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Spielfigur mit Hitler-Bärtchen. Das Bündnis „1. Mai – Nazifrei“ übte am Bebelplatz das Besetzen von Wegen und zeigte dabei auch gleich die neuen Plakate.

© David von Becker

1. Mai: Kampf um die Plätze

Keiner kommt durch: Die Polizei will das Kottbusser Tor am 1. Mai abriegeln, Linke üben bereits Sitzblockaden. Wie sich die Stadt auf den Tag der Arbeit vorbereitet.

Teile und herrsche – im Berliner Polizeipräsidium plant man offenbar, Kreuzberg am 1. Mai zu spalten. Nach Tagesspiegel-Informationen soll eines der mobilen Lagezentren der am Tag der Arbeit eingesetzten Polizisten direkt am Kottbusser Tor stationiert werden und so den Bezirk in Nord und Süd trennen. Im vergangenen Jahr hatte es am Kottbusser Tor massive Ausschreitungen gegeben, die von Linksradikalen organisierte „Revolutionäre 1. Mai-Demonstration“ führte 2009 in unmittelbarer Nähe des belebten U-Bahnhofs vorbei, am nahen Mariannenplatz findet traditionell außerdem das von tausenden feier- und trinkfreudigen Jugendlichen besuchte „Myfest“ statt. Polizeigewerkschafter hatten zuletzt immer wieder vor Gewalt durch Autonome rund um den Tag der Arbeit gewarnt.

„Bis zu 1000 Polizisten werden das Kottbusser Tor quasi besetzen“, heißt es aus Justizkreisen. Geplant sei, dort mit zahlreichen Polizeifahrzeugen „eine Art kleine Festung“ zu bilden. Anders als in den Vorjahren könnten so militante Demonstranten nicht in Richtung „Myfest“, wo sich zahlreiche Schaulustige aufhalten würden. Die traditionelle „Revolutionäre 1. Mai-Demonstration“ soll vom weiter südlich gelegenen Kottbusser Damm aus zum Hermannplatz führen. Enden wird der Aufzug zwar wieder in Kreuzberg, aber vermutlich nahe U-Bahnhof Görlitzer Bahnhof – einen Kilometer vom Kottbusser Tor entfernt. Noch laufen die Gespräche zwischen Anmelder und der Polizeiführung, bei der die Details verhandelt werden.

Fast 6000 Beamte werden ab dem 30. April auf den Straßen der Stadt unterwegs seien. Sorge bereitet den Sicherheitsleuten derzeit vor allem der für Mittag am 1. Mai geplante Neonazimarsch. Rechtsextreme wollen von der Bornholmer Straße in Prenzlauer Berg zum S-Bahnhof Schönhauser Allee ziehen, dann weiter in die Wichertstraße und Grellstraße in Richtung Osten. Die Polizei versucht, linke Kundgebungen von dort zu verlegen. Das Bündnis „1. Mai – Nazifrei“ plant derweil auch Aktionen zivilen Ungehorsams: Am Sonnabend übten Aktivisten dafür mit Sitzblockaden. Das von Antifa-Gruppen, Gewerkschaften und Parteien gegründete Bündnis wird von Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) unterstützt.

„Wir werden es mit dezentralen Aktionen zu tun haben“, sagt ein Sicherheitsexperte. „Die Lage in Kreuzberg ist diesmal nicht das Hauptproblem, sondern alles rund um die Nazis in Prenzlauer Berg.“ Dort gebe es viele kleinere Altbau-Straßen, der Kiez lasse sich insgesamt nicht so gut absperren wie etwa Köpenick, wo die rechtsextrem NPD am 1. Mai 2009 vor ihrer Zentrale demonstriert hat. Schon für den Vorabend des 1. Mai sind dieses Jahr antifaschistische Proteste in Treptow geplant. Am Abend des 30. April werden mehrere hundert Linke bei einer Demonstration gegen die in der rechtsextremen Szene beliebten Kneipe „Zum Henker“ erwartet. Die Leiterin des Berliner Verfassungsschutzes, Claudia Schmid, warnte im Tagesspiegel vor Zusammenstößen von Links- und Rechtsextremen in der Walpurgisnacht. Die Fassade des „Henker“ wurde kürzlich durch einen Farbanschlag in Rosa getaucht.

In mehreren Städten befürchten Sicherheitsexperten gewalttätige Auseinandersetzungen. Verfassungsschützer haben neben Berlin auch Hamburg im Blick, wo es ebenfalls eine starke autonomene Szene gebe. Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) kündigte an, Gewalttäter konsequent aus Veranstaltungen heraus vorläufig festnehmen zu lassen.

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