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Rechtsanwalt Thomas Schwenke ist auf Internetrecht spezialisiert.

© privat

Community-Management in Berlin (4): "Abmahnungen kosten Zeit und Nerven""

Am 26. und 27. Oktober treffen sich Community- und Social Media Manager aus ganz Deutschland zum mittlerweile sechsten Mal zum Community Camp in Berlin. Thomas Schwenke, Rechtsanwalt mit Fokus auf Marketing- und Datenschutzrecht über die rechtlichen Fallstricke beim Community-Management.

Thomas Schwenke ist Rechtsanwalt mit Fokus auf Marketing- und Datenschutzrecht, berät Community-Betreiber , war  selbst als Community-Manager tätig und ist Autor des Buchs „Social Media Marketing und Recht" im O'Reilly-Verlag.

Herr Schwenke, Sie haben sich bereits am Anfang Ihrer Karriere auf Internetrecht spezialisiert. Wie beurteilen Sie die Entwicklung der letzten Jahre in diesem Bereich?

Was sich, aus rechtlicher Sicht, auf jeden Fall verändert hat, ist das E-Mail-Marketing. Früher machte sich niemand Gedanken darüber ob man seine User anschreibt oder nicht. Man hat es einfach getan. Da ist man heute um einiges vorsichtiger und legt, vermutlich aus Respekt vor den Konsequenzen, viel mehr Wert darauf ob in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen rechtlich geregelt ist, welche E-Mails an die User verschickt werden dürfen oder ansonsten eine Einwilligung in Werbezusendungen vorliegt. 

 

Was hat sich, vor allem im Bezug auf Communities und ihre rechtlichen Rahmenbedingungen, am meisten verändert?

Eine wichtige Veränderung für Online Communities ist auf jeden Fall der Bereich der Urheberrechte. Das liegt unter anderem daran, dass Bildabmahnungen fast automatisiert verschickt werden. Das heißt, das sind Algorithmen, die prüfen, ob sie die Bilder, mit denen sie gefüttert sind, irgendwo im Netz finden. Und wenn die in einem Forum auftauchen, geht (fast) automatisch eine Abmahnung raus. Diese unberechtigten Abmahnungen machen 20% aller Abmahnungen in Community-Fällen aus. Früher hat sich kaum einer Gedanken darum gemacht, ob die Nutzer Rechte an den Bildern haben, die sie in der jeweiligen Community teilen – da gab es aber auch keine Abmahnungen deswegen.

Hat das für die Community-Betreiber rechtliche Folgen?

Die Abmahnung wird in der Regel, aufgrund des Haftungsprivilegs, zurückgewiesen. Auf den Hinweis hin können sie den betreffenden Inhalt löschen. Es ist aber trotzdem ärgerlich, weil es Zeit und Nerven kostet - und man sich mit der Thematik auseinandersetzen muss.

Was in dem Kontext auf jeden Fall auch zugenommen hat, sind die Nachfragen nach Informationen über die Nutzer. Das heißt, wenn jemand merkt, dass der Community-Betreiber nicht abgemahnt werden kann, dann will er die Daten des Nutzers haben. Das gab es früher viel weniger. Was auch daran liegt, dass es früher dafür keine so eindeutigen Rechtsgrundlagen wie heute gab.

Gibt es da einen Unterschied zwischen Non-Profit Communities und Profit-Organisationen?

Wenn man eine Community mit geschäftlichem Hintergrund betreibt, also dort zum Beispiel mit den Anzeigen Geld verdient, dann hat der Bildrechteinhaber ein Recht auf Auskunft über die Nutzerdaten. Das heißt, als Community-Betreiber steht man in einem Spannungsverhältnis, zwischen den Aufforderungen der Rechteinhaber und dem Schutz eigener Nutzer. Hier gilt es mit Fingerspitzengefühl zu handeln, da eine Verschleierung der Daten zu einer Schadensersatzpflicht führen kann.

Sind die Nutzer sensibilisierter für ihr Verhalten als früher?

Die Nutzer sind auf jeden Fall rechtlich besser bewandert und wissen, welche Rechte sie haben. Wenn im Forum oder der Community keine Netiquette existiert, wissen die Nutzer, dass die Betreiber nicht einfach negative Beiträge löschen können, nur, weil die einem nicht gefallen.

