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Nackt zur Demo. Sechs junge Frauen entblößten vor der Moschee an der Brienner Straße in Wilmersdorf ihre Oberkörper.

© AFP

"Femen"-Aktion in Berlin: Nackter Protest vor Moschee

Am Donnerstag haben Aktivistinnen der "Femen"-Bewegung vor einer Moschee in Wilmersdorf gegen Unterdrückung von Frauen im Islam demonstriert. Bei Anwohnern stößt das auf Unverständnis.

Von Sabine Beikler

Sie sind barbusig, halten Plakate hoch und schreien in klirrender Kälte „Fuck your morals“ und „Fuck Islamism“. Sechs junge Frauen stehen am Donnerstag auf den Stufen der ältesten Berliner Moschee in der Wilmersdorfer Brienner Straße. Sie protestieren mit nacktem Oberkörper gegen die „Unterdrückung der Frauen im Islam“, sagt die 22-jährige Studentin Klara. Die Frauen gehören zur 2008 in der Ukraine gegründeten Bewegung „Femen“, die den 4. April zum Tag des „Titslamism“ ernannt hatte, zum nackten Kampf gegen den Dschihad.

Die Aktion der Aktivistinnen startet um 11.20 Uhr, ein paar Minuten später als angekündigt. Sie dauert keine zehn Minuten. Die jungen Damen ziehen sich aus, zeigen ihre Oberkörper, auf denen in schwarzen Lettern „Freedom for women“, „Fuck Islamism“ oder „Free Amina“ steht. Dann klettern sie über den Zaun der geschlossenen Moschee und demonstrieren lautstark vor dem Eingang. Weltweit wurde gestern die Bewegung „Free Amina“ initiiert. Amina Tyler, eine 19-jährige Tunesierin, hatte sich als Femen-Anhängerin barbusig im Internet präsentiert. Der populäre tunesische Prediger Adel Ami hatte gefordert Amina mit hundert Peitschenhieben zu bestrafen und anschließend zu Tode zu steinigen, vor allem um andere Frauen an ähnlichen Protestaktionen zu hindern. Seit mehreren Tagen gibt es laut Femen keinen Kontakt mehr zu ihr. Femen steht mit dem Protest nicht allein da: Auch Vertreter des „Internationalen Komitees gegen Steinigung“ und des „Zentralrats der Ex-Muslime Deutschlands“ übergaben gestern der tunesischen Botschaft in Berlin einen offenen Brief mit der Forderung, den Aufenthaltsort von Amina festzustellen. Tylers Anwältin Belhaj Hmida beteuerte jedoch, ihre Mandantin sei im Haus ihrer Familie und sei wohlauf. Nach anderen Darstellungen ließ die Familie ihre Tochter in die Psychiatrie einweisen.

In Berlin gibt es zurzeit acht Femen-Aktivistinnen. Im Februar beteiligten sich einige am Protest gegen die NPD. Für ihre gestrige Aktion haben sie sich „auch aus Gründen der Aufmerksamkeit“, sagt Klara, bewusst die älteste deutsche Moschee ausgesucht. Das im Winter geschlossene Gotteshaus wurde zwischen 1925 und 1927 im Auftrag der „Lahore-Ahmadiyya-Bewegung“ in Pakistan errichtet. Sie steht für einen „toleranten, weltoffenen und liberalen Islam“ und hat nach eigenem Bekunden keinerlei Verbindung zur Heinersdorfer Ahmadiyya-Moschee. 1990 wurde ein Förderverein für die Wilmersdorfer Moschee gegründet, die seit 1993 unter Denkmalschutz steht. Gepredigt wird übrigens auf Deutsch.

Eine ältere Dame, die gegenüber wohnt, beobachtet die Aktion der jungen Frauen. „Ich verstehe nicht, warum sie das ausgerechnet hier machen“, sagt die Rentnerin, die nicht genannt werden möchte. Alle würden sich hier gut nachbarschaftlich verstehen. „Das hier sind liebe, nette Leute“, sagt sie. Erst vergangene Woche habe ihr der Imam einen Teller warme Suppe vorbeigebracht.

Der Imam heißt Ahmed Saadat. Er hat die Frauenaktion vor der Moschee im Nebenhaus sprichwörtlich verschlafen und kann deshalb den Polizisten auch nichts erzählen, die nach der Beendigung des nackten Protestes erscheinen und die auf den Stufen der Moschee hinterlassenen Plakate begutachten. Ob es eine strafrechtliche Verfolgung wegen Hausfriedensbruch gebe, sei noch offen, sagt eine Polizeibeamtin. Imam Ahmed Saadat kommt aus Pakistan, lebt seit einem Jahr in Deutschland und sagt auf Englisch vor laufenden Kameras, man möge sich doch gegenseitig mit Liebe und Respekt begegnen. Und jeder Mensch habe eine Zunge, mit der man reden und miteinander kommunizieren könne.

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