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Reinickendorf: Demo gegen NS-Kriegsverbrecher bleibt friedlich

Rund 50 Menschen haben am Samstag in Reinickendorf die Auslieferung eines 91-jährigen Anwohners an Italien gefordert. Der Mann war in Italien in Abwesenheit wegen NS-Kriegsverbrechen zu lebenslanger Haft verurteilt worden.

„Wir stehen hier vor Ihren Häusern, weil wir Ihren Nachbarn kennen“, schallt es von einem Demonstrationswagen mitten in einer idyllischen Reinickendorfer Reihenhaussiedlung. Der besagte Nachbar ist der 91-jährige Helmut O., ein verurteilter NS-Kriegsverbrecher, der in der näheren Umgebung wohnt. Rund 50 linke Demonstranten haben sich zu einer Kundgebung zusammengefunden. Sehr zum Erstaunen der Anwohner.

Denn von den Leuten, die in Hörweite der Kundgebung wohnen, hat niemand Helmut O. zum Nachbarn. Um die Privatsphäre von O. zu schützen, hatte die Polizei die Demonstration einige hundert Meter verlegt. Nur ein in unmittelbarer Nähe zu Helmut O.s Wohnung postierter Streifenwagen lässt die genaue Adresse erahnen. Während die Organisatoren der Kundgebung das Vorgehen der Polizei kritisieren, begrüßen einige Passanten die Verlegung. „Hier vorne an der Hauptstraße kriegen das doch viel mehr Leute mit“, bemerkt eine Frau.

Tatsächlich ernten die Demonstranten an der Lindauer Allee Ecke Klenzepfad viele neugierige Blicke. Die meisten Zuschauer haben sie wohl an den Fenstern der umliegenden Häuser, als sie über Lautsprecher von den Gräueltaten berichten, derer Helmut O. überführt sein soll. Ein Militärgericht in Italien hatte ihn im Juli zusammen mit sechs anderen Deutschen in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt. Der Ex-Wehrmachtssoldat O. soll 1944 an Massakern in Norditalien beteiligt gewesen sein, bei denen mindestens 350 Zivilisten ums Leben kamen. Die Demonstranten fordern die Auslieferung des Mannes an Italien.

Die meisten Anwohner sympathisieren am Sonnabend mit der Kundgebung. Für Verwirrung sorgt einzig das zentrale Kundgebungstransparent: „Hier wohnt ein verurteilter Nazi-Mörder“, steht darauf. Im ersten Moment fürchten einige Passanten, hier würden Rechtsradikale gegen jemanden demonstrieren, der Nazis ermordet hat. Die verteilten Flugblätter können die Situation jedoch schnell aufklären. Nur einen Kritikpunkt hat ein Anwohner: „Hier müssten 1000 Leute stehen und nicht bloß 50.“

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