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Für die Beweisführung in späteren Prozessen wird mitgefilmt.

© dpa

Live-Blog: Rückblick: Was am 1. Mai 2010 passierte

1. Mai 2010 in Berlin: Hier haben wir über die Ereignisse des Tages und des Abends gebloggt - und uns über viele Leserreaktionen gefreut.

23.35 Uhr: Eine Gruppe aus Autonomen, deutschen, türkischen und arabischen Jugendlichen und alkoholisierten Krawalltouristen liefert sich auf der Kottbusser Straße immer wieder kleinere Scharmützel mit einem massiven Polizeiaufgebot. Derweil feiern ausgelassene Menschen in den anderen Teilen Kreuzbergs und Neuköllns lieber fröhlich den ausklingenden ersten Mai. Beides dürfte noch bis tief in die Nacht weitergehen.

23.05 Uhr: Auf der Kottbusser Straße haben sich anscheinend noch einmal die versprengten Randalierer gesammelt. Um etwa 22:30 warfen Vermummte massiv Steine auf Polizeibeamte an der Kottbusser Brücke. Nach Angabe von Sanitätern wurde dabei ein Notarzt durch einen Treffer am Kopf verletzt. Außerdem zündeten die Autonomen zwei Container und einen Müllbehälter an. Die Einsatzkräfte riegelten daraufhin die Straße in Richtung Kottbusser Tor mit einer Polizeikette und drei Wasserwerfern ab. Die Lage ist angespannt, hat sich aber wieder beruhigt.

22.50 Uhr: Die Polizei meldete, dass gegen 19:00 Uhr eine rechte Spontanversammlung mit etwa 150 Teilnehmern für das Potsdamer Stadtgebiet angemeldet worden ist. Aufgrund der konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Zusammenhang mit der vorherigen Demonstration in Berlin wurde diese Spontanversammlung jedoch verboten. Die Neonazis, die aus Berlin mit dem Zug in Potsdam ankamen, wurden am Verlassen des Bahnhofsbereichs Potsdam gehindert und durch die Bundespolizei in Zügen bei der Weiterreise begleitet.

22.30 Uhr: Die Polizei meldet, dass einer ihrer Beamten verletzt worden sei und mit dem Krankenwagen abtransportiert werden musste. Er soll in die Feuerwache in der Wiener Straße gebracht worden sein. Möglicherweise habe der Beamte im Bereich der Wiener Straße einen Messerstich in den Rücken abbekommen, hieß es zunächst. Das wird kurz darauf dementiert. Weiteres zu dem Vorfall wird zunächst nicht bekannt.

21.55 Uhr: In der Michael-Brückner-Straße in der Nähe des S-Bahnhofs Schöneweide haben sich gegen 21:00 Uhr 50 Rechtsradikale versammelt. Sie wollten mit insgesamt 200 Personen in einer spontanen Demonstration in den Stadtteil Rudow ziehen. Es blieb jedoch bei den 50 Neonazis, die die Polizei dann bis zur rechten Szenekneipe "Zum Henker" leitete. "Damit sind die von der Straße weg", kommentierte ein Sprecher der Polizei.

21.45 Uhr: An der Ecke von Reichenberger und Ohlauer Straße - nicht weit vom bei ihnen verhassten Nobelwohnprojekt "Carloft" entfernt - errichten Linksautonome eine Barrikade und zünden sie an. Anders als bei den Attacken zuvor ist die Polizei diesmal nicht sofort präsent.

21.10 Uhr: Die Situation hat sich wieder etwas entspannt. Es kommt zwar immer wieder zu kleineren Rangeleien zwischen gewaltbereiten Linken und den Einsatzkräften auf dem Spreewaldplatz und der Wiener Straße, aber eine größere Eskalation konnte bis jetzt verhindert werden. Durch das gezielte und schnelle Eingreifen der Polizei gelingt es den Randalieren nicht, ihre einzelnen Aktionen auf einen Ort zu konzentrieren.

20.45 Uhr: Bis jetzt bleibt es bei kleineren Randalen, die hauptsächlich von schwarz Vermummten ausgehen. Die breite Masse scheint sich nicht mitreißen zu lassen. Trotzdem werden immer wieder Unbeteiligte mit ins Geschehen gezogen, wenn Polizei und Randalierer aneinander geraten.

