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Berlin: „Die Potsdamer haben gemauert“

Als der Bundestag 1999 von Bonn nach Berlin umzog, zog auch der SPD-Abgeordnete Konrad Kunick (62) mit. Doch nicht die schicken Szeneviertel der Hauptstadt hatten es dem ehemaligen Bremer Hafensenator angetan, sondern der Campingplatz Kohlhasenbrück in Steglitz-Zehlendorf.

Als der Bundestag 1999 von Bonn nach Berlin umzog, zog auch der SPD-Abgeordnete Konrad Kunick (62) mit. Doch nicht die schicken Szeneviertel der Hauptstadt hatten es dem ehemaligen Bremer Hafensenator angetan, sondern der Campingplatz Kohlhasenbrück in Steglitz-Zehlendorf. Hier, an der Grenze zu Potsdam, lebte der Parlamentarier während der Sitzungsperioden für vier Jahre in einem Wohnwagen.

Herr Kunick, Sie sind der prominenteste Camper in Kohlhasenbrück und zugleich der einzige, der ständig hier wohnt. Was ist denn an diesem Ort so besonders?

Kohlhasenbrück ist der beste Campingplatz in Berlin, gerade für Touristen. Hier haben sie eine wunderschöne Parklandschaft, und gleichzeitig ist das Gelände unheimlich gut zu erreichen. Es liegt in Avus-Nähe, und die S-Bahnhöfe Wannsee und Griebnitzsee sind auch gleich nebenan. Es war wirklich sehr kurzsichtig vom DCC (Deutscher Camping Club), den Platz abzugeben. Da ging es vor allem darum, schnell zu verkaufen, damit keine Folgekosten entstehen.

Als Sozialdemokrat müssten Sie doch vor allem sauer sein auf Ihren Genossen Matthias Platzeck. Schließlich hat der heutige Ministerpräsident als Potsdamer Oberbürgermeister auf den Verkauf des Geländes gedrängt.

Potsdam war unter Zugzwang, weil es unter der Finanzhoheit des Landes Brandenburg steht. Und da sind die finanziellen Verhältnisse ja miserabel.

Viele Camper fanden aber, dass der DCC viel zu wenig unternimmt, um das Gelände zu halten.

Als Vorsitzender des Förderkreises der Freunde Kohlhasenbrücks habe ich x-mal Briefe an das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf und den Potsdamer Oberbürgermeister Platzeck geschrieben. Ich habe denen vorgeschlagen, einen Investor zu suchen, der den Fortbestand des Platzes garantiert. Aber die Potsdamer haben total gemauert. Ich kann nur raten, das Gelände nicht dem spekulativen Villenbau zu überlassen.

Jetzt sind Sie Ihr Zuhause los. Wie soll’s denn nun weitergehen?

Um mich geht’s gar nicht so sehr, sondern um die Camper, die schon siebzig, achtzig Jahre alt sind. Deren halbes Leben hängt doch an diesem Ort. Ich wollte ohnehin nur noch ein Jahr bleiben, weil ich nicht mehr für den Bundestag kandidiere. Die verbleibende Zeit wollte ich nutzen, um mich endlich mal etwas intensiver dem Kulturleben zu widmen.

Ein Bundestagsabgeordneter, der im Campingmobil wohnt – das fanden viele Leute ziemlich skurril. Mancher vermutete dahinter sogar Knauserigkeit.

Geld habe ich genug, ums Sparen geht’s nicht. Aber Camping ist mir einfach die liebste Existenzform. Das habe ich schon 1971 auf einem Campingplatz in der Nähe von Bremen entdeckt. Und gerade als alter Paddler weiß ich die große Nähe zum Wasser und zur Natur zu schätzen. Außerdem: Wenn Sie einen vernünftigen Wohnwagen haben wollen, der halbwegs gut ausgestattet ist, kostet das auch ganz schön Geld.

Zeit für Kultur haben Sie bald genug. Kehren Sie Berlin mit der neuen Legislaturperiode trotzdem den Rücken?

Ich habe bislang eigentlich viel zu wenig von Berlin gesehen. Ende September ziehe ich zurück nach Bremen. Aber ich habe in Kleinmachnow einen kleinen Campingplatz am Teltowkanal entdeckt. Da will ich in Zukunft alle 14 Tage hinfahren. Und dann hole ich nach, was ich bisher von dieser interessanten Stadt versäumt habe.

Das Interview führte Frank Thadeusz.

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