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Berlin: Die eigenen Wurzeln suchen Die Dritte Generation Ost im Tagesspiegel-Haus

Berlin - Am Anfang war die Wut. Wut darüber, dass Ostdeutsche in den Medien so oft mit Arbeitslosigkeit und Rechtsextremismus in Verbindung gebracht werden – und selbst selten zu Gehör kommen.

Berlin - Am Anfang war die Wut. Wut darüber, dass Ostdeutsche in den Medien so oft mit Arbeitslosigkeit und Rechtsextremismus in Verbindung gebracht werden – und selbst selten zu Gehör kommen. „Das muss man sich mal vorstellen: Zum 20. Jubiläum des Mauerfalls lädt die ARD drei Westdeutsche zur Talkshow ein – und als einzigen Ostdeutschen Wolfgang Thierse!“ Adriana Lettrari, Politologin, 34 Jahre alt, geboren in Neustrelitz und aufgewachsen in Rostock, hat sich oft darüber geärgert. Und eine Konsequenz gezogen: Sie gründete zusammen mit anderen jungen Ostdeutschen eine Initiative, die „Dritte Generation Ost“.

Zur dritten Generation Ost gehören überwiegend heute 25- bis 35-Jährige, die die DDR in Kindheit oder Jugend kennengelernt haben und im vereinigten Deutschland quasi noch einmal sozialisiert wurden. Viele von ihnen sind aus Ostdeutschland abgewandert, einige kommen heute wieder zurück und wollen helfen, ihre alte Heimat aufzubauen. „Man muss seine Wurzeln kennen, wenn man die Zukunft mitgestalten möchte“, sagte Lettrari bei einer Veranstaltung im Tagesspiegel-Verlagshaus am Montag Abend. Die Initiative veranstaltet Biografie-Workshops in den jungen Bundesländern und hat ein Buch herausgegeben: „Dritte Generation Ost – Wer wir sind, was wir wollen“ (erschienen im Christoph-Links-Verlag). Auch Westdeutsche wie der Politologe Henrik Schober, ebenfalls auf dem Podium vertreten, arbeiten in der Initiative mit.

Robert Ide, Leiter des Berlin-Ressorts des Tagesspiegels und 1975 in Sachsen geboren, begleitet die Initiative mit Sympathie und hat einen Text zum Buch beigesteuert. Er warnte allerdings davor, in eine anklagende Haltung zu verfallen oder sich in eine Art Ostalgie-Klub für Jüngere zurückzuziehen: „Die Ostdeutschen haben die schnelle Einheit selbst gewählt.“

„Was ist euer Ziel?“, fragte Tagesspiegel-Chefredakteur Lorenz Maroldt, der den Abend moderierte, mehrfach: Denn das Ziel, Dialoge anzustoßen, sichtbarer zu werden, sich mit den eigenen Wurzeln auseinanderzusetzen, ist nun mal nicht sehr konkret. Aber doch notwendig, denn in vielen ostdeutschen Familien wird bis heute wenig über die Vergangenheit geredet, wie nicht nur Ide beklagt. Eine Erfahrung, die auch Westdeutsche machen – mit den Eltern oder Großeltern aus der Kriegsgeneration. Bei den Gästen kamen die Ernsthaftigkeit und Offenheit der Vertreter der Dritten Generation Ost jedenfalls gut an. Oder, wie ein älterer Tagesspiegel-Leser gegen Ende des Abends sagte: „Ich könnte noch stundenlang mit euch weiterdiskutieren.“D.N.

Informationen unter

www.dritte-generation-ost.de

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