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Designierte Senatorin: Integration soll Gesetz werden

Die designierte Senatorin Bluhm (Linke) will Regelwerk prüfen. Migrationsbeauftragter Piening steht in der Kritik.

Von Sabine Beikler

Die designierte Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales, Carola Bluhm (Linke), will jetzt im Abgeordnetenhaus ein Integrationsgesetz prüfen lassen. Dieses solle Integrationsziele festlegen und die Gründung von Integrationsbeiräten auch in den Bezirken anregen. Dies sagte Bluhm dem Tagesspiegel. Das Integrationskonzept des Senats hält Bluhm für eine gute Arbeitsgrundlage. Sie wolle noch mehr darauf hinarbeiten, dass es auch umgesetzt wird. Mit dem Integrationsgesetz greift die künftige Senatorin eine Anregung des berlinweiten Integrationsbeirats auf.

Unterdessen wird jetzt Kritik an Berlins Integrationsbeauftragtem Günter Piening laut – er habe in der Debatte um die Äußerungen des Ex-Finanzsenators Thilo Sarrazin zu Migranten zu spät und zu leise die Stimme erhoben. Der Vorstandssprecher des Türkischen Bundes Berlin-Brandenburg, Safter Çinar, forderte, der Integrationsbeauftragte müsse künftig unabhängiger von der Landesregierung agieren können. Auch müsse die Zuordnung der Kompetenzen im Senat für die Integrationspolitik genauer geregelt werden, derzeit sei die Aufgabenverteilung zwischen Senatorin, Staatssekretärin und dem Beauftragten zu unkonkret.

Günter Piening, seit 2003 im Amt, ist seit 2006 der Integrationssenatorin unterstellt, davor war seine Stelle der Staatssekretärin zugeordnet. Damit sei sein Amt aufgewertet worden, sagte Piening. Seine Dienstherrin, Carola Bluhm erklärte, die Integrationsarbeit sei eng mit arbeitsmarktpolitischen und sozialpolitischen Anliegen verknüpft, eine enge Kooperation in ihrer Verwaltung daher sinnvoll.

Carola Bluhm nannte die Äußerungen des Bundesbank-Vorstands Sarrazin zur Integration in Berlin rassistisch. Sie würden die Menschen nach Ethnien einteilen und seien in ihrer Pauschalisierung falsch. Der erste Umsetzungsbericht des Berliner Integrationskonzepts, der kürzlich veröffentlicht wurde, habe etwa gezeigt, dass die Zahl der Schüler aus Einwandererfamilien, die das Abitur erreichen, von 13 auf 18 Prozent gestiegen ist.

Der Berliner Migrationsbeauftragte Günter Piening hat sich gestern mit einem Fax an Bundesbankpräsident Axel Weber gewandt, in dem er der öffentlichen Forderung nach dem Rücktritt Thilo Sarrazins Nachdruck verleiht. „Mir ist wichtig, dass Weber direkt aus Berlin von den verheerenden integrationspolitischen Folgen erfährt“, sagte Piening. „Gerade in Kreisen, die das Kosmopolitische so sehr schätzen, sind ,ironisch gemeinte‘ abfällige Bemerkungen à la Sarrazin hoffähig geworden“, schrieb Piening in einer Presseerklärung von Montag.

Diese komme viel zu spät, kritisierten nun mehrere Integrationsexperten. „Ich wünsche mir, dass Herr Piening in der Öffentlichkeit präsenter ist“, sagte Safter Çinar. Der Vorsitzende der Palästinensischen Gemeinde in Berlin, Ahmad Muhaisen, vermisst ebenso, „dass sich Piening deutlicher zu Wort meldet und sich mit den Migrantenverbänden solidarisiert. Es tut mir leid, das sagen zu müssen, aber wenn ich ihn mit Barbara John vergleiche, bleibt Herr Piening auf der Strecke.“

Der Integrationsexperte der CDU. Kurt Wansner, hält Piening gar für einen „Eigenbrötler“. Der früheren langjährigen Integrationsexpertin der Grünen, Bilkay Öney, zufolge, ist Integrationsbeauftragter ein Job, bei dem man „ein Thema mit Schmuddel-Image rüberbringen muss. Dafür bräuchte es mehr Persönlichkeit und Charisma“. Ülker Radziwill, Sprecherin des SPD-Arbeitskreises Integration, sagte, Piening müsse „medial stärker auftreten“. Gerade weil er der Senatorin zugeordnet sei, habe er dazu beste Chancen. Piening habe zwar gute konzeptionelle Ansätze. „Man kann ja gute Lyrik schreiben. Aber wenn die nicht lebt, nützt das überhaupt nichts.“

Carola Bluhm verteidigte Pienings Arbeit. Er sei sehr engagiert und habe viele neue Ideen eingebracht. Kenan Kolat von der Türkischen Gemeinde in Deutschland betonte, Piening habe vor allem bei der Integration von Migranten im Öffentlichen Dienst „in der Verwaltung nicht locker gelassen“. Piening verwaltet in seinem Amt einen Etat von jährlich 4,74 Millionen Euro für Projekteförderung.

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