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Autobrand in Berlin: Nun auch Zündler von der Jugendfeuerwehr

© dpa

Experten am Werk: Die Brandstifter von der Freiwilligen Feuerwehr

In Hellersdorf zündeten zwei Jugendliche mehrere Autos an. Die Polizei spürte die Täter über deren Spuren im Neuschnee auf - und fand wahre "Experten" im Umgang mit Flammen.

Bei der Feuerwehr sind sie entsetzt und ratlos. Wie soll man mit diesem Fall nur umgehen? Die beiden Autobrandstifter, die in der Nacht zu Dienstag in Hellersdorf gefasst worden sind, waren Mitglieder der Hellersdorfer Jugendfeuerwehr. Eigentlich sollten sie dort lernen, wie man auf Brände reagiert und sie bekämpft – und nun das.

Der 17-jährige Tatverdächtige ist bereits als Brandstifter aufgefallen, zwei Taten sind in den Polizeiakten registriert. Und nun hat ein Richter Haftbefehl erlassen; der 17-Jährige sitzt in der Jugendstrafanstalt. Der 15-Jährige, der zuvor nicht aufgefallen war, wurde nach der Vernehmung entlassen. Beide hatten die vier Taten gestanden. Die Polizei war den Jugendlichen auf die Schliche gekommen, weil ihre Spuren im Neuschnee sie in der Nacht zu Dienstag verraten hatten. Die Polizei prüft, ob die beiden Verdächtigen für weitere Taten infrage kommen.

„Wir sind dazu da, um Menschen und Sachwerte vor Feuer zu schützen. Wenn dann jemand von uns selbst zum Zündler wird, erschreckt uns das“, sagt Feuerwehrsprecher Stephan Fleischer. Nun wird sich der Chef der Berliner Feuerwehr, Landesbranddirektor Wilfried Gräfling, mit dem Fall beschäftigen. In Kürze wolle er in seiner Behörde klären lassen, wie es dazu kommen konnte, dass zwei Mitglieder zu mutmaßlichen Brandlegern werden und wie man künftig so etwas verhindern kann. Auf den ersten Blick sei ein Ausschluss der naheliegende Schritt. Aber ist es auch der richtige? „Wir wollen ja mit unserer Arbeit eigentlich Einfluss nehmen auf die Jugendlichen“, sagt Fleischer. Es stelle sich auch die Frage, ob man mit den beiden nicht eher arbeiten müsse. Dies werde nun diskutiert und ein Konzept erstellt; auch die Frage, ob jemand bei der Feuerwehr gewusst habe, dass der Ältere der beiden Verdächtigen bereits polizeibekannt war, müsse geklärt werden. „Bei uns ist es keine Standardmaßnahme für die Jugendlichen, ein Führungszeugnis abzugeben“, hieß es. „Es sei denn, der Jugendliche möchte Jugendwart werden, dann fordern wir solch ein Zeugnis an.“

Die Jugendfeuerwehr mit ihren 900 Mitgliedern ist Bestandteil der Freiwilligen Feuerwehr. In Hellersdorf sind es nach eigenen Angaben derzeit zwölf Jungen und vier Mädchen, die sich „spielerisch auf die Aufgaben der Feuerwehr vorbereiten sollen“, wie es hieß. Ab einem Alter von acht Jahren können Kinder dort mitmachen. „Die sind nie bei einem richtigen Einsatz dabei, aber sie lernen unter anderem unsere Fahrzeuge und Geräte kennen, werden mit der Taktik bekannt gemacht und bekommen Grundlagen der Ersten Hilfe erteilt“, erzählt Fleischer. Die Mitglieder der Jugendfeuerwehr seien natürlich der potenzielle Nachwuchs. „Umso schlimmer ist es, wenn dann herauskommt, dass die zukünftigen Brandbekämpfer selbst zu Feuerlegern wurden.“

Dies allerdings kommt immer wieder vor. Allerdings seien diese Taten, zumindest in Berlin, „Einzelfälle“, betont Fleischer. Doch sie erhielten meist besondere „mediale Aufmerksamkeit“, was die Wahrnehmung verstärke. Häufiger komme es in ländlichen Gegenden vor, dass Freiwillige Feuerwehrleute selbst Brände legen, „weil sie unterbeschäftigt sind und endlich mal einen Einsatz haben wollen“, sagt ein Feuerwehrexperte.

„Schwarze Schafe“ gebe es überall, betont Fleischer. Doch eine deutschlandweite Studie von vor ein paar Jahren habe Folgendes zutage gefördert: Von 180 000 Bränden in Deutschland war jeder fünfte vorsätzlich gelegt worden. Das macht 36 000 Fälle pro Jahr. Ein Dutzend davon sei von Feuerwehrleuten gelegt worden, was einem Anteil von 0,3 Promille entspräche, rechnet Fleischer vor. „Daran sieht man, dass das Phänomen ein Klischee ist, das dem Ruf der Feuerwehr auch schadet.“

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