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Berlin: Faustrecht am Boxhagener Platz

Eine gewalttätige Gruppe verbreitet Angst bei den Anwohnern. Die Polizei erteilte mehrere Platzverweise

Das Bild des Boxhagener Platzes an diesem Montagmittag ist ein vertrautes: In der Mitte, auf der grünen Rasenfläche, liegen vereinzelt junge Menschen auf Decken im Gras, lesen, unterhalten sich. Um die Rasenfläche herum verläuft ein Zaun. Hinter dem Zaun sind alle Bänke besetzt, fast alle von kleinen Gruppen zerrissen aussehender Männer und Frauen mit Bierflaschen, Jägermeister und riesigen Hunden. Auf dem Spielplatz, der auch zum Platz gehört, toben ein paar Kinder, die Mütter sitzen auf den Bänken und lesen.

Jörg Richert sagt, dass viele der Leute, die sonst auf den Bänken die Zeit totschlagen und Bier trinken, zurzeit nicht mehr zum Boxhagener Platz kämen. Weil sie Angst haben. Jörg Richert ist Geschäftsführer von „Karuna e.V.“, einem Verein, der Hilfe für suchtgefährdete und suchtkranke Kinder und Jugendliche bietet. Der Verein betreibt auf dem Boxhagener Platz ein Café, in dem straffällig gewordene Jugendliche ihre Sozialstunden ableisten können.

Seit vier Monaten terrorisiert eine etwa zwölf- bis 15-köpfige Gruppe den Boxhagener Platz, der harte Kern besteht aus sechs Männern. Dieser Gruppe haben die Betroffenen selbst den Namen „Stress-Brigaden“ gegeben, sagt Polizeisprecher Klaus Schubert. Die Mitglieder der Gruppe sind um die 30 bis 45 Jahre alt. „Die Gruppe will auf dem Platz bestimmen, wer dort abhängen kann und wer nicht, sie will Macht ausüben“, sagt Schubert. Die Gruppe versuche, Leute vom Platz zu vertreiben, wenn sich jemand wehrt, komme es zu Pöbeleien und Körperverletzungen. „Wer nicht spurt, kriegt Prügel.“ Die Gruppe verbreite auf dem Platz ein Klima der Angst und der Einschüchterung, die Zahl der Anzeigen sei allerdings nicht gestiegen. „Vielleicht haben die Leute Angst vor Repressalien.“

Andrea Licher-Armbruster ist 46, arbeitslos und kommt fast jeden Tag auf den Platz, um Bier zu trinken. „Hier sind keine Faschos oder Schläger“, sagt sie. Als eine Bekannte sich einmischt und von einer Gruppe erzählt, die Leute bedroht und verprügelt habe, wehrt sie ab.

Die Polizei hat ihre Präsenz auf dem Platz schon seit Juni verstärkt. Pro Woche durchkämmen zehn bis 15 Beamte gleichzeitig den Platz, es habe verstärkt Platzverweise und Festnahmen gegeben. Zwei Mitglieder der „Stress-Brigaden“ befänden sich derzeit in Untersuchungshaft, sagt Klaus Schubert.

Die Probleme auf dem Boxhagener Platz könne nicht die Polizei alleine lösen, sagt Jörg Richert. „Selbst wenn die Stress-Brigaden weg sind, bleiben eine Menge anderer Probleme.“ Der Alkoholkonsum auf dem Platz, die vielen Hunde, die vielen Bevölkerungsgruppen, die den Platz für sich beanspruchen. Eine junge Mutter auf dem Spielplatz erzählt, dass sie neulich von ihrem Balkonfenster aus beobachtet habe, wie eine Gruppe rechts aussehender Männer einen Punk verprügelt hätte. „Viele meiner Freunde, die punkig aussehen, werden in der Gegend um den Boxhagener Platz von Rechten angepöbelt“, erzählt sie.

Jörg Richert merkt an der schwindenden Gästezahl im Café, dass viele Menschen den Platz meiden. „Der Platz muss friedlich zurückerobert werden“, sagt er. Deshalb hat er auch für nächste Woche ein Treffen organisiert. Sein Ziel ist es, einen ständigen Runden Tisch einzurichten, zu dem Bürger, Besucher des Platzes, Bezirksamt und Polizei regelmäßig zusammenkommen. Richerts Meinung nach ist nach der Sanierung des Platzes einiges schiefgelaufen. Mit der Wiedereröffnung des Platzes Mitte des vergangenen Jahres wurde das Quartiersmanagement für den Boxhagener Platz beendet.

Lisa Zimmermann

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