: „Es gibt keine Verschärfung des Gesetzes, sondern es soll nur die bestehende Gesetzeslage durchgesetzt werden.“ Laut dem Berliner Hundegesetz sei das Mitführen von Hunden an Badestellen verboten und die beiden Seen seien komplett als Badegewässer ausgewiesen.

Die eigentliche Diskussion an dem Abend fand jedoch vor dem Bürgersaal des Rathauses Zehlendorf, im Foyer, statt. Immer wieder verließ Markl-Vieto die Sitzung und stellte sich der aufgebrachten Menge. Die wollte unter anderem von ihr wissen, warum das Mitführen von Hunden jahrelang geduldet worden sei und jetzt nicht mehr möglich sein soll. „Weil sich niemand getraut hat, sich gegen so eine Meute durchzusetzen“, antwortete sie und wurde dabei von den Hundehaltern eng umringt und nicht nur verbal sondern auch körperlich in eine Ecke gedrängt. Fast eine Stunde redeten beide Seiten aufeinander ein. Der Grund, warum sich das zum großen Teil draußen im Foyer abspielte, war die Geschäftsordnung der BVV. Denn diese sieht vor, dass es im Saal nur den Bezirksverordneten vorbehalten ist, zu diskutieren. Gäste dürfen lediglich Fragen stellen.

Mindestens 150 Hundefreunde hatten sich an diesem Abend auf den Weg ins Rathaus gemacht. Zu Beginn der Sitzung, als Einwohner fragen stellen konnten, war der Saal bis auf den letzten Platz gefüllt. Sogar die Bühne wurde zur Tribüne, aber es reichte nicht. Einige Gäste sollen wieder nach Hause geschickt worden sein. Die Atmosphäre war aufgeheizt und angespannt. Dem voraus ging der Beschluss des Bezirksamtes Anfang des Jahres (wir berichteten), den gesetzlichen Auftrag mit dem Hundeverbot an den beiden Seen umzusetzen. Auch hier auf dem Zehlendorf Blog wurde dazu heftig diskutiert und kommentiert.

So fragte unter anderem der Hundehalter Frank Kühn in der BVV-Sitzung, ob nicht ein Leinenzwang am Ufer genüge, um alle Interessen der Besucher am See zu berücksichtigen. Auch der neue Entwurf zum Berliner Hundegesetz, den der Senat in dieser Woche auf den Weg gebracht hatte und der noch vom Abgeordnetenhaus verabschiedet werden muss, sieht eine generelle Leinenpflicht für Hunde in Berlin vor. „Es gibt hier keinen Kompromiss und keine Diskussion“, antwortete Markl-Vieto und wiederholte: Schlachtensee und Krumme Lanke seien Badegewässer und an Badestellen sei das Mitführen von Hunden verboten. Das gelte jedoch lediglich für den Uferbereich, also den unteren Uferweg.

Die Neuregelung soll das friedliche Miteinander an den Seen fördern

Sie könne die Enttäuschung der Hundehalter verstehen, denn sie habe selbst einen Hund, mit dem sie gern am Schlachtensee spaziere. Aber es gebe auch Menschen, die Hunde als unberechenbar und Angst einflößend empfänden. „Diejenigen bleiben weg, ganz still und leise und das ist nicht schön“, erklärte die Bezirksstadträtin. Die Neuregelung soll das friedliche Miteinander an den Seen bei Bürgern mit und ohne Hund fördern. Außerdem blieben 96 Prozent des Hundeauslaufgebietes mit dem Grunewaldsee erhalten. „Das sind etwa 700 Hektar“, betonte Christa Markl-Vieto.

Ihre Argumente wurden jeweils von Zwischenrufen und Unmutsbekundungen begleitet. Der BVV-Vorsteher René Rögner-Francke (CDU) hatte große Mühe, die Gäste zu beruhigen und mahnte das Publikum, sich an die Regeln zu halten oder den Saal zu verlassen. Obwohl an diesem Abend wie üblich auch andere Themen auf der Tagesordnung standen und besprochen wurden, drehte sich die Sitzung fast ausschließlich um das Hundeverbot. Die emotional geführte Debatte setzte sich später noch etwa zwei Stunden bei einer Großen Anfrage der SPD-Fraktion fort. Sie warf dem Bezirksamt formale Fehler, Intransparenz und eine fehlende Bürgerbeteilung bei dem Verfahren vor, das zur Entscheidung des Hundeverbotes geführt hat.

"Emotionalität schaltet mitunter den Verstand aus"

„Sie sperren damit eine Benutzergruppe von den Seen aus und nehmen ihnen das Freizeiterlebnis“, sagte Mirko Klimas von der SPD. Er fürchte, dass der seit Jahren schwelende Konflikt zwischen Hundehaltern und Badegästen durch die Neuregelung weiter eskaliere. „Ich finde, dass hier nicht im Ansatz versucht wurde, einen Kompromiss zu finden.“

Auch der Fraktionsvorsitzende der Piraten Eric Lüders bemängelte die fehlende Bürgerbeteiligung, zog Parallelen zu dem „Heckenmassaker“ am Nieritzweg. „Dort wurden die Hecken auch erst gerodet und hinterher stellte man fest, dass eigentlich die Bürger hätten beteiligt werden müssen“, sagte er und forderte konkret, das Hundeverbot auszusetzen und dann einen echten, offenen Bürgerdialog zu führen.

Nina Stahr von der Grünen-Fraktion widersprach dem und erinnerte an die Gesprächsrunden Schlachtensee, einen öffentlichen Runden Tisch, zu dem das Bezirksamt im Vorfeld eingeladen hatte. „Da war bloß niemand von der SPD anwesend“, sagte sie. Außerdem solle die SPD doch einmal bei ihrem eigenen Staatssekretär Christian Gaebler von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt nachfragen, der sehr wohl hinter dem Beschluss stehe.

„Emotionalität schaltet mitunter den Verstand aus.“ Mit diesen Worten meldete sich der Fraktionsvorsitzende der CDU, Torsten Hippe, zu Wort. Die Situation sei eindeutig: Hunde dürfen nicht in den Seen baden und am Ufer nicht mitgeführt werden, weil es das Gesetz verbietet. Punkt. Daraufhin stellte Norbert Buchta, Fraktionsvorsitzender der SPD, noch die Frage in den Raum, in wieweit der Weg um den Schlachtensee überhaupt eine Badestelle sei. „Für mich ist der Uferweg ein Wanderweg, keine Badestelle“, sagte er. Dem entgegnete Christa Markl-Vieto, indem sie erläuterte, dass der Uferweg jeweils der Zugang zu dem Badegewässer sei und damit als Badestelle gelte.      

Im April soll es eine öffentliche Dialogveranstaltung zu dem Thema geben. Weitere Informationen zu der Neuregelung an Schlachtensee und Krumme Lanke gibt es auf dieser Internetseite: www.bhskl.de. Dort können auch Fragen gestellt und Meinungen geäußert werden.

Die Autorin Anett Kirchner ist freie Journalistin, wohnt in Steglitz-Zehlendorf, und schreibt als lokale Reporterin regelmäßig für den Zehlendorf Blog des Tagesspiegels. Folgen Sie Anett Kirchner auch auf Twitter.

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