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Schickes Design. Das neue Bio-Hotel im Szenekiez in Friedrichshain. Foto: dapd

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Berlin: Bio-Hotel lässt sich nicht vertreiben

Nach dem Farbanschlag werden die Spuren der Attacke schnell beseitigt Mitarbeiter betonen „positive Kontakte zur Nachbarschaft“.

Drei Tage nach dem Anschlag soll von der schwarzen Farbe an der Hauswand des Bio-Hotels nichts mehr zu sehen sein. „Wir schließen die Reinigungsarbeiten noch heute ab“, sagt die Chefin Alexandra Müller-Benz. Dann werden nur noch die kaputten Scheiben und die zersplitterte automatische Eingangstür an die Attacke auf das Almodóvar-Hotel in der Boxhagener Straße 83 erinnern.

In der Nacht zum Montag kurz nach 2 Uhr hatten mehrere Personen Steine gegen Fenster geworfen und Farbe gegen die Fassade gesprüht. Daraufhin riefen Mitarbeiter der Rezeption die Polizei. Die Vermummten flüchteten anschließend unerkannt in Richtung Holteistraße. Wie hoch die Schäden sind, ist bislang nicht bekannt. Wegen eines möglichen politischen Hintergrundes der Tat ermittelt der Staatsschutz.

Noch in der Nacht reinigten einige Mitarbeiter die Eingangshalle des Hotels, um sie am nächsten Tag für die Gäste zugänglich zu machen. Durch ein angeklapptes Fenster hatten die Unbekannten Teerfarbe gekippt.

„Unsere Mitarbeiter waren schockiert“, sagt Müller-Benz. „Aber wir machen weiter. Wir lassen uns nicht aus dem Konzept bringen.“ Erst vergangene Woche war das Hotel in Friedrichshain eröffnet worden. Es ist zugleich eine Weiterbildungsstätte für Gesundheits- und Therapieberufe. So gibt es Ausbildungen für Kunst-, Musik- sowie Tanztherapeuten. „Wir sehen uns als ein soziales Projekt, wir sind keine Hoteliers oder gar ein Investorenprojekt. Wir sind Pädagogen“, sagt Müller-Benz, die früher Kunsttherapeutin war und nun die Geschäftsführung von der Ausbildungsakademie Campus Naturalis GmbH übernommen hat. Weitere Filialen gibt es in München, Hamburg und Frankfurt am Main.

Vor dem Umzug nach Friedrichshain hatte die Akademie Räume in den Kurfürstenhöfen in Mitte gemietet. Nun kommt der Hotelbetrieb hinzu. Mit dieser Verbindung soll eine neue Bildungsumgebung entstehen.

Für den Standort in Friedrichshain-Kreuzberg hatte sich die Campus Naturalis GmbH entschieden, weil viele ihrer Auszubildenden aus dem Bezirk kommen und hier ein großes Interesse für soziale Berufe besteht. „Außerdem wollen hier viele Menschen umweltbewusst leben. Unsere vegetarische Küche und das ganze Hotelkonzept entsprechen dem“, sagt Müller-Benz.

Offenbar gebe es aber auch Gegner im Kiez, denen das nicht gefällt. Doch andererseits habe man sehr positive Kontakte zu den Nachbarn. Viele seien zur Begrüßung ins Hotel gekommen. Hört man sich auf der Boxhagener Straße um, gibt es aber auch kritische Stimmen. „Dieses Hotel will sich bewusst von uns abheben“, sagt eine junge Mutter, die in der Nähe wohnt. Sie beklagt die steigenden Mietpreise im Bezirk und sieht in dem neuen Objekt einen Grund dafür.

Die hohen Mieten und die damit einhergehende Gentrifizierung waren in der Vergangenheit häufig der Grund für Anschläge. Erst im Juni hatten vier Maskierte im Norden Neuköllns die Schillerbar beschmiert und fünf Scheiben eingeschlagen. Auch dort fühlten sich die Eigentümer in der Nachbarschaft akzeptiert. In Kreuzberg war im vergangenen Jahr viel über das Feindbild „Tourist“ diskutiert worden. „Berlin doesn’t love you“ und „Go home, tourist“ war auf Aufklebern auf Häuserwänden zu lesen. Daraufhin veranstalteten die Grünen des Bezirks eine Diskussionsabend mit dem Titel „Hilfe, die Touris kommen!“. Der Saal im Wrangelkiez war damals rammelvoll, viele Kiezbewohner nahmen den ironischen Titel eher wörtlich und machten ihrer Empörung Luft.Bettina Malter

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