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Das neue Ostkreuz.

© dapd

Fortschritte bei der S-Bahn: Und sie bewegt sich doch

Bei der S-Bahn scheint die größte Krise überwunden: Am neuen Ostkreuz funktionierte jedenfalls am Premierentag alles. Weil das Unternehmen zusätzliches Personal eingestellt hat, fallen weniger Fahrten aus.

Nach fast drei Jahren Dauerkrise rappelt sich die S-Bahn wieder auf: Seit Montag früh können ihre Züge in der neuen Halle am Ostkreuz halten, und obwohl auch die Signaltechnik auf dem 16 Tage gesperrten Ostring umgestellt worden war, fuhren die Bahnen am Premierentag fast wie am Schnürchen. Zudem sind nach Angaben von S-Bahnchef Peter Buchner seit drei Wochen werktags keine Fahrten mehr wegen Fahrermangels ausgefallen, wie es zuvor monatelang üblich war. Und Buchner rechnet fest damit, dass die S-Bahn auch den Mehrverkehr zum künftigen Flughafen Berlin-Brandenburg, der am 3. Juni eröffnen soll, bewältigen wird. Mindestens 520 Doppelwagen sollen dann einsetzbar sein; am Montag waren es 496.

Das neue Ostkreuz in Bildern

Der S-Bahn fehlten zuletzt rund 50 Fahrer, weil es durch geänderte Tarifverträge und Arbeitsbedingungen einen Mehrbedarf gab, der nicht rechtzeitig ausgeglichen worden war. Ein hoher Krankenstand hatte die Situation verschärft. Die ersten neu ausgebildeten Fahrer seien nun bereits unterwegs, sagte Buchner am Montag. Rund 80 Prozent der Kursteilnehmer haben die Prüfung bestanden. Und anders als befürchtet, sei auch danach keiner abgesprungen. Lokführer sind derzeit bundesweit gesucht. Auch bei der S-Bahn in München mussten, wie auch woanders, schon Fahrten ausfallen, weil das Personal fehlte. In der Vergangenheit waren S-Bahner mehrfach zu anderen Bahnunternehmen gewechselt, weil das Fahren dort in der Regel stressfreier ist als bei der S-Bahn.

Allerdings scheint der Ruf der S-Bahn noch nicht ganz so schlecht zu sein wie angenommen. Nach Buchners Angaben haben sich nach dem Bekanntwerden des Fahrermangels mehr als tausend Interessenten für eine Ausbildung gemeldet. Jetzt habe sich die Situation entspannt, sagte Buchner. Obwohl das Unternehmen jedes Jahr nur 30 neue Fahrer benötigt, sollen 100 ausgebildet werden, kündigte Buchner an.

Verbessern werde sich auch die Lage beim Fahrzeugeinsatz, versprach der S-Bahn-Chef. Im Juni sollen die täglichen Kontrollen der Bremssandanlagen abgeschafft werden, weil dann die nachträglich eingebaute automatische Füllstandsüberwachung zugelassen sein werde. Derzeit müssen Züge zum Teil ihre Fahrt vor dem Ziel abbrechen, um kontrolliert werden zu können. Diese Überwachungen waren angeordnet worden, weil bei einem Auffahrunfall im Bahