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Ist hier Platz? In Berlin fehlen Fahrradständer.

© Mike Wolff

„Copenhagenize Index 2015“: Berlin rutscht im Ranking der Fahrradtauglichkeit ab

Von Platz 5 im Jahr 2011 auf aktuell Platz 12: Der Copenhagenize Index, der die Fahrradtauglichkeit von Metropolen auf der ganzen Welt bewertet, sieht Berlin auf dem absteigenden Ast. Doch der Senat ist nicht ganz unzufrieden.

Chronisch zugeparkte Radspuren, fehlende Rad-Linksabbiegerspuren und ein akutes Parkplatzproblem für Radler: Obwohl schon viele Versuche unternommen wurden, Berlins Straßen für Radfahrer attraktiver zu gestalten, liegt noch einiges im Argen. Jetzt gibt es weitere Kritik an der Radverkehrspolitik des Senats. Der „Copenhagenize Index“, der die Fahrradtauglichkeit von großen Städten auf der ganzen Welt bewertet, zeigt wie Berlin im Vergleich zu anderen Städten immer mehr ins Hintertreffen gerät. War die Stadt 2011 noch auf Platz 5, ist Berlin mittlerweile auf Platz 12 abgerutscht.

„Berlin beharrt noch immer darauf, in die altmodische Auto-Infrastruktur zu investieren. Für einen Bruchteil des Preises könnte die Stadt ihre Fahrrad-Infrastruktur modernisieren“, schreiben die Autoren. Damit liegen sie auf einer Linie mit Berliner Politikern wie etwa Stefan Gelbhaar (Grüne). Er kritisiert, dass die Priorität des Senats auf der autogerechten Stadt liegt. Im Gespräch mit dem Tagesspiegel sagte Gelbhaar: „So wie hier gerade Radverkehrspolitik gemacht wird, wird Berlin im Ranking noch weiter zurückfallen.“ Er sieht vor allem die sichere Infrastruktur an Kreuzungen als großes Manko. Dass der Radverkehr in Berlin boome, sei trotz und nicht wegen der Radverkehrspolitik des Senats. Ähnlich kritisch äußerte er sich auch kürzlich bei einer Diskussion im Abgeordnetenhaus.

"Mehr Fahrradständer bitte"

Während es in anderen Städten ausgeklügelte Parksysteme für Fahrräder gibt – etwa unterirdische Parkhäuser für Fahrräder in Amsterdam –, fehlen in Berlin noch immer Stellplätze. Außerhalb der Stadt, in Bernau, gibt es ein Fahrradparkhaus; für das Ostkreuz in Berlin gibt es zumindest einen groben Plan. Am Hauptbahnhof ist das Problem besonders sichtbar. Die Autoren des Indexes appellieren: „Mehr Fahrradständer bitte.“

Der Index entstand unter der Führung des dänischen Fahrradlobbyisten Mikael Colville-Andersen, der mit seinem Team Städte für neue Verkehrskonzepte berät. In der Stadtentwicklung ist „Copenhagenize“ mittlerweile ein bekanntes Schlagwort, schließlich ist die Stadt ein Vorbild für fahrradfreundliche Infrastruktur. Nachdem 2011 und 2013 Amsterdam an der Spitze des Indexes stand, ist Kopenhagen mittlerweile auch hier ganz vorn. Der Index bezieht Indikatoren wie radfreundliche Stadtplanung, Verkehrsberuhigung, Sicherheit und den Geschlechteranteil unter den Radfahrern mit ein.

Für Warschau ist Berlin ein Maßstab

Die Situation in Berlin beschreiben die Macher der Studie mit einem Augenzwinkern. Ein bisschen klingt es so, als sei sie typisch für Berlin als Stadt. „Berlin als Fahrradstadt hat Ecken und Kanten. Es könnte viel besser sein, aber die Menschen kommen damit klar.“ Die Berliner hätten verstanden, dass es sinnvoll ist, Rad zu fahren, allerdings könnten sie mit besseren Bedingungen versorgt werden. Positiv aufgefallen seien die vielen Lastenfahrräder in Berlin. Für Städte wie Warschau diene die deutsche Hauptstadt als Maßstab. Besser hingegen sieht es in Barcelona aus – dort seien viel mehr Straßen verkehrsberuhigt und damit gut für Fahrradfahrer. Die Stadt sei weltweit unter den Städten mit der größten Zahl an Tempo-30-Zonen.

Senatsverwaltung räumt Nachholbedarf ein

In der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt sieht man die Rangliste durchaus positiv: „Wenn Berlin auf Platz 12 von 122 Städten mit mehr als 600 000 Einwohnern landet, ist das ein gutes Ergebnis. Berlin liegt mit großem Vorsprung an der Spitze aller in den Index einbezogenen großen deutschen Städte“, sagt Sprecher Martin Pallgen. Die Kritik zur Verkehrsberuhigung kann er nicht nachvollziehen: Über 75 Prozent des Straßennetzes in Berlin seien bereits Tempo-30-Zonen. Das gelte mittlerweile auch – zum Teil aber nur temporär – auf über 15 Prozent des Hauptverkehrsstraßennetzes. Pallgen gibt zu, dass Nachholbedarf bei der Infrastruktur bestehe. „Dies gilt auch für das Thema Fahrradparken, bei dem uns die Defizite sehr wohl bewusst sind.“ Zumindest an S- und U-Bahnhöfen seien in den letzten Jahren 27 000 Abstellanlagen entstanden.

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