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Große Pläne fürs Anschutz-Areal. Rund um die Großhalle soll ein neues Stadtviertel entstehen. Anwohnerinitiativen aus Friedrichshain-Kreuzberg sehen das kritisch.

© Simulation: promo

Daimler-Gebäude: Das Hochhaus ist erst der Anfang

Das Daimler-Gebäude an der Mühlenstraße soll weitere Investoren anlocken. Die Anti-Mediaspree-Aktivisten hingegen sehen das kritisch - sie fordern den Wohnungsbau.

Das Hochhaus mit dem Stern auf dem Dach wird kommen, so viel scheint sicher. Im Frühjahr 2013 soll das gläserne, rund 50 Meter hohe Gebäude südwestlich von der O2-World an der Mühlenstraße stehen. Auch wenn ein erfolgreicher Bürgerentscheid 2008 unter anderem forderte, auf Hochhausbebauung an der Spree zu verzichten und Vertreter der linken Szene mit Bezug auf die geplante Vertriebszentrale von Mercedes- Benz an der Großarena von einer „Gefährdung des sozialen Friedens“ sprechen: Mercedes-Benz und der Bauherr, die Vivico Real Estate, sind entschlossen, über die Berliner Traufhöhe von 22 Metern zu bauen. So viel wurde auf einer öffentlichen Informationsveranstaltung am Montag im Postbahnhof deutlich, die als „nachbarschaftliches Kennenlernen“ angekündigt war und von lautstarken Protesten der Projektgegner begleitet war.

„Das Gebäude wird, das zeigt ein Gutachten, die Luftzirkulation nicht beeinträchtigen, und durch die eingeschossige Unterebene kommt es auch nicht zu einer Gefährdung des Grundwassers. Außerdem entspricht ein Hochhaus der städtebaulichen Tradition in Friedrichshain“, begründet bei diesem Anlass der Chef der Vivico Berlin, Henrik Thomsen, das Festhalten an den Bebauungsplänen des Architektenbüros Gewers & Pudewill. Harald Schuff, Vertriebschef von Mercedes-Benz in Deutschland argumentiert, dass Berlin durch das Projekt rund 1200 Arbeitsplätze erhalten bleiben, die sonst möglicherweise nach Stuttgart verlagert worden wären. Da die Entfernung zum jetzigen Standort am Potsdamer Platz nur wenige Kilometer Luftlinie betrage, müssten die Mitarbeiter keine neuen Wohnungen suchen. „Daher glaube ich nicht, dass es in Friedrichshain-Kreuzberg zu Verdrängungsprozessen kommen wird“, so Schuff. Architekt Georg Gewers weist außerdem darauf hin, dass „ein Hochhaus ja durchaus auch Vorteile hat, da es platzsparend ist“.

Für die Gegner des Projekts aus dem Umfeld der Initiative „Mediaspree versenken“ alles keine Argumente. Mit ironischen Zwischenrufen, teilweise auch mit persönlichen Beleidigungen unter anderem gegen den ebenfalls anwesenden Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne), verschaffen sich die Männer und Frauen Gehör, während der auffällig gut gekleidete Großteil des Publikums fast durchweg schweigt. „Dieses Projekt ist symptomatisch für die Entwicklung Berlins. Der dringend benötigte günstige Wohnungsbau hat zugunsten von Homogenisierungsprozessen in den Innenstadtbezirken keine Chance“, kritisiert Initiativensprecher Carsten Joost. Darüber hinaus sei das Mercedes-Hochhaus ja nur der Stein, der an diesem Standort erst alles ins Rollen bringen solle. „Das kehren die Verantwortlichen gern unter den Teppich“, so Joost. Tatsächlich ist im Postbahnhof keine Rede von den großen Plänen, die die Anschutz-Gruppe auf dem umliegenden derzeitigen Parkplatz- und Brachenareal rund um die Großarena vorhat. Von Michael Kötter, dem Chefentwickler der Gruppe, wird Mercedes-Benz nämlich als „Anker-Investor“ gesehen, der attraktive Investoren – und mit ihnen weitere, doppelt so große Hochhäuser wie die geplante Mercedes-Benz-Zentrale – nach sich ziehen soll.

„Eine lebendige Nutzung des gesamten Areals ist wünschenswert. Allerdings sollte man von der geplanten Bebauungsdichte abrücken“, sagt dazu Bürgermeister Schulz. Einen Tag nach der Infoveranstaltung wertet er diese jedenfalls insgesamt als positiv. „Ich hatte den Eindruck, dass Mercedes-Benz verstanden hat, dass sie hier nicht wie mit einem Ufo landen können.“ So hofft er, dass der neue Mieter Kooperationen mit Einrichtungen aus dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg eingeht und freut sich über dessen prinzipielle Dialogbereitschaft. Unter der Adresse www.vivico-dialog.de ist jetzt eine Internetseite freigeschaltet, auf der Bürger Fragen zum Projekt stellen können. Einmal im Monat beantwortet die Vivico die von den Nutzern am höchsten bewertete Frage.

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