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Charlottenburg-Wilmersdorf macht den Zensus-Check: Bezirk setzt sich über Veto des Datenschutzbeauftragten hinweg

Ein Bezirk auf der Suche nach seinen Einwohnern: Wo sind sie nur geblieben, die 30 000 plötzlich fehlenden Menschen in Charlottenburg-Wilmersdorf? Das will der Bezirk jetzt wissen - und trotz Vetos des Datenschutzbeauftragten Namen auf Klingelschildern überprüfen.

Charlottenburg-Wilmersdorf lässt sich nicht bremsen und will, wie angekündigt, und gegen das Veto von Berlins Datenschutzbeauftragten Alexander Dix ab sofort die Ergebnisse der Volkszählung überprüfen. „Ich habe Herrn Innensenator Henkel die Rechtsauffassung des Bezirks übermittelt und ihn gebeten, uns die 1000 Anschriften durch das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO) zur Verfügung stellen zu lassen“, sagte Bezirksstadtrat Klaus-Dieter Gröhler (CDU). „Auch der Datenschutzbeauftragte muss erkennen, dass die Verwaltung das Recht und die Möglichkeit haben muss, festzustellen, wie viele Menschen tatsächlich im Bezirk wohnen.“ Es könne einer Kommune nicht verwehrt werden aufzuklären, ob sie tatsächlich 290 000 oder 320 000 Einwohner hat.

Nach Auffassung des Bezirksamtes besteht nach Paragraph 3a Absatz 2 des Meldegesetzes für das Bezirksamt die Möglichkeit, von Amts wegen zu ermitteln, wenn sie Kenntnis von einer erheblichen Unrichtigkeit des Melderegisters erhält. Wie berichtet, hatte die auf Hochrechnungen von Stichproben beruhende Volkszählung für Charlottenburg-Wilmersdorf 30 000 weniger Einwohner ergeben. „Unterstellt, das Zensus-Ergebnis wäre zutreffend, muss das Melderegister unrichtig sein. Damit wäre die Grundlage für das Handeln des Bezirks gegeben“, betonte Gröhler. Es will endlich wissen, für wie viele Menschen der Bezirk künftig planen muss.

Und warum plötzlich so viele fehlen. Sind es Manager, die sich an-, aber nicht abgemeldet haben? Eltern, die sich Scheinadressen besorgt haben, um eine anerkanntere Grundschule für ihr Kind in dem Bezirk zu ergattern? Gröhler gegenüber dem Tagesspiegel: "Das alles können Erklärungen sein, aber ich glaube nicht in der zahlenmäßigen Höhe für unseren Bezirk daran. Das muss noch andere Gründe haben." Auch der Zensus sei nicht gottgegeben und könne Zahlen- und Ermittlungsfehler bergen. Für ganz Berlin sind es jedenfalls 180 000 Einwohner, die laut Zensus fehlen.

Alle Statistiken des Statistischen Amtes Berlin-Brandenburg sind damit überholt. Und die Stadt muss das Geld aus dem Länderfinanzausgleich zurückzahlen. Insgesamt gibt es nun vier unterschiedliche Datensätze - Mikrozensus, Melderegisterzahlen, die Fortschreibungen dieser Melderegisterzahlen der Senatsverwaltungen - und jetzt die Volkszählung. Welche Daten aber stimmen nun? Der Senat und das Statistikamt haben bereits interne Arbeitsgruppen gegründet.

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