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Binationale Ehen in Berlin: Die Ehe ist sowieso ein Wagnis

Durch Heirat mit einem Ausländer lässt sich das Abenteuer noch steigern. Mehr als jeder Fünfte, der in Berlin heiratet, wählt einen Partner von anderswo.

Von Fatina Keilani

„Manchmal kommt richtig der Türke in mir raus“, sagt Murat L. und lacht. „Dann bemerken Sabine und ich doch einen Unterschied der Kulturen.“ Wenn man bei Sabines Familie für 15 Uhr zum Kaffee eingeladen sei, dann müsse man pünktlich erscheinen und dürfe erst etwas essen, wenn alle am Tisch säßen. „Mein Vater und ich fangen dann manchmal schon an“, so Murat. Das sei aber nicht böse gemeint. Probleme bereiteten die kulturellen Unterschiede ihnen nicht, sagt der 38-Jährige. „Es hat ja auch Gründe, dass wir uns so gut verstehen.“

Murat und Sabine L. liegen damit voll im Trend. Mittlerweile heiratet mehr als jeder fünfte Berliner einen Ausländer, meist türkischer Herkunft. Deutsche Männer ehelichen zwar am liebsten Türkinnen, aber fast genauso gern Polinnen, dann Russinnen, Ukrainerinnen und Chinesinnen. Deutsche Frauen gaben mit großem Abstand am häufigsten türkischen Männern das Jawort, nämlich in knapp 30 Prozent der Fälle, orientierten sich ansonsten aber eher nach Westen; sie heirateten mit Vorliebe US-Amerikaner, Briten, Italiener und Franzosen.

Jede fünfte neue Ehe in Berlin ist binational

Die Zahl binationaler Ehen steigt seit Jahren. Waren es im Jahr 2008 noch 2126 binationale Hochzeiten, so sind es im vergangenen Jahr schon 2884 gewesen. Das geht aus der Antwort des Senats auf eine parlamentarische Anfrage der Piraten hervor, die am Mittwoch veröffentlicht wurde. Der Senat stützt sich dabei auf Zahlen des Amts für Statistik.

Demnach wurde 2008 in Berlin insgesamt 11 762 Mal geheiratet; der Anteil der binationalen Ehen lag bei 18,1 Prozent. Im vergangenen Jahr stürzten sich 13 222 Paare in das Abenteuer Ehe, davon erhöhten 21,8 Prozent den Wagnisfaktor noch durch Heirat mit einem Ausländer oder einer Ausländerin. Hochzeiten zwischen Deutschen mit und ohne Migrationshintergrund sind in dieser Aufstellung natürlich nicht eingerechnet.

Zu eingetragenen Lebenspartnerschaften mit ausländischen Partnern gibt es keine Zahlen

Laut Innenstaatssekretär Bernd Krömer werden noch keine Zahlen zu eingetragenen Lebenspartnerschaften mit einem ausländischen Partner erhoben. Die Frage des Abgeordneten Fabio Reinhardt, wie viele Ausländer durch Eintragung der Lebenspartnerschaft eine Aufenthaltserlaubnis erlangt haben, konnte der Senat ebenfalls nicht beantworten. Das zu erheben, sei zu aufwendig.

Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) beklagt immer wieder, dass die deutschen Frauen, die einen Türken heiraten, nicht wüssten, worauf sie sich einließen. Er denkt dabei auch an häusliche Gewalt.

Von so was ist man im Hause L. entfernt. Dort ist das Problem eher, dass jeder das letzte Wort haben will. „Ich sage auch oft etwas aus dem Bauch heraus, ohne die Rechtslage zu kennen“, sagt Murat L. „Sabine arbeitet in der Verwaltung. Bei ihr darf man nur den Mund aufmachen, wenn man vom Thema Ahnung hat.“

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