20.20 Uhr: Auf dem Spreewaldplatz fliegen vereinzelt die ersten Steine, Flaschen und Feuerwerkskörper in Richtung der Polizisten. Ein Teil der schwarzgekleideten Fraktion beginnt sich zu vermummen und scheint unbedingt etwas veranstalten zu wollen. Die Polizei reagiert prompt und versucht in kleinen Gruppen die Krawallmacher aus der Masse zu ziehen. Es kommt zu ersten Festnahmen. Insgesamt ist der Spreewaldplatz quasi abgeriegelt, da Einsatzkräfte in allen umliegenden Straßen stehen.

Polizisten verfolgen Randalierer in der Skalitzer Straße in Kreuzberg.
Polizisten verfolgen Randalierer in der Skalitzer Straße in Kreuzberg.

© dpa

19.50 Uhr: Angekommen. Die Teilnehmer der "Revolutionären 1. Mai"-Demonstration erreichen den Spreewaldplatz ohne größere Zwischenfälle, dafür aber mit einem Rekord. An der Demonstration haben laut Polizeiangaben 10.000 Teilnehmer teilgenommen - doppelt so viele wie im vorigen Jahr. Kurz nach Beginn zünden Vermummte auf einem Hausdach an der Ecke Kottbusser Damm/Urbanstraße Feuerwerkskörper und versprühen den Inhalt eines Feuerlöschers. Sonst bleibt es ruhig. Die Stimmung ist nach dem Erfolg der Gegendemonstration im Prenzlauer Berg aufgekratzt. In der Wiener Straße reihen sich die Polizisten auf, die bis auf Hasssprechchöre bisher weder Steine noch Flaschen abbekommen haben. Das verordnete Alkoholverbot ist jedoch ein frommer Wunsch geblieben.

Den besten Logenplatz hat sich dieser Mann ergattert. Völlig ungerührt schaut er sich die Krawall-Szenen mit an.
Den besten Logenplatz hat sich dieser Mann ergattert. Völlig ungerührt schaut er sich die Krawall-Szenen mit an.

© dpa

19.20 Uhr: Die Demonstration bewegt sich langsam den Kottbusser Damm entlang Richtung Süden und wird an der Spitze vom schwarzen Block dominiert. In Sprechchören skandieren sie "Alerta Alerta", "Antifascista" und "Antikapitalista". Polizisten säumen den Weg der Demonstranten und setzen auf optische Präsenz.

19.00 Uhr: Die mehreren Tausend Teilnehmer der Demonstration setzen sich in Bewegung. Die Polizeiführung schätzt etwa 300 als gewaltbereit ein, 600 gelten als gewaltgeneigt. Insgesamt sind das weniger als im vergangenen Jahr, als die Demonstration schon nach zehn Minuten eskalierte. Weit vorne kann man ein Plakat mit der Aufschrift "Klasse gegen Klasse" sehen. Diese Gruppe hatte im März 2009 Buttersäureanschläge auf Restaurants in Friedrichshain verübt, um so gegen die Gentrifizierung zu kämpfen.

18.30 Uhr: In Kreuzberg beginnt die Kundgebung der "Revolutionären 1. Mai"-Demonstration am Kottbusser Tor. Während der Rede der Antifaschistischen Aktion ist die Stimmung gelassen. Das Bier wird aus Pappbechern statt wie sonst aus Flaschen getrunken. Ein Ergebnis des diesjährigen Flaschenverbots, was von den meisten anscheinend akzeptiert wird. Viele der Anwesenden scheinen von den Gegendemonstrationen der Neonazi-Demo direkt nach Kreuzberg gefahren zu sein. S- und U-Bahnen vom Prenzlauer Berg nach Kreuzberg waren teilweise überfüllt. Anders als im Vorjahr war kein Zug durch das Gelände des Myfestes geplant, wo dieses Jahr wieder über 10 000 Menschen feiern.

18.00 Uhr: Die Bilanz der Neonazis in Berlin ist gemischt. Dass die angemeldete Demonstration in Prenzlauer Berg umkehren musste, bevor sie die Schönhauser Allee erreichte, müssen die Rechten als Niederlage abschreiben. Am Ku'damm jedoch gelang es den Rechtsextremen, die Polizei zu überrumpeln. Ein kleinen Erfolg konnten sie letztendlich also doch für sich verbuchen.

