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Flugroutengegner vor dem Bundesverwaltungsgericht: Protokoll soll Vertuschung beweisen

Die Gemeinde Kleinmachnow will den neuen Flughafen BER stoppen und zieht dafür vor das Bundesverwaltungsgericht. Jetzt glauben sie, den Vorwurf der Täuschung auch beweisen zu können. Was ist dran am jüngst gefunden Protokoll?

Sie wollen nichts weniger als den Planfeststellungsbeschluss zum Bau des neuen Hauptstadtflughafens BER in Schönefeld zu Fall bringen – und die Inbetriebnahme stoppen. Die Gemeinde Kleinmachnow und örtliche Initiativen, deren Klage am 3. und 4. Juli vor dem Bundesverwaltungsgericht verhandelt wird, glauben nun den entscheidenden Beweis dafür gefunden haben, dass die Öffentlichkeit beim Planfeststellungsbeschluss 2004 getäuscht wurde. Nämlich über die tatsächlichen Auswirkungen bei Flugrouten und Lärm.

Bei einer Akteneinsicht fanden die Kleinmachnower BER-Kritiker jetzt ein Protokoll der damaligen Planungsgesellschaft PPS. Demnach hatte Brandenburgs Verkehrsministerium als Planungsbehörde schon 1998 gerade und parallele Starts und Abflüge zugrunde gelegt, obwohl bereits die Deutsche Flugsicherung (DFS) interveniert hatte, weil sie den gleichzeitigen Betrieb beider Startbahnen nur mit abknickenden Routen für möglich hielt. Anhand der öffentlichen Pläne wurde anschließend jahrelang von geraden Routen ausgegangen, die Anwohner erfuhren erst 2010 von den Abknickrouten, was massive Proteste auslöste. Denn jetzt waren ganz andere und mehr Gemeinden vom Fluglärm betroffen.

Flughafensprecher Ralf Kunkel weist den Vorwurf der Vertuschung zurück. Das ganze habe auch keinen Neuigkeitswert, sagt er. Tatsächlich ist der Vorgang an sich in Teilen bekannt – nun aber glaubt Klägeranwalt Philipp Heinz den Vorsatz der Täuschung mit dem neuen Protokoll beweisen zu können. „Die Planfeststellungsbehörde hat das Verfahren nicht neutral und sachlich durchgeführt“, sagt er. „Sie hat sich der politischen Knute gebeugt, wohlwissend, dass es bei den Routen anders kommt.“

Bildergalerie: Das Debakel um den neuen Flughafen

Wie aus dem Protokoll hervorgeht, hatte die PPS 1998 bei einer Sitzung im Beisein eines Ministeriumsvertreters gewarnt, die DFS-Vorschläge würden alle in der Grobplanung enthaltenen Gutachten zu Lärmschutz und Gesundheitsfolgen hinfällig machen, einen Planungszverzug von vier Monaten und Mehrkosten nach sich ziehen. Bekannt war auch, dass das Ministerium direkt bei der DFS „um eine im Sinne (des Flughafens) liegende Bearbeitung“ bat. Schließlich kamen alle Seiten „vor dem zugespitzten politischen Hintergrund“ überein, dass es beim alten Konzept bleibt, aber auf spätere Routenänderung hingewiesen wird.

Anwalt Heinz setzt ganz auf das Bundesverwaltungsgericht, dem das jetzt gefundene Protokoll bislang nicht vorlag, das aber in einem Urteil zum Nachtflugverbot vom Oktober 2011 bereits Zweifel an den Vorgängen erhoben hatte. Demnach hätte das Ministerium nicht davon ausgehen dürfen, dass die DSF parallele Starts plant.

Konsequenzen hätte es „bei der Festlegung der Schutz- und Entschädigungsgebiete ziehen müssen; diese Gebiete hätte er nicht auf der Grundlage paralleler Abflugrouten festlegen dürfen“. Weil die Kleinmachnower glaubten, keinen Fluglärm abzubekommen, haben sie damals im Planverfahren nichts unternommen. „Wäre die Routenplanung damals schon bekannt gewesen, dann wäre der umstrittene, von der Politik durchgesetzte Standort nicht durchsetzbar gewesen“, sagt Heinz.

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