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Berlin: Der Zauberwürfel

Poolzimmer, Oldtimer im Haus, verschiebbare Glaswände: Diese Luxusvilla in Grunewald ist supermodern.

Ein Hotel? Ein Museum für moderne Kunst? Aber mitten in Grunewald? Vielleicht doch eher ein Doppelhaus – oder was soll der Knick in der Fassade? Wer den wuchtigen Bau von der Straße aus betrachtet, wird nicht schlau aus dem, was er sieht: eine futuristische Fassade voller weißer, verschieden gekanteter Fliesen und drei auf unterschiedlicher Höhe angebrachte Fenster. Wenn man das Gebäude auf dem 1500-Quadratmeter-Grundstück umrundet, werden die Fragezeichen nur größer: Oberhalb der verglasten Front windet sich eine grüne Schräge über zwei Ecken bis in die dritte Etage, oben links ragt ein verglaster Kasten weit nach vorne in die Luft. Das Ganze erinnert an einen aus den Fugen geratenen Zauberwürfel, den man nie wieder in die richtige Form bekommt.

„,Versteh ich nicht!’ – so reagieren viele“, sagt Bauherr Christian Malorny, der seit Mai 2012 mit seiner Familie in dieser Grunewald-Villa wohnt. Skeptiker lädt er dann einfach zur Hausbegehung ein. „Danach haben die meisten keine Vorbehalte mehr.“ Kein Wunder, was sich von außen nicht auf Anhieb erschließt, ist innen luftig, hell und großzügig: Das sogenannte Atrium im Erdgeschoss ist zugleich Wohn- und Esszimmer; verschiebbare Glaswände und Vorhänge können den riesigen Raum teilen respektive vergrößern und – Christian Malorny schiebt die Glaswand auf, hinter der sich das Schwimmbecken befindet – zum Poolzimmer umfunktionieren. Auch die verglaste Front zum Garten lässt sich vollständig öffnen.

Dort sitzen neben Christian Malorny auch Architekt Harald Schindele und Bauleiter Manuel Sedeño auf der Terrasse. „Das Haus ist komplett in Teamarbeit entstanden“, sagt Malorny. Ein Jahr lang steckten die drei fast jedes Wochenende ihre Köpfe zusammen und tüftelten, wie die Wünsche der Familie am besten umzusetzen seien. „Meine Frau wollte ein Schwimmbad, ich eine Tiefgarage für meine Oldtimersammlung.“ Wie viele Millionen der Bau kosten würde, war dagegen kaum ein Thema. Und den Töchtern war das Haus ohnehin egal. „Die wollten einen Hund.“ Mit Einzug des italienischen Jagdhund-Welpen vor ein paar Wochen wurde auch der letzte Wunsch erfüllt.

Knapp fünf Jahre dauerten Planung und Bau der Luxusvilla, darüber ist sogar eine Freundschaft der drei entstanden. „Das ist eher selten, oft kriegen sich die Parteien irgendwann in die Haare“, sagt Harald Schindele vom Architekturbüro Hirschmüller und Schindele. „Aber wir haben uns auch mal kreativ gestritten, das gehört dazu, denn nur so kann man Ideen entwickeln“, wirft Manuel Sedeño ein, dessen Architekturbüro auf Bauleitung spezialisiert ist. Während Harald Schindele der kreative Kopf ist, der bei Zahlen schlechte Laune bekommt, ist Manuel Sedeño der Mann für die harten Fakten: Was ist handwerklich überhaupt machbar, welche Materialien eignen sich? Wie lange dauert das und wie teuer wird das Ganze?

Dass den Planern finanziell wie zeitlich kaum Grenzen gesetzt waren, hat natürlich zum Gelingen des Projekts beigetragen. „Gerade das Finetuning funktioniert nur mit genügend Zeit, und die haben uns die Bauherren zum Glück gegeben“, sagt Sedeño. Bauherr Malorny, gelernter Maschinenbauingenieur, interessiert sich für Technik und hat selbst viele Ideen eingebracht. Zum Beispiel die App: Die wurde eigens für das Haus programmiert. „Moment!“ Christian Malorny springt vom Gartenstuhl auf und kommt mit dem i Pad wieder. „Das hier ist die Kamera“, er wischt über die Oberfläche und auf dem Bildschirm erscheint der Garten. Er wischt weiter: „Hier sind die Musikdateien, für jeden Raum kann man einzeln die Songs und die Lautstärke auswählen.“ Da wird Malorny, Unternehmensberater in leitender Position, zum Spielkind, dem die Technik-Begeisterung in den Augen leuchtet. Auch Temperatur und Licht lassen sich mit der App steuern. Dass das Haus komplett ökologisch sein sollte, beheizt über eine Wasserwärmepumpe, die von einer geothermischen Anlage unterstützt wird, war der ganzen Familie wichtig. Vor dem Haus steht eine Ladestation für das Elektroauto der Familie.

Christian Malorny wollte „kein Schinkel-Imitat“, davon gebe es in Berlin genug. Er wollte „einen Beitrag zur Architektur der Zukunft leisten“. Und das futuristisch anmutende Äußere hat sogar eine Funktion: Der verschachtelte, nach dem Sonnenverlauf geformte Bau mit einer freien Fläche in der Mitte sorgt dafür, dass die Sonne in den an der Nordseite liegenden Garten scheint. „Wenn wir ein normales Haus gebaut hätten, hätte es die Fläche dahinter zu fast jeder Tageszeit verschattet“, sagt Harald Schindele. Nachbar Joschka Fischer guckt angeblich manchmal aus seinem schattigen Garten neidisch rüber.

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