17.30 Uhr: Die Demonstration der Neonazis ist offiziell beendet. Ein Angebot, noch eine Kundgebung auf dem Parkplatz vor der Bösebrücke zu machen, lehnten die Veranstalter ab. Nun werden die Teilnehmer wieder zu den Zügen eskortiert. Alleine lassen will man die Neonazis aber nicht. Sie sollen nicht, wie auf der Hinfahrt am Ku'damm geschehen, gesammelt irgendwo anders in der Stadt aussteigen können. Der Anmelder der Demonstration, Sebastian Schmidtke, hat offensichtlich selbst angeboten, die Route wieder zurückzugehen. Die Polizei hatte ihn auf die Gefahren hingewiesen, die bei einer Weiterführung der Demonstration auf der ursprünglichen Route bestanden hätten. Dies bestätigte ein Sprecher der Polizei. Die Gegendemonstranten reagierten schnell auf die Routenänderung der Demonstration. Als die Neonazis wieder in Richtung der Bösebrücke marschierten, passierten sie ein Plakat an einer Laterne mit der Aufschrift "Und Tschüss!"

16.40 Uhr: Rückzug. Die Demo der Rechtsextremen muss auf Höhe der Seelower Straße umdrehen. Noch auf der Bornholmer Straße machen die Demonstranten kehrt, ohne die Schönhauser Allee erreicht zu haben. Die Sicherheit der Demonstration hätte aufgrund der hohen Zahl an Gegendemonstranten nicht gewährt werden können, so der Einsatzleiter der Polizei, Michael Knape. Gegendemonstranten und Anwohner auf den Balkonen brechen in Jubel aus und rufen "Auf Wiedersehen, auf Wiedersehen" wie im Fußball-Stadion. Bisher scheint es, als würden die Neonazis resignieren und den Anweisungen der Polizei folgen. Doch die Beamten sind vorsichtig. Zu Recht. Einige Ordner der Rechtsextremen stoßen Journalisten zur Seite. Die Polizei greift aber ein. NPD-Politiker Thomas Wulf heizt die Stimmung mit Sprüchen über die angeblich "politische Polizei" und die "linke Journaille" an.

15.55 Uhr: In Kreuzberg feiern unterdessen tausende Menschen ein friedliches Myfest. Schon während der Veranstaltung wird rund um das Kottbusser Tor, der Oranienstraße und dem Mariannenplatz für Ordnung gesorgt. Die Polizei verteilt Postkarten mit der Aufschrift "Halte Deinen Kiez sauber" und Anwohner in orangefarbenen T-Shirts sammeln herumliegende Flaschen in extra dafür bereitgestellte Container.

Der Aufzug bleibt friedlich, doch nach dem Ende der Demonstration fliegen am Spreewaldplatz die ersten Steine.
Der Aufzug bleibt friedlich, doch nach dem Ende der Demonstration fliegen am Spreewaldplatz die ersten Steine.

© ddp

15.40 Uhr: Wolfgang Thierse und Günter Piening wurden von der Polizei sanft hochgezogen und an die Seite geführt. Nach einer Durchsage der Polizei hätten sie das Feld freiwillig geräumt, weswegen ihnen keine Strafverfolgung drohe. Thierse steht weiter am Rand der Demo. "Die Beamten erfüllen ihre polizeiliche und wir tun unsere staatsbürgerliche Pflicht", sagte er zu der Aktion. Die restliche Gruppe aus etwa zehn Politikern und 20 anderen Personen blieb zunächst sitzen und wurden dann doch von der Polizei zum Aufstehen bewegt. Auch sie haben die Straße nun geräumt.

15.30 Uhr Neues von den Neonazis am Ku’damm: Seit 14:30 Uhr ist die Polizei dabei, die Rechtsextremen einzeln in die Gefangenentransporter zu bringen. Nach Angaben eines Polizeisprechers waren die Gruppen zu der angemeldeten Demo unterwegs und stiegen unvermittelt aus. Die sächsischen Polizisten, die den Rechtsextremen als Begleitung zugeteilt waren, versuchten sie aufzuhalten und wurden sofort mit Flaschen beworfen. Lob kam trotzdem von der Berliner Polizei: Die sächsischen Kollegen hätten gut reagiert und die kurzzeitige Randale sofort gefilmt. Entgegen ersten Angaben stammte ein Großteil der Neonazis auf dem Ku’damm aus Berlin. Die Aktion war also wirklich geplant. Die Anwohner folgen den Festnahmen mit einer Mischung aus Entsetzen und Erleichterung.

15.30 Uhr: Nachdem die Gruppe der vornweg laufenden Politiker aufgefordert wurde, sich von der Demonstrationsroute zu entfernen, haben sich die Personen kurzerhand auf die Straße gesetzt und blockieren nun die Demonstration. In scharfem Ton hat der Einsatzleiter der Polizei, Michael Knape, die Politiker namentlich ermahnt "im Interesse eines friedlichen Demonstrationsablaufes" die Blockade aufzulösen. Ansonsten drohe ein Strafverfahren. Thierse & Co bleiben trotzdem sitzen. Um sie hat sich eine Traube von Journalisten und Fotografen gesammelt. Wird die Polizei eingreifen?

15.15 Uhr: Der Zug kommt ins Stocken, da sich immer wieder kleine Sitzblockade bilden, welche aber direkt von der Polizei aufgelöst werden. Auch befinden sich immer noch potentielle Gewalttäter auf den Dächern. Auf zahlreichen Balkonen entlang der Bornholmer Straße haben sich Anwohner versammelt und versuchen die Neonazis mit Kuhglocken, Geschirrgeklapper und lauter Musik zu übertönen.

15.00 Uhr: Im Prenzlauer Berg setzt sich die rechte Demo in Bewegung. Die Einsatzleiter sind sich noch nicht sicher, ob sich die Nazis mit der verkürzten Route zufrieden geben werden. Unterdessen läuft vor dem Zug eine Gruppe von prominenten Politikern, darunter Wolfgang Thierse, der Berliner Integrationsbeauftragte Günter Piening, der Pankower Bezirksbürgermeister Matthias Köhne und der ehemalige Senator für Justiz des Landes Berlin Wolfgang Wieland von den Grünen. Sie tragen Plakate mit der Aufschrift "Berlin gegen Nazis" und stehlen den Rechtsextremen regelrecht die Show. Kurz vor Beginn des Marsches hatte es noch so ausgesehen, als könnte sich die Demo weiter verzögern. Auf den Dächern entlang der Route sind Personen gesichtet worden, die auch mit Steinen warfen.

15.00 Uhr: Der Deutsche Gewerkschafts-Bund gibt die Teilnehmerzahlen seiner 1.-Mai-Demo durch Mitte bekannt - und zwar nach Verkehrsmitteln gestaffelt: Über 6000 Menschen haben sich beteiligt, darunter 100 Radler, über 80 Motorradfahrer und einige Inline-Skater. Beim Maifest auf der Straße des 17. Juni waren demnach 12.000 Menschen. Das Motto der Kundgebungen: „Wir gehen vor! Gute Arbeit – Gerechte Löhne – Starker Sozialstaat“ Die Veranstalter zeigen sich zufrieden, vermuten allerdings auch, dass von Anfang an einige Gewerkschafter nach Prenzlauer Berg gefahren sind, um gegen die Neonazis zu demonstrieren. Nach der DGB-Demo haben sich dann aber auch noch einige mit spontan organisierten Bussen nach Prenzlauer Berg aufgemacht.

Gegendemonstranten auf den Dächern bringen die Neonazi-Demo ins Stocken.
Gegendemonstranten auf den Dächern bringen die Neonazi-Demo ins Stocken.

© dpa

14.50 Uhr Verwirrt in Berlin? Am Ku’damm wurden inzwischen die drei rechtsextremen Gruppen festgenommen. Insgesamt handelt es sich um 240 Menschen, deutlich weniger als zuvor angenommen. Die Gruppen hätten sich aus Ortsunkenntnis verfahren und einen Zug in die falsche Richtung erwischt, heißt es aus Polizeikreisen.  

14.40 Mit knapp drei Stunden Verspätung formieren sich knapp 600 Rechtsextreme in der Bornholmer Straße zum Marsch. Angeführt wird der Zug von Berliner Rechten, die ein breites Frontplakat mit der Aufschrift "Stoßt auf das Tor zur Freiheit" tragen. Daneben sind die üblichen schwarz-weiß-roten Flaggen und Transparenten der Jungen Nationaldemokraten zu sehen. Vermutlich werden die Rechtsextremen nur bis zum S-Bahnhof Schönhauser Allee laufen und dort in die S-Bahn steigen. Auf dieser Strecke stehen insgesamt etwa 100 Gegendemonstranten nur vereinzelt herum. Der Rest sammelt sich hinter den Absperrungen.

14.20 Bei der Polizei im Prenzlauer Berg zeigen sich die ersten Sorgenfalten. Bis auf die von der Polizei freigeräumten Stücke auf der Schönhauser Allee und Bornholmer Straße sammeln sich vermehrt Gegendemonstranten im Bezirk. Doch die anwesenden Neonazis wirken sehr aggressiv. Mit einer Kundgebung würden sie sich nicht zufrieden stellen lassen, sagt auch die Einsatzleitung der Polizei. "Die wollen laufen." Wolfgang Thierse kritisiert das Verbot von Gegendemonstrationen im Ostteil der Stadt. Das heize die Stimmung an. Ob er später noch an einer Sitzblockade teilnehmen werde, wollte er nicht sagen.

Mehrere Gruppen Neonazis versuchen über den Ku'damm zu marschieren. Die Polizei hat die Situation bald im Griff und nimmt die Teilnehmer wegen schweren Landesfriedensbruchs fest.
Mehrere Gruppen Neonazis versuchen über den Ku'damm zu marschieren. Die Polizei hat die Situation bald im Griff und nimmt die Teilnehmer wegen schweren Landesfriedensbruchs fest.

© dpa

14.00 Uhr: Die Polizei hat mit einem Großaufgebot auf die Provokation der Neonazis am Ku'damm reagiert. Drei Gruppen der Rechtsextremen wurden inzwischen eingekesselt. Offenbar sind aber noch weitere Grüppchen in Charlottenburg unterwegs. Der Ku'damm ist ab Leibnizstraße stadtauswärts gesperrt. Ursprünglich seien 400 Rechtsextreme am S-Bahnhof Halensee ausgestiegen, sagte Innensenator Ehrhart Körting dem Tagesspiegel. Körting sprach von einer geplanten Aktion, denn als die Berliner Polizei auftauchte, hätte ein Großteil der Rechtsextremen theatralisch die Hände gehoben. Eine der eingekesselten Gruppen habe sich jedoch der Polizei widersetzt und werde jetzt vermutlich vollständig in Gewahrsam genommen. Die Polizei habe die Situation jedoch schnell in den Griff bekommen. Die Rechtsextremen kommen nach ersten Angaben offenbar aus Magdeburg und Brandenburg. Die Gruppen könnten sich in der Regional- oder S-Bahn zu dieser Aktion verabredet haben, vermutet der Innensenator.

13.45 Uhr: Die Kundgebung der Neonazis in Prenzlauer Berg hat begonnen. 300 Rechtsextreme haben sich inzwischen versammelt. Ein Redner spricht weitschweifig über die Reconquista, die Rückeroberung Spaniens von den muslimischen Besatzern im Mittelalter. Das Ganze wird übertönt durch Reggae-Musik und Kochtopfklappern von umliegenden Balkonen.

13.40 Uhr: Auf dem NPD-Blog, der die rechtsextreme Szene beobachtet, wird schon gejubelt, dass in Naziforen schon von einem "Totalausfall" in Bezug auf Berlin gesprochen wird.

13.30 Uhr: Die Blockade an der Wichertstraße weitet sich aus. Autonome stoßen hinzu und vermischen sich mit den eher bürgerlichen Demonstranten. Mehrere tausend Menschen sind hier inzwischen zusammengeströmt.

13.15 Uhr: Am Kurfürstendamm werden 300 Neonazis gesichtet, die in der Nähe des Adenauerplatzes den Verkehr behindern. Die Einsatzleitung der Polizei bestätigt diese Information, die zunächst einige Twitterer verbreitet haben. NPD-Vize und Demo-Anmelder Sebastian Schmidtke beteuert in Prenzlauer Berg gegenüber der Polizei, er wisse nicht, wer diese Demonstranten seien. Die Polizei hatte von Schmidtke verlangt, er solle auf die Neonazis am Ku'damm einwirken. Doch Schmidtke muss angeblich selbst nachfragen, wer die Ku'damm-Störer seien. Die Polizei ist wenig erfreut.

13.00 Uhr: Entlang der geplanten Marschroute der Neonazis gibt es weitere Sitzblockaden, zum Beispiel an der Greifenhagener- Ecke Wichertstraße. Hier hat sich ein buntes Publikum von Grünen bis gemäßigte Antifa niedergelassen. Die Polizei schaut dem Ganzen zunächst tatenlos zu. In den Nebenstraßen gibt es viele ähnliche Blockaden. Die Gegendemonstranten sorgen sich, dass die Neonazis auf einer alternativen Marschroute womöglich doch durchkommen. Ein anderes Szenario könnte sein: Die Polizei lässt die Neonazis bis zum S-Bahnhof Schönhauser Allee marschieren und bricht dort ab. Das wäre eine Erklärung dafür, dass die Blockade in der Wichertstraße derzeit nicht aufgelöst wird. Von der Bösebrücke bis zum S-Bahnhof Schönhauser Allee ist die geplante Route derzeit ansonsten frei.

12.30 Uhr: Die Polizei kesselt die auf der Fahrbahn verstreuten Gegendemonstranten an der Bornholmer Ecke Malmöer Straße ein. Es entwickelt sich eine spontane Sitzblockade - eher eine symbolische Aktion eines eher bürgerlichen Publikums. Die Blockierer rufen: "Wir sind friedlich, was seid ihr?" Die Polizei zerrt und trägt daraufhin die Demonstranten von der Fahrbahn. Dabei geht es wenig sanft zu. Ein Pressefotograf stellt eine Anzeige gegen einen Beamten wegen Körperverletzung und legt der Polizei eines seiner Fotos als Beweismaterial vor.

Das Bild, das der Fotograf David Baltzer als Beweis einreichte.
Das Bild, das der Fotograf David Baltzer als Beweis einreichte.

© David Baltzer

12.15 Uhr: Schlafen Neonazis länger als Autonome? Gerade einmal rund 30 Rechtsextreme haben sich bislang für ihren Marsch, der eigentlich um 12 Uhr starten sollte, gesammelt. Polizei-Einsatzleiter Michael Knape hat dafür eine plausible Erkärung: Die Neonazis wollen warten, bis potenzielle Blockierer ihren ersten Elan verloren haben, und erst später losziehen. Darüber verhandelt Sebastian Schmidtke, Landesvize der Berliner NPD und einer der Anmelder des Marsches, mit der Polizei. Eine Schlappe wie unlängst in Dresden wollen die Rechtsextremen diesmal verhindern. Dort sahen sich die Neonazis von einer Übermacht der Gegendemonstranten blockiert. Der Marsch fiel aus. Hier kann es nun also dauern.

Auf dem Myfest wird friedlich gefeiert.
Auf dem Myfest wird friedlich gefeiert.

© dpa

12.00 Uhr: Die Kreuzung Bornholmer Straße/Schönhauser Allee ist mit Polizeiwagen zugestellt, wie auch die Nebenstraßen. Ein massives Polizeiaufgebot soll Krawalle verhindern. 7000 Polizisten sind im Einsatz. Im Prinzip ist Prenzlauer Berg abgesperrt. Auch normale Bürger können sich hier nicht mehr frei bewegen.

11.30 Uhr: Die Polizei lässt Wolfgang Thierse durch die Absperrungen. Zwischen Bundestagsvize und Innensenator (beide SPD) entspinnt sich folgender Dialog: Körting: "Wehe du setzt dich auf die Straße, dann geht's aber rund." Thierse: "Wie ist denn die Lage?" Körting: "Die Rechtslage ist klar." Thierse: "Aber die Gegendemonstranten kommen ja noch nicht einmal in die Nähe." Dann fasst Körting seinen Parteifreund kurz an den Arm und geht weg. Die Zahl der Gegendemonstranten auf der Straße schwillt derweil auf 200 an. Unter ihnen sind keine schwarz gekleideten Autonomen. Direkt an der Neonazi-Marschroute halten Jugendliche eine nicht angemeldete Gegenkundgebung. Die Polizei fordert sie mehrfach auf, sich zurückzuziehen. Dann drängt sie die Jugendlichen zurück - ohne Widerstand.

11.15 Uhr: Die ersten Rechtsextremen treffen ein. Sie laufen über die Kreideparolen auf dem Gehweg der Brücke: "Bildung für Nazis" steht dort. Auf angeklebten Zetteln lesen sie: "Folgt Eurem Führer, gebt Euch die Kugel."

11.00 Uhr: Durch Nebenstraßen, Hauseingänge und Hinterhöfe dringen Gegendemonstranten auf die Bornholmer Straße vor. Sie wirken nicht wie Autonome. Ihr Ziel scheint zu sein, die Neonazi-Demonstration friedlich zu blockieren. Die Polizei komplimentiert viele der Protestler zurück hinter die Absperrgitter. Rund 150 verbleiben aber verstreut auf der sehr breiten Fahrbahn. Eine Blockade formiert sich zunächst nicht. An vielen Balkonen und Fenstern hängen Anti-Nazi-Transparente: "Berlin bleibt bunt", heißt es zum Beispiel. Viele durchgestrichene Hakenkreuze sind zu sehen. Auf der Straße mit Kreide geschriebene, verschiedenfarbige Sprüche: "Hinsehen gegen Nazis", oder auch: "Braune Scheiße, ihr kotzt mich so an."

10.30 Uhr: Die Polizei räumt die Fahrbahn vor der Bösebrücke. Die Blockierer werden abgeführt oder weggetragen. Es gibt kaum Widerstand. Drei Wasserwerfer fahren mit aufgeblendeten Scheinwerfern vor, bleiben aber ungenutzt. Die Straße ist wieder frei.

10.15 Uhr: Ehrhart Körting ist auch schon da. Der Innensenator hat die Blockade erwartet, sagt er. Die Linie der Polizei sei klar: Das Demonstrationsrecht der Rechten wenigstens zum Teil zu wahren. Alle Gegendemonstrationen im Ostteil seien verboten worden, betont Körting. Das sei durch die Verwaltungsgerichte bestätigt worden. "Wer trotzdem herkommt, begibt sich ins Unrecht." Das könne er zwar alles verstehen, aber es sei eben doch bewusster Rechtsbruch, sagt der Senator.

10.00 Uhr: Überraschte Polizisten an der Bösebrücke: Rund 150 Autonome sind schon da und blockieren die Zufahrt von Osten her. Eigentlich war mit ihren Protesten erst im direkten Vorfeld des Neonazimarsches ab 12 Uhr gerechnet worden. Doch jetzt fliegen schon zum Frühstück die ersten Flaschen, wenn auch meistens aus Plastik. Die Polizei hält sich zunächst zurück, konzentriert sich aufs Abriegeln, um weitere früh aufgestandene Autonome am Zustrom zu hindern. Achtung eine Durchsage: Straße verlassen, sonst wird aufgelöst. Das bleibt zunächst folgenlos. Auf der Westseite stehen die friedlichen Demonstranten, Grüne und mehr. Im Umfeld Überraschendes: Die FDJ hat plakatiert und dankt den Siegermächten für die Befreiung Berlins von den Nazis. Die Neonazis sind derweil noch auf der Anreise.

Die Nacht zum 1. Mai blieb vergleichsweise ruhig.
Die Nacht zum 1. Mai blieb vergleichsweise ruhig.

© dpa

Am Morgen hatte die Polizei auf eine "wider Erwarten sehr ruhige Nacht" zurückgeblickt, wie es ein Polizeisprecher formulierte. Am Boxhagener Platz in Friedrichshain hatte es vereinzelte Flaschenwürfe und daraufhin 34 vorübergehende Festnahmen gegeben. Zwölf Polizisten wurden leicht verletzt, "konnten aber alle im Dienst bleiben", so der Polizeisprecher.

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