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10.9.2011: Aufgebracht. Unter dem Motto „Wer Bürger quält, wird nicht mehr gewählt“ wurde Samstag in Schönefeld demonstriert.

© Davids/Darmer

Großflughafen Schönefeld: Dienstreise in geheimnisvoller Mission

Die Flughafengesellschaft hat ihre Mitarbeiter offenbar ermuntert, vor dem Bundesverwaltungsgericht demonstrieren – für Nachtflüge. Die Fahrt solle als Dienstreise gelten, hieß es.

Schönefeld - Die Flughafengesellschaft hat ihre Mitarbeiter möglicherweise zu einer fragwürdigen Dienstreise ermuntert: In einem Schreiben an die Belegschaft wurden die Mitarbeiter aufgerufen, am 20. September vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gegen ein Flugverbot auf dem Großflughafen BER in Schönefeld in den sogenannten Nachtrandzeiten zu demonstrieren. Zur Begründung heißt es, die Gegner würden „keine Gelegenheit auslassen, um dem BER zu schaden“. Wer teilnehmen wolle, könne sich schon jetzt per E-Mail bei einem Kollegen anmelden „und erhält dann in Kürze weitere Informationen“, heißt es. Und zum Schluss: „Die Fahrt gilt als Dienstreise.“ Unterzeichnet – allerdings nicht handschriftlich – ist der Brief mit „Ihre Geschäftsführung“ und den Namen von Flughafenchef Rainer Schwarz sowie BBI-Bauchef Manfred Körtgen.

Flughafensprecher Ralf Kunkel bestritt am Samstag auf Nachfrage die Echtheit des Briefes und lieferte zwei unterschiedliche Erklärungen für seinen Ursprung: „Entweder das Schreiben stammt von einem übermotivierten Mitarbeiter oder es ist ein Entwurf“, sagte er. Unternehmenschef Schwarz kenne den Brief nicht.

Welche der Erklärungen zutrifft – unabgestimmter Entwurf oder übereifriger Mitarbeiter – ist laut Kunkel bisher nicht geklärt. Sollte die zweite Version gelten, würden die Konsequenzen mit dem betreffenden Kollegen geklärt. Wie ein Mitarbeiter darauf kommen könnte, ein Schreiben im Namen der Geschäftsführung zu verfassen und gleich einen Ansprechpartner für potenzielle Demonstranten zu benennen, vermochte Kunkel nicht zu erklären. Er fügte hinzu, der vom 5. September datierte Brief sei „längst nicht mehr aktuell“. Als möglichen Beweggrund nannte er „den großen Unmut bei den Mitarbeitern über die in Teilen unsachlichen Anwürfe mancher Flughafen- und Flugroutengegner“.

Damit dürfte insbesondere Ferdi Breidbach gemeint sein, der seit rund 15 Jahren als Anführer des Bürgervereins Berlin- Brandenburg (BVBB) gegen den Standort kämpft und bei der Demonstration der Schönefeld-Gegner am Samstag vor dem Flughafen von „Betriebskampfgruppen“ sprach, die nach Leipzig geschickt werden sollten. Die laut Veranstalter rund 8000 Demonstranten am Samstag reagierten mit Buh-Rufen. Der BVBB hat das Schreiben ins Internet gestellt.

Das Bundesverwaltungsgericht verhandelt am 20. und 21. September darüber, wie viele Maschinen zwischen 22 Uhr und Mitternacht sowie morgens zwischen 5 und 6 Uhr in Schönefeld starten und landen dürfen. Die Gegner wollen mit einer Menschenkette ums Gerichtsgebäude ihre Nachtruhe einfordern.

Wie schwierig das Miteinander von Flughafen und Anwohnern geworden ist, kann auch der „Guter-Nachbar“-Button auf der Internetseite des Flughafens nicht verbergen: Bereits Anfang Juli hatten Betriebsräte der Flughafengesellschft in einem offenen Brief „einen Schlussstrich“ unter der Routendiskussion gefordert und auf die Bedeutung des Neubaus für Region, Wirtschaft und Mitarbeiter verwiesen. Der Ton des aktuellen Schreibens ist noch deutlicher: „Schon jetzt formieren sich die Flughafengegner erneut“, heißt es beispielsweise. Für die Mitarbeiter dagegen „kommt ein umfassendes Nachtflugverbot nicht infrage“.

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