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Der Landtag während der Sondersitzung.

© dpa

Fördermittel-Affäre in Brandenburg: Der Minister ohne Worte

Seit Wochen steht der brandenburgische Wirtschaftsminister Ralf Christoffers unter Druck, weil Fördergelder in Millionenhöhe für eine dubiose Firma versickerten. In der Sondersitzung des Landtags zur Affäre sprach nun ausgerechnet einer nicht: Christoffers.

Nach erster Fassungslosigkeit bricht schallendes Gelächter aus, in den Reihen der Opposition. Alle Abgeordneten der Grünen verlassen demonstrativ den Plenarsaal des brandenburgischen Landtags, die der FDP folgen kurz darauf. Es läuft die Sondersitzung des Landtages, die die CDU wegen der Förderaffäre um Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) durchgesetzt hatte. Soeben hat die Regierung das Wort erhalten. Doch was folgt, hat niemand erwartet – und für die Opposition ist es eine Missachtung des Parlaments.

Denn nicht Christoffers selbst tritt ans Rednerpult, um sich zu verteidigen oder zu rechtfertigen, wie es trotz Hinweisen auf Unseriosität, Betrug und fehlende Bonität noch im September 2012 zu einer Drei-Millionen-Zahlung an die dubiose Firma HBS in Luckenwalde kommen konnte. Nicht Christoffers erklärt, warum ohne den laut Förderbescheid nötigen Bonitätsnachweis das Geld ausgezahlt wurde. Und auch nicht Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) spricht, der noch am Wochenende den angeschlagen Minister öffentlich unterstützt hatte. Vorgeschickt wird Staatskanzleichef und Staatssekretär Albrecht Gerber.

Christoffers sitzt schweigend auf der Regierungsbank, die Hände gefaltet, als Gerber ihn „im Namen der gesamten Landesregierung“ in Schutz nimmt, gegen die „ehrabschneidenden“ Vorwürfe der Opposition. Nein, auf die Versäumnisse, die den Betrug erleichtert haben, die merkwürdige Rolle, die Christoffers spielte, geht Gerber nicht ein. Er verspricht noch, dass Konsequenzen gezogen werden sollen, um besser gegen Betrüger gewappnet zu sein. Dann teilt er gegen die CDU aus. Man arbeite in der Koalition mit den Linken vertrauensvoll zusammen, „erst Recht im Vergleich zu den Koalitionsquerelen in der vergangenen Legislaturperiode“. Da saßen die Schwarzen in der Regierung.

In der Sondersitzung geht es kaum um die HBS-Affäre, um Fakten, um Details. Sie wird zur Generalprobe für die Brandenburger Landtagswahl am 14. September. Und so legt CDU-Parteichef und Spitzenkandidat Michael Schierack, der als erster Oppositionsvertreter spricht, mit einem Rundumschlag los. Immer wieder attackiert er Woidke, den er beerben will. Er hält ihm vor, sich nicht um das Land zu kümmern, zählt die Pannen und Turbulenzen in der rot-roten Regierung auf, den Rücktritt des Justizministers, die Förderaffäre um Christoffers, an dem Woidke festhält. „Damit ist der Fall Christoffers ein Fall MP geworden.“

Manchmal hat sein Auftritt unfreiwillige Komik. Etwa, als er erklärt, die CDU habe die Sondersitzung beantragt, „damit die Landesregierung aus ihrer Agonie herauskommt“. Da wird es heiter in den rot-roten Reihen, und auch als Schierack – ungeachtet der für die Union und ihn eher mageren letzten Umfrageergebnisse – Woidke und der rot-roten Koalition vorwirft, sich in der Bevölkerung zu isolieren. Schierack: „Schauen Sie sich doch die Stimmung der Menschen in Brandenburg an.“ 

Nun ja, SPD-Fraktionschef Klaus Ness demonstriert im Anschluss, dass es noch deftiger geht. Er attackiert minutenlang den CDU-Abgeordneten Danny Eichelbaum, der nach Betrugsermittlungen eine Geldbuße von 20 000 Euro zahlte. Und in dieser Sitzung, in der es doch eigentlich um Christoffers geht, wirft Ness der CDU „Ablenkungsmanöver“ vor.

Wenigstens anwesend: Wirtschaftsminister Ralf Christoffers.
Wenigstens anwesend: Wirtschaftsminister Ralf Christoffers.

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Es sind der FDP-Abgeordnete Gregor Beyer und Grünen-Fraktionschef Axel Vogel, die sich auf den Anlass der Sondersitzung konzentrieren und hart, aber fair, in Kenntnis der Akten, das Versagen von Christoffers sezieren. „Sie wollten, dass das Geld an die HBS ausgezahlt wird. Sie haben es veranlasst. Jede andere Aussage ist eine Lüge“, hält Beyer Christoffers vor. Er fordert den Minister zum Rücktritt auf. Axel Vogel, Grünen-Fraktionschef, wiederholt die Forderung. Er begründet dies nicht allein mit dem damaligen Handeln von Christoffers, sondern auch mit dessen Krisenmanagement, dem Versuch, alles auf die Förderbank ILB abzuschieben – deren Vize-Verwaltungsratsvorsitzender er auch noch sei. „Das ist unwürdig und unvereinbar mit dem Ministeramt.“

Ehe am Ende ein Antrag von CDU, FDP und Grünen auf Entlassung von Christoffers mit rot-roter Mehrheit abgelehnt wird, geht Woidke doch noch ans Mikrofon. Am Morgen hatte er die Kampa der Brandenburger SPD eröffnet, aus der der 1,7 Millionen Euro teure Wahlkampf gesteuert wird. Eine Broschüre ist fertig, mit bunten Bildchen. „Mensch Woidke“. Nun zählt er Erfolge der Regierung auf, mehr Lehrer, mehr Polizisten. Nur zur Causa Christoffers sagt der Regierungschef keine Silbe.

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