zum Hauptinhalt

Camp am Oranienplatz: Flüchtlinge in Kreuzberg fühlen sich diffamiert

Unter den Flüchtlingen am Oranienplatz herrscht eine aufgeheizte Stimmung. Seit einer Woche gibt es Berichte, dass es einen sexuellen Übergriff im Umfeld des Camps gegeben haben soll. Dazu kommen interne Spannungen zwischen den Asylbewerbern.

Im kleinen Zirkuszelt am Oranienplatz steht die Luft: Es ist feucht und stickig. Die Stimmung ist aufgeheizt. Einige der in Kreuzberg campierenden Flüchtlinge und ihre Unterstützer haben dort zu einer Pressekonferenz eingeladen. Heikles Thema: der Vorwurf, im Zusammenhang mit dem Flüchtlingscamp sei es zu einem sexuellen Übergriff gekommen, wenn nicht sogar zu einer Vergewaltigung. Auf der linken Internet-Plattform Indymedia hat eine mutmaßliche Helferin im Camp bereits Ende Mai anonym berichtet, sie sei Opfer eines Übergriffs geworden. Unklar blieb, wer der Täter war. Es wird lediglich angedeutet, dass die Tat sich in einer Wohnung, nicht im Camp oder der besetzten Schule abspielte und der Mann wohl aus der Unterstützerszene stammte.

Heikles Thema. Viel wollten die Flüchtlinge am Oranienplatz nicht zu den Berichten über einen sexuellen Übergriff im Umfeld des Camps sagen. Sie fühlen sich dadurch diffamiert.
Heikles Thema. Viel wollten die Flüchtlinge am Oranienplatz nicht zu den Berichten über einen sexuellen Übergriff im Umfeld des Camps sagen. Sie fühlen sich dadurch diffamiert.

© dpa

Da der Vorfall in der vergangenen Woche gerade von den Boulevardmedien groß aufgenommen worden war, fühlen sich die Bewohner des Camps diffamiert. „Wir lassen es nicht zu, dass uns Stereotype zugeschrieben werden und unsere Würde so verletzt wird, indem man uns mit kriminellen Handlungen in Verbindung bringt“, sagt Jennifer, eine der Frauen im Flüchtlingscamp. Abraham, ein weiterer Flüchtling, sagt: „Das ist eine Phantomdebatte.“ Man kenne weder ein Opfer noch einen Täter. „Wir haben keinen Hinweis darauf, dass etwas im Camp oder der Schule stattgefunden hat.“ Nach Auffassung der Flüchtlinge dient die Diskussion nur dazu, von den eigentlichen Forderungen der Flüchtlinge abzulenken. Diese seien Abschaffung der Residenzpflicht, die Möglichkeit zu arbeiten und Schließung der Sammelunterkünfte, „der Lager“. Vertreter der Unterstützer können ebenfalls nicht viel zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen. Einer von ihnen – er nennt sich Jan – sagt, dass auch den „Supportern“ weder die betroffene Frau noch der Aggressor bekannt sei. Nur so viel könne er sagen: Eine Gruppe um die Frau habe den Indymedia-Text beim Plenum des Camps in die Diskussion gebracht. Jetzt veröffentlichen die Unterstützer eine Erklärung, in der es unter anderem heißt: „Frauen finden Unterstützung in unserer Bewegung, weil wir aufeinander aufpassen, damit unter uns keine sexuellen Übergriffe passieren.“ Die Helferszene ist Jans Angaben zufolge offen, besteht aus zwei- bis dreihundert Menschen, die sich in unterschiedlichen Konstellationen zwei Mal in der Woche zu Plenumssitzungen treffen. Bei den Flüchtlingen scheint es derzeit starke Spannungen zu geben: Immer wieder unterbricht ein Flüchtling aus Nigeria die Pressekonferenz lautstark und wirft den Rednern vor, nicht für das Camp zu sprechen. Er selbst hat aber zum Thema auch nichts beizutragen.

Zur Startseite