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Berlin: Bund kassiert - Mieter frustriert: Moabiter Werkhof vor Verkauf. Gebot der Handwerker und Künstler zu niedrig

Schmiedeeiserne Zäune, Kopfsteinpflaster, Backsteingebäude - der Werkhof an der Lehrter Straße erscheint idyllisch. Tischler, Schlosser, Grafiker, Architekten, Fotografen, eine Musikerin und eine Filmfirma haben sich in den vergangenen Jahren in dem ehemaligen Corps-Bekleidungsamt unter anderem niedergelassen.

Schmiedeeiserne Zäune, Kopfsteinpflaster, Backsteingebäude - der Werkhof an der Lehrter Straße erscheint idyllisch. Tischler, Schlosser, Grafiker, Architekten, Fotografen, eine Musikerin und eine Filmfirma haben sich in den vergangenen Jahren in dem ehemaligen Corps-Bekleidungsamt unter anderem niedergelassen. Die Mieten sind günstig, sie können in Ruhe arbeiten.

Nach dem Regierungsumzug hat die zentral gelegene Gewerbeimmobilie enorm an Wert gewonnen. Der Eigentümer, die Oberfinanzdirektion (OFD), will die denkmalgeschützten Bauten verkaufen. Künstler und Handwerker befürchten hohe Mieten und das Aus für den Werkhof. Bezirks- und Bundespolitiker setzen sich inzwischen beim Bundesfinanzministerium dafür ein. Währenddessen verhandelt die OFD bereits mit einem Interessenten über den Verkauf.

"Der Zug ist abgefahren", sagt OFD-Sprecher Helmut John. Im Frühjahr hatte die OFD den Werkhof zum Kauf ausgeschrieben. Etwa 25 Interessenten machten Angebote, darunter auch die Mieter, die speziell zu diesem Zweck eine "GbR Werkhof L 57" gründeten. 5,7 Millionen Mark lautete ihr Angebot. Zu wenig für die OFD. Um die zehn Millionen Mark wollen Mitinteressenten angeblich zahlen. Bestätigen wollte John die Zahl nicht, nur dass der Mieterverein mit seiner Offerte im hinteren Feld der Bieter liege. Beim Verkauf habe seine Behörde Weisung, "ausschließlich fiskalische Gesichtspunkte" gelten zu lassen. Kultur zu subventionieren sei nicht Aufgabe seines Hauses. "Auch wenn sich das brutal anhört."

Es gebe durchaus Beispiele, bei denen die OFD Rücksicht auf kulturelle oder Mieterinteressen genommen habe, sagt Jörg Zander von der GbR Werkhof 57. Er vermutet, dass die Finanzdirektion Einnahmen erziele, die weit über dem Verkehrswert liegen. "Sie setzen das Höchstgebot mit dem Verkehrswert gleich", sagt Zander. Er fordert weitere Gespräche. Möglicherweise gelinge es den Mietern, selbst einen Investor zu finden, der ihre Interessen berücksichtigen und gleichzeitig ihr Angebot aufstocken könne.

Peter Riedel, der im Werkhof eine Schlosserei betreibt, sagt, er stelle sich schon auf einen Umzug ein. Wie viele andere Mieter auch hat er einen Mietvertrag über drei Monate, der bislang immer wieder verlängert wurde. Dass er als Mieter in dem Ensemble vage Aussichten hat, sei ihm aber von Anfang an klar gewesen. Sein Nachbar, der Tischler Christian Fiedler, nimmt an, dass der neue Eigentümer bei einem hohen Kaufpreis gezwungen sein wird, die Mieten heraufzusetzen. Dann "bleibt mir nichts anderes übrig als auszuziehen". Er wundre sich, dass der Staat in Kauf nehme, Existenzen zu gefährden. Auf Mittelstandsprogramme könne er dann auch gleich verzichten.

Die BVV Tiergarten hat das Bezirksamt beauftragt, sich für den Werkhof stark zu machen. "Der Spielraum für Kunst und Kultur wird immer enger. Alles wird dem Kommerz geopfert", sagt der SPD-Bezirksverordnete Oliver Esterl. Bürgermeister Jörn Jensen (Grüne) will Finanzminister Hans Eichel (SPD) bitten, die OFD von ihrer Weisung zu entbinden. Zudem setzen sich die SPD-Bundestagsabgeordneten Jörg-Otto Spiller und Renate Rennebach für den Werkhof ein. "Man soll die Hoffnung nicht fahren lassen", sagt Esterl.

Tobias Arbinger

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