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Berlin: Boing, Boing, Boing!

Im Stadtbad Wedding beginnt die Flummi-WM

Boing, Boing. Geht ja noch. Ist mit dem Flummispielen offenbar wie mit dem Radfahren. Das verlernt man nicht. Boing – und fangen, Boing – da prallt er wieder vom Boden hoch, Boing – oh nein, wo flutscht er denn jetzt hin? Direkt am langen Arm vorbei, über den Beckenrand und die ganze blau geflieste schräge Fläche runter. Erst ganz am Ende vom Schwimmbecken trudelt die durchsichtige mit Glitzersternchen durchsetzte Gummikugel aus. Wenigstens ist im kleinen Becken des Stadtbads Wedding kein Wasser mehr drin. Seit 2002 schon nicht mehr, als der sanierungsbedürftige, inzwischen wild mit Graffiti besprühte Kasten in der Gerichtstraße von der Badeanstalt zur Partylocation mutierte.

Am Sonnabend steigt hier das erste Flummiturnier Berlins, Deutschlands, wenn nicht gleich der ganzen Welt, was so genau natürlich niemand sagen kann. Am wenigsten Jan Köppen, der sich den Spaß zusammen mit seinem Kumpel Lukas Gehner ausgedacht hat. Im Internet habe er zumindest nichts über eine andere Flummi-Weltmeisterschaft gefunden, sagt er, warum also nicht die „Flummi Open“ im Stadtbad Wedding zu einer ausrufen?

Höchste Zeit dafür ist es ja, denn dass Flummispielen es inzwischen vom Kinderkram zum Hipsterhobby gebracht hat, hat sich in der Stadt herumgesprochen. Jan Köppen ist 28, gebürtiger Hesse, 2005 in den Prenzlauer Berg zugezogen und dotzt schon seit fünf Jahren mit den Hüpfbällen rum. Dotzen? Dotzen, oder besser noch aufdotzen – so heißt das, wenn man den Flummi gegen Boden oder Wände prallen lässt. Bei der Flummi Open gibt es dafür einen Parcours im leeren Schwimmbecken. 16 Spielerduos messen sich hier im Werfen, Fangen, Punkte sammeln. Einen mit Helium gefüllten Luftballon andotzen und den Ball wieder einfangen, ist eine der Stationen.

Jan Köppen selbst trainiert eine Stunde am Tag. Allerdings grinst er, als er das erzählt. Regelmäßig zieht er mit Freunden Flummi spielend durch die Stadt. Eine tolle Dynamik habe das, sagt er, den Gummiball gegen diese ganzen Flächen zu dotzen „Gehwege, Hauseingänge, Dächer, Türen, Fenster“. Aua, Fenster? „Keine Bange, da passiert nichts.“ Wenn er nicht gerade Ball spielt, ist er Fernsehmoderator bei Viva und dem ZDF und betreibt zusammen mit seinem Flummikumpel das kleine T-Shirt-Label „Snatch“. Viva, T-Shirts, Flummis – klingt nach dem vollen Berufjugendlichenpaket. Köppen lacht und sagt, dass es ihm einfach ums Flummispielen geht. Der sei Spaß und Kindheitserinnerung und Freiheit. Freiheit? „Na, weil er so unkontrollierbar herumspringt.“

Zum WM-Flummi bringen es im Stadtbad übrigens nicht die kleinen Modelle aus den Automaten, die schon seit den Sechzigern Kinderhosentaschen ausbeulen, sondern etwas dickere Dinger. 42 Millimeter Durchmesser ist die Turniergröße. So wie sie das bockige Modell mit den Glimmersternen hat, den Jan Köppen gerade eingestaubt aus der hintersten Ecke des Beckens birgt. Boing Boing, hat ganz schön Schmackes das Ding. „Manche sind geklebt, manche durchgeformt“, fachsimpelt Köppen über einer Schachtel mit fluoreszierenden und marmorierten Bällchen. Und sie stinken – boah – nicht nach Gummi, mehr nach Diesel. Dagegen helfen Sonnabend Getränke und DJ-Sets. Bällchenspielen üben kann dann jeder, auch wenn die Turnierplätze schon vergeben sind. Muss ja auch. Denn bisschen Botschaft ist bei Flummifreak Jan Köppen dann doch dabei. „Wir wollen dem Flummi die Plattform geben, die er verdient“, schmettert er. Na, dann mal – Flummi frei!Gunda Bartels

Stadtbad Wedding, Gerichtstraße 65, Wedding, Sa 1. Oktober, 14 Uhr, Eintritt: 2 Euro

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