Community-Management ist also nicht mehr so simpel, wie noch vor ein paar Jahren?

Nein, das ist um einiges komplizierter geworden. Als Community-Manager muss man viel mehr aufpassen, es sind einige rechtliche „Fallstricke“ dazugekommen.

Man muss die Kontrolle behalten

Kann man schon von Abmahnungswellen sprechen?

Im Hinblick auf Bildabmahnungen kann man es durchaus tun. Auch die Anzahl von Impressumsabmahnungen, z.B. bei Facebook hat ein großes Maß angenommen.

Wie zum Beispiel? Worauf muss man als Community-Manager besonders achten?

Auf jeden Fall sollte man darauf achten, dass man die Kontrolle behält. Das bedeutet, ordentliche Nutzungsbedingungen zu haben. Dazu gehören zum Beispiel eine Netiquette oder allgemeine Community-Richtlinien, in denen man genau festlegt, worüber man möchte, dass die Mitglieder sprechen und worüber nicht. Nur, weil etwas negativ klingen mag oder nichts mit der vorgestellten Grundausrichtung des Forums zu tun hat, dürfen die Beiträge nicht gelöscht werden. Denn wer einen öffentlichen Diskussionsraum eröffnet, muss alle Meinungen, die weder gegen das Gesetz, noch gegen die Hausregeln verstoßen, zulassen.

Die Nutzer haben sonst ein Recht darauf, dass deren Beiträge wiederhergestellt werden oder sie wieder als Mitglied aufgenommen werden, wenn sie wegen solcher Vorfälle gekündigt worden sind. Dies ist bereits durch Gerichtsentscheidungen bestätigt worden.

Ein anderer Punkt ist der, dass man die User genügend instruiert, dass sie sich an die Urheberrechte halten. Das heißt, wenn ein Urheberrechtsstreit vor Gericht geht, achten die die Richter darauf, ob zum Beispiel in den AGB oder den Community-Richtlinien Hinweise stehen wie: „Ladet nur Bilder hoch, an denen ihr auch die Rechte habt“ oder „Falls Personen auf den Bildern sind, fragt diese vorher um Erlaubnis / Einverständnis“.

Gibt es ein Beispiel für wirklich misslungenes Community-Management an dieser Stelle? Wo was wirklich schief gelaufen ist, wo man sich mit wenigen, einfachen Handgriffen viel Arbeit hätte ersparen können?

Es gibt natürlich einige Beispiele. Ein häufiger Fehler, den ich im Netz immer wieder beobachte ist der, dass einfach amerikanische AGB übernommen werden. Es gibt dort häufig eine Klausel, mit der sich deren Verwender  wirtschaftliche Nutzungsrechte an allen Inhalten der Nutzer einräumen lassen. Wenn man solche Klauseln mit aufnimmt, dann übernimmt man gleichzeitig auch die Haftung für alle Beiträge, die die Nutzer schreiben und kann sich nicht mehr auf das Haftungsprivileg berufen. Wenn man also kein Geschäftsmodell hat, diese nutzergenerierten Daten zu monetarisieren, sollte man auch die Haftung für diese nicht übernehmen.

Das Haftungsprivileg kann auch entfallen, wenn man die Beiträge "per Hand" freigibt oder erklärt sie alle zu prüfen. Denn Haftungsprivileg bedeutet, dass es fremde Beiträge sind und man selbst keine Kenntnis von dem Rechtsverstoß hat. Sobald man etwas händisch freischaltet, macht man sich die Nutzerbeiträge zu eigen und haftet so, als ob man sie selbst verfasst hätte. Also ist rechtlich ist ein Community-Manager, der sich Augen und Ohren zuhält besser gestellt als jemand, der schreibt „wir prüfen alle Inhalte, sollte uns was durchgerutscht sein, sagen sie bitte Bescheid“.

Am 26. und 27. Oktober 2013 treffen sich Community- und Social Media Manager aus ganz Deutschland zum mittlerweile sechsten Mal in der Cimdata Medienakademie Berlin zum CommunityCamp (#ccb13), einem Themencamp der beliebten Barcampreihe. Initiatoren und Teilnehmer freuen sich auf zwei intensive Tage des Wissensaustausches und Networking rund um die Fragestellungen, wie veränderte Möglichkeiten der Kommunikation und des Dialogs, unser soziales, politisches und wirtschaftliches Miteinander verändern.

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