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Alles Epauletti. Ohne Uniform und Begleiter "Globi" geht bei Alexander Marcus gar nichts. Der Künstler, der in Charlottenburg wohnt, hat ein Faible für Trashiges.

© Thilo Rückeis

Electrolore-König: Alexander Marcus ist Lord Gaga

Der Berliner Dance-König Alexander Marcus hat mit Bela B. einen Kinofilm gemacht – und ein Soundtrack-Album dazu.

Dieser Mann besitzt eine magische Kraft. Er heilt die Kranken, und Blinde können wieder sehen. Sein Name? Pitschi Pitschi Popo! Die Magic Power macht ihm Spaß, oh yeah.

Diese Zeilen stammen aus Alexander Marcus’ neuem Song „Pitschi Pitschi Popo“, einem der Highlights auf seinem dritten Album „Glanz & Gloria“ (Kontor Records). Die Refrains des Berliners sind derart ohrwurmgefährlich, dass der unwillkürlich mit- und nachsingende Hörer Gefahr läuft, sich im Kollegen- und Familienkreis ernsthaft unbeliebt zu machen. „Pitschi Pitschi ...“ – „Aaah! Stopp!“

Elektronische Tanzmusik plus folkloristische Schlagerharmonien plus durchgeknallte Trash-Ästhetik – damit hat Alexander Marcus seit seinem 2008 erschienenen Debüt „Electrolore“ in Großraumdiskos, im Musik-TV und auf Youtube Erfolg. Im Video zu seinem bekanntesten Gaga-Song „Papaya“ schwimmt Marcus algenbehängt im Berliner Teufelssee herum und singt von der großen Liebe. Bei seiner Hymne auf den „Hawaii Toast“ („Spendet in der Not Trost / das ist der Hawaii Toast“) hampelt er in einer Einbauküche herum und schaut Weißbrotscheiben beim Überbacken zu.

Eigentlich heißt Alexander Marcus Felix Renneberg, ist knapp 30 Jahre alt und House-Produzent. Geboren in Berlin, Kindheit bei Oma in den Bergen, inklusive Ziegenmelken, Kindertanzgruppe und jeder Menge Schlager. Den habe er geliebt, nur eins habe er vermisst, und während eines USA-Aufenthalts habe er gemerkt, was: den Bass! Inwieweit das Legende ist – egal. Alexander Marcus ist der „King of Electrolore“, das zählt.

Seine Majestät sind beim Treffen in der Lobby eines Wilmersdorfer Hotels standesgemäß gekleidet. Es gibt Wichtiges zu präsentieren: Erstens das neue Album, das als Soundtrack zu verstehen ist für, zweitens, Alexander Marcus’ neuen Film, der im April ins Kino kommen soll. Marcus, gebräunt und gegelt, trägt Fantasieuniformjacke mit Orden und Epauletten – „Alle wollen Glanz und Gloria“, singt er im Titelsong, „ich will es auch!“

Marcus’ rosa Hose, sein Markenzeichen, sieht dagegen leicht ramponiert aus, mehrmals geflickt. Zehn der maßgeschneiderten Röhren habe er schon verschlissen, sagt Marcus. Auch sein Plastikglobus Globi – „mein Begleiter, mein Partner“ –, ist mit Klebeband geflickt. Der King ist halt viel unterwegs.

So richtig viel dürfe er noch nicht über den Film sagen, sagt Marcus. Nur so viel: „Es geht um den Fall und Wiederaufstieg des Sängers Alexander Marcus. Intrigen, Verrat, Leidenschaft, Liebe, Action – und die neuen Songs.“ Denn „Glanz & Gloria“ ist ein Musikfilm, wie damals die Streifen mit Roy Black oder Elvis Presley. Nur übertriebener, ironischer, beknackter. Hätte Elvis in seinen Filmen eine Affäre mit einer Holzkiste begonnen?

Geschrieben hat Marcus das Drehbuch zusammen mit seinem langjährigen Kompagnon Andreas Coupon, der nicht nur beim Film, sondern auch schon bei all den schrägen Musikvideos des Kings Regie geführt hat. „Von Anfang an war klar: Wir müssen einen Film machen.“ Ende 2011 wurde gedreht, mit winzigem Budget, drei Wochen lang, 14 Stunden am Tag. „Ich hab jetzt noch Augenringe“ – vielleicht behält Marcus deshalb während des Gesprächs die Sonnenbrille auf.

Ein Interview mit Bela B.

Gaststar ist übrigens Ärzte-Schlagzeuger Bela B., der eine Art Waldschrat spielt. Lederbeschürzt und Pfeife rauchend schaut B. dem schicksalsgebeutelten Film-Marcus beim Verschlingen von Brezeln und Hühnerbeinen zu. Dann singen die beiden ein Schmuseduett: „Danke schön, mein lieber Freund, ich danke dir so sehr / Wie du dich grad verhalten hast, das ist mal richtig fair“.

Einige Clips zu den Filmsongs sind bereits im Internet zu sehen. „Soldaten der Liebe“ etwa zeigt Marcus beim Truppenbesuch, er teilt an die Uniformierten Rollschuhe aus, später sitzen alle an einer langen Tafel – eine Abendmahl-Situation.

Alexander Marcus spielt mit Zitaten, ironischen Brüchen, lässt sich nicht festlegen. Er singt in einem Disco-Track „Mongo-Mongo-Mongolei“ – und sagt, er kenne „Dschingis Khan“ nicht. Er lässt sich vom Pornorapper Frauenarzt featuren, aber tanzt den schlenkernden „Homo Dance“. Er remixt die Techno- Marktschreier Scooter – aber auch die Diskurspopper Die Türen.

Ist es eigentlich anstrengend, immer der irre grinsende Schlagerfreak zu sein? Immer diese Rolle zu spielen? Marcus nervt das Wort: „Bei fast jedem Interpreten ist es so, dass es eine private Person gibt und eine öffentliche. Ich bin privat ein ruhiger Typ – auf der Bühne gehe ich aber ab! Ich spiele keine Rolle, das ist eine Seite von mir, die ich auslebe.“ Seine Musik schreibt und produziert er selbst, „alles ist hundert Prozent Alexander Marcus“. Der König hat sein Reich im Griff. Er scheint sich ziemlich wohlzufühlen auf seinem Thron.

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