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Flughafenbahnhof: Die täglichen Geisterfahrten zum BER-Bahnhof

Es fährt ein Zug ins Nirgendwo – und zwar täglich. Schuld ist die immer wieder verschobene Eröffnung des BERs, denn die Bahn muss den unterirdischen Flughafenbahnhof belüften - aber nicht nur das.

Klaus-Dieter Rühmann kennt die Strecke. Etliche Male ist der S-Bahn-Triebfahrzeugführer sie schon gefahren, obwohl sie gar nicht in Betrieb ist. Kein Fahrgast ist bisher aus seinem Zug gestiegen, wenn er seinen Endbahnhof erreicht hat. Allein trottet Rühmann dann auf dem Bahnsteig den Zug entlang zum anderen Ende, und steuert den immer noch leeren Zug zurück, vorbei an einem Haltepunkt, an dem die Bahn nicht hält, und wo auch keine Fahrgäste warten. Seit Monaten finden diese Geisterfahrten zum und vom Flughafenbahnhof BER statt, vorbei am neu gebauten Haltepunkt Waßmannsdorf. Die Bahn hält durch das tägliche Befahren der rund acht Kilometer langen Neubaustrecke vom bisherigen Endpunkt im Bahnhof Flughafen Schönefeld zur künftigen Endstation unter dem neuen BER-Termin die Anlagen in Schuss und bringt gleichzeitig durch die Luftmassen, die die Züge vor sich herschieben, frischen Wind in die unterirdische Station. Es soll ja nichts schimmeln.

Die Bahn war startklar zum einst geplanten BER-Eröffnungstermin 30. Oktober 2011. Nach der mehrmaligen Absage der Inbetriebnahme des Flughafens kann die 636-Millionen-Euro-Investition für die Bahnanlagen nicht genutzt werden. Einfach einmotten lassen sich die Anlagen aber auch nicht, sagt Peter Schulze, bei der Bahn einst zuständig für den Bau der Flughafen-Verbindung. „Ein Auto, dass jahrelang nicht bewegt wird, lässt sich danach meist auch nicht so einfach starten“, erklärt Schulze. Und bei der Bahn sei es ähnlich.

Die Weichen müssen sich bewegen; die Signale sich stellen. Und gleichzeitig kontrollieren die Lokführer bei ihrer Fahrt zum Flughafen auch noch die Anlagen, die zudem durch Sicherheitskräfte überwacht werden.

Auch die Kollegen von der Regionalbahn passieren täglich den toten Flughafenbahnhof – ebenfalls mit Leerzügen. Gut ein Dutzend solcher Fahrten finden täglich statt, sagt Berlins Bahnchef Ingulf Leuschel. Die Bahn will dem Flughafen später die Rechnung präsentieren. Grob geschätzt setzt sie monatlich rund zwei Millionen Euro in den Sand.

Selbst die Fahrscheinautomaten sind schon installiert

Dabei war es die Flughafengesellschaft, die die Bahn beim Bauen zur Eile angetrieben hatte. Weil sich die Planungsphase für die so genannte Ost-Anbindung, die Strecke vom Flughafen zu der Görlitzer Bahn, die Berlin mit Cottbus und eben Görlitz verbindet, verzögert hatte, sah es lange so aus, als würde diese Strecke zur damals vorgesehenen Eröffnung des Flughafens nicht fertig. Aber mit einem enormen Aufwand schaffte die Bahn es doch – und hat nun nichts davon. Dabei ist die Brandschutzanlage im Bahnhof nach Angaben von Schulze funktionstüchtig und abgenommen. Die Bahn habe sich dabei an der bewährten Anlage für den Hauptbahnhof orientiert, sagt Schulze. Die Anlage sauge ständig Luft an und registriere dann den bei einem Feuer entstehenden Rauch. Auch Fahrscheinautomaten sind schon installiert; sie werden durch große Planen vor Dreck geschützt. Die Treppen und Aufzüge zum Terminal sind verrammelt. Oben befindet sich ja immer noch eine Baustelle.

Nicht einmal so weit ist man beim Ausbau der Dresdner Bahn, auf der irgendwann der Airport alle 15 Minuten in etwa 20 Minuten vom Hauptbahnhof – an Südkreuz, Marienfelde und Lichtenrade vorbei – zum Flughafen rasen soll. Das Planfeststellungsverfahren für den Neubau von Gleisen für die Fern- und Regionalbahn ziehe sich weiter in die Länge, berichtet Schulze, weil nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Bau der U 5 Unter den Linden nun bereits im Antrag auch der Lärm der Baustelle berücksichtigt werden müsse.

Immerhin sollen die letzten Unterlagen in diesem Monat beim Eisenbahn-Bundesamt eingereicht werden. Der Bau später dauert dann „nur“ etwa fünf Jahre und wird nach derzeitigem Stand rund 560 Millionen Euro kosten. Aber wenigstens fahren dann wohl keine Geisterzüge mehr.

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