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Regisseur Spielberg dreht in den nächsten Wochen in Potsdam

© Reuters

Dreharbeiten in Potsdam: Spielberg verfilmt ersten Agentenaustausch auf der Glienicker Brücke

In Studio Babelsberg haben die Dreharbeiten zu dem Thriller "St. James Place" begonnen, mit Tom Hanks als Star. Das Medienboard Berlin-Brandenburg unterstützt das Projekt.

Babelsberg - Um 8.52 Uhr war der Agentenaustausch beendet. Eine Stunde lang hatten an jenem 10. Februar 1962 amerikanische und sowjetische Offiziere auf der Glienicker Brücke über die genauen Modalitäten verhandelt. Erstere telefonierten zwischendurch mit dem Checkpoint Charlie in Berlin-Kreuzberg, einem Nebenschauplatz dieser längst zum Mythos des Kalten Krieges gewordenen Ereignisse um den „U 2“-Piloten Gary Powers und den KGB-Spion Rudolf Abel. Denn auch ein US-Student, als angeblicher Spion festgehalten, wurde damals ausgetauscht, und auf der Glienicker Brücke wollte man wirklich sichergehen, dass er wohlbehalten im Westen war, bevor Powers und Abel ihren kurzen Weg über die weiße Linie auf der Brücke antreten durften. Obwohl der Pilot den entscheidenden Schritt dann doch schon während des Telefonats tun durfte.

Man wird diese hochdramatischen Minuten in etwa einem Jahr im Kino betrachten dürfen, nach der Regie von Steven Spielberg in Szene gesetzt und innerhalb der Story arrangiert von Tom Hanks als New Yorker Anwalt James Donovan, der den Austausch in mehrjährigen Verhandlungen eingefädelt hatte. Das Drehbuch schrieben die Coen-Brüder.

Die erste Potsdamer Klappe für den „St. James Place“ betitelten Agententhriller ist in diesen Tagen gefallen, wie ein Sprecher von Studio Babelsberg, dem Koproduzenten des Films, mitteilte. Bis Anfang Dezember wird Spielberg in der Region drehen, auf der berühmten, dann eigens gesperrten Brücke aber erst nach den Feiern zum Mauerfalljubiläum am 9. /10. November. Auch im polnischen Wroclaw, dem ehemaligen Breslau, werden bereits Kulissen vorbereitet. Wie die Zeitung „Gazeta Wroclawska“ berichtete, wird im Zentrum der Stadt eine Straße mit heruntergekommenen Gründerzeithäusern als Kulisse präpariert. Gedreht werden soll dort erst in der zweiten Novemberhälfte.

Schauplatz der Geschichte. Blick am 10. Februar 1962 von der West-Berliner Seite auf die Glienicker Brücke, kurz nach dem Agentenaustausch.
Schauplatz der Geschichte. Blick am 10. Februar 1962 von der West-Berliner Seite auf die Glienicker Brücke, kurz nach dem Agentenaustausch.

© picture alliance / dpa

Zur Erholung durch den Botanischen Garten in Potsdam

Neben Hanks sind Mark Rylance, Amy Ryan und Sebastian Koch für Rollen vorgesehen. Das Medienboard Berlin-Brandenburg unterstützt das Projekt mit 500.000 Euro. In New York war bereits seit Anfang September gedreht worden. Das Filmteam hatte zur Vorbereitung unter anderem das Museum Villa Schöningen direkt an der Brücke besucht und sich dort nach möglichen Originalexponaten erkundigt. In der Gedenkstätte KGB-Gefängnis Leistikowstraße hat sich bisher indes noch niemand gemeldet, wie Gedenkstättenleiterin Ines Reich sagte.

Spionagepilot Powers soll die Nacht vor der Übergabe in dem Gefängnis in der damals für normale Potsdamer „Verbotenen Stadt“ verbracht haben – in einem der für die sowjetischen Offiziere ausgebauten Räume im Obergeschoss. Eindeutige Belege gebe es dafür aber nicht, betonte Ines Reich. Powers’ Sohn Francis Gary Powers jr., der ein Museum über die Geschichte des Kalten Krieges gründete, hatte die Gedenkstätte Leistikowstraße 2005 erstmals besucht – und den Kontakt seitdem gehalten.

Sein Vater war am 1. Mai 1960 bei einem Spionageflug über der Sowjetunion abgeschossen und von den Sowjets zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Für die Amerikaner zahlte es sich nun aus, dass der drei Jahre vorher in New York gefasste KGB-Meisterspion Rudolf Abel dank seines Verteidigers James Donovan um die Todesstrafe herumgekommen war – und man in ihm einen Tauschpartner für Powers hatte. Für die Verhandlungen über einen Austausch reiste Donovan damals hinter den Eisernen Vorhang. Er erwirkte unter anderem, dass auch der in der DDR festgehaltene US-Student Pryord zurückkehren durfte.

Das Weiße Haus hatte nachts um 3.20 Uhr New Yorker Zeit die Presse über den Austausch informiert – nur eine knappe halbe Stunde nach den Ereignissen in Potsdam. Auch dort hatte der Austausch ein Nachspiel, wie der Potsdamer Bernd-Reiner Paulke berichtet. Abel blieb demnach zur Erholung noch einige Tage in Potsdam, und Paulkes Vater, der 2011 verstorbene Biologe Erich Paulke, bekam den Auftrag, Abel durch den Botanischen Garten von Sanssouci zu führen. „Abel hat auf meinen Vater einen nachhaltigen Eindruck gemacht“, erinnert sich der Sohn, damals sieben Jahre alt. Abel sei sehr bescheiden aufgetreten und habe ein großes Allgemein-, aber auch Fachwissen über die Pflanzenwelt bewiesen. „An diesen Tag erinnerte lange bei uns zu Hause eine Flasche armenischer oder georgischer Fünf-Sterne-Kognak, der im Wohnzimmerschrank stand“, erzählt Paulke.

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