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Das Bild von der Teilung. Wie hier im Regierungsviertel wird an mehreren Stellen in der Stadt an die Menschen erinnert, die ihren Fluchtversuch aus Ost-Berlin in den Westen mit dem Leben bezahlten. Foto: ddp

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Neue Erkenntnisse: Das Kreuz mit den Mauertoten

Alexandra Hildebrandt, Leiterin des Mauermuseums am Checkpoint Charlie, hat mal wieder nachgezählt: Sie kommt auf 1400 Maueropfer – mehr als im Vorjahr.

Die Zahl der Mauertoten wird immer größer. Zumindest laut einer am Dienstag von Alexandra Hildebrandt vorgestellten, jährlich aktualisierten Liste. Sie ist die Leiterin des Mauermuseums am Checkpoint Charlie.

Die von Alexandra Hildebrandt und ihren Mitarbeitern ermittelte Zahl der Todesopfer des Grenzregimes liegt mittlerweile bei 1393. 55 neue Namen wurden im Vergleich zum Vorjahr der Liste hinzugefügt. Neun Fälle wurden gestrichen, weil sich bei weiteren Nachforschungen herausgestellt hatte, dass diese Menschen durch Unfälle ums Leben gekommen waren, die nicht mit dem Grenzregime in Verbindung standen.

Hildebrandts Liste war bereits in der Vergangenheit scharf kritisiert worden. Auch zur aktuellen Aufstellung äußert sich Axel Klausmeier, Direktor der Stiftung Berliner Mauer, mehr als skeptisch: „Es ist nicht ersichtlich, auf welcher wissenschaftlichen Basis diese neuen Zahlen ermittelt wurden.“ Gemeinsam mit dem Potsdamer Zentrum für Zeithistorische Forschung legte die Gedenkstätte Berliner Mauer im vergangenen Jahr eine Dokumentation von insgesamt 136 Todesopfern vor. Die große Diskrepanz zwischen den beiden Zahlen liegt vor allem daran, dass Hildebrandts Liste ein wesentlich weiter gefasster Begriff zugrunde liegt, welche Toten als Mauertote gelten sollten. Ihre Liste bezieht auch Opfer mit ein, die an der innerdeutschen Grenze, der Grenze zu Drittländern oder in der Ostsee ums Leben kamen. Auch werden Opfer des „Grenzregimes der Sowjetischen Besatzungszone“ mit eingeschlossen. Einer der neu hinzugekommenen Fälle ist der Grenzsoldat Karl-Heinz I. – den vollen Namen nannte Hildebrandt aus Rücksicht auf die Angehörigen nicht –, der sich 1961 das Leben nahm. Als Grund wird angegeben, dass ihm „das Ausmaß der Tragödie“ bewusst geworden sei. Bei einer anlässlich der Veröffentlichung der neuen Zahlen abgehaltenen Pressekonferenz kritisierte Hildebrandt außerdem, der Senat würde ihr den Aktenzugang nicht erleichtern. Die rot-rote Koalition habe „kein Interesse daran, dass die richtige Anzahl der Toten bekannt wird“.

Torsten Wöhlert, Sprecher der Kulturverwaltung, wies diesen Vorwurf zurück.

Stephanie Kirchner

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