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Gekommen, um zu bleiben? Die Befestigung des Flüchtlingscamps am Oranienplatz mit Holzlatten hat die politische Kontroverse um das Lager verschärft.

© Kai-Uwe Heinrich

Flüchtlingscamp in Berlin: Innensenator Henkel setzt erneut ein Ultimatum

Innensenator Frank Henkel hat den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg aufgefordert, eine Räumung des Camps am Oranienplatz zu veranlassen. Währenddessen befestigen Flüchtlinge und Unterstützer die Zelte mit Holzkonstruktionen.

In der seit Monaten schwelenden Auseinandersetzung um das Flüchtlingscamp am Kreuzberger Oranienplatz hat Innensenator Frank Henkel (CDU) dem Bezirk ein Ultimatum gestellt, um gegen die Befestigung des Zeltlagers mit Holzplanken vorzugehen. „Das sind Maßnahmen, die ich äußerst negativ sehe und sehr kritisch bewerte“, sagte Henkel am Montag.

In den vergangenen Tagen hatten Flüchtlinge und Unterstützer das seit 15 Monaten bestehende Lager durch provisorische Holzkonstruktionen verstärkt. „Diese Befestigungsarbeiten schaffen kein Vertrauen für die Gespräche“, sagte Henkel mit Bezug auf Verhandlungen, die Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) derzeit nach eigenen Angaben mit den Flüchtlingen führt. Henkel forderte die von den Grünen gestellte Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann, auf, gegen die Befestigung des Protestcamps vorzugehen. Das Bezirksamt sei „in der Pflicht, eine solche rechtswidrige Nutzung des Platzes zu unterbinden“. Bis Freitag erwarte er eine Reaktion. Allerdings hat der Bezirk in der Vergangenheit vergleichbare Aufforderungen Henkels ignoriert. Der sagte daher am Montag auch, er habe „keine großen Hoffnungen“, was seinen Appell an Herrmann angehe.

Die Verhandlungen über die Zukunft des Flüchtlingslagers vom Kreuzberger Oranienplatz kommen offenbar nur stockend voran – wenn überhaupt. Auf die Frage, wer da mit wem über was verhandelt, gibt es sehr unterschiedliche Antworten, je nachdem, welche Beteiligten man fragt. Gerüchte, nach denen Integrationssenatorin Kolat den Flüchtlingen eine „Paketlösung“ unterbreitet haben soll, die eine Duldung der Protestierer und anderer Flüchtlinge ohne Einzelfallprüfung umfassen soll, mochte am Montag allerdings niemand bestätigen.

"Wir sind im Gespräch", heißt es bei der Integrationssenatorin.

„Wir führen Gespräche mit den Flüchtlingen“, ist die einzige Information, die Kolats Sprecher Mathias Gille preisgibt. Zu Inhalt und Verlauf sage man nichts.

Eine Nachfrage bei Barbara John (CDU), einst Berlins Ausländerbeauftragte und neben Kolat als Verhandlerin hinzugeholt, legte allerdings den Eindruck nahe, dass man es mit den Gesprächen nicht allzu eilig hat. „Vor fünf Wochen gab es das letzte Gespräch“, sagt sie. Danach sei von den Flüchtlingen eine Liste mit Namen von Menschen übergeben worden, die ein Bleiberecht in Deutschland forderten. Dass diese Liste, wie am Montag in manchen Zeitungen zu lesen war, inzwischen von 80 auf 600 Namen angewachsen sei, wurde von keinem der Beteiligten bestätigt.

Ein erneuter Anruf bei Kolats Sprecher erbrachte dann eine weitere Information: Das letzte Gespräch mit den Flüchtlingen habe nicht vor fünf, sondern vor zwei Wochen stattgefunden, nur eben ohne Frau John. Diese Woche sei ein weiteres Gespräch geplant, dann wieder mit beiden Verhandlungsführerinnen. Ob da neben der Bleiberechtsfrage auch diskutiert wird, dass die Flüchtlinge ihr Camp in den vergangenen Tagen mit Holzlatten befestigt haben, was scharfe Kritik unter anderem des Innensenators Frank Henkel (CDU) provozierte? Keine Auskunft.

Henkel selbst sieht in dieser Sache allerdings gar nicht Kolat in der Pflicht, sondern Kreuzbergs Bürgermeisterin Herrmann, die er in einem Brief zum Handeln bis zu diesem Freitag aufforderte. Herrmann wiederum sagte auf Anfrage, dass sie seit längerem erfolglos versuche, Kontakt mit Kolat aufzunehmen, die Senatorin dies aber nicht wolle. „Dass da jetzt Hütten gebaut werden, irritiert mich auch“, sagt Herrmann. Aber sie halte sich aus der Sache heraus, sie wisse ja nicht, in welche Richtung Kolats Verhandlungen liefen.

Dass die Senatorin allen Flüchtlingen vom Oranienplatz pauschal eine Duldung angeboten haben soll, erscheint vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Flüchtlingsschicksale allerdings nicht plausibel. So macht eine Duldung für diejenigen Flüchtlinge, bei denen ein Asylverfahren läuft, kaum Sinn, da damit die Abschiebung nur vorübergehend aufgeschoben wäre. Trotz der unsicheren Perspektive könnte eine Duldung einigen Betroffenen allerdings eine kurze Atempause verschaffen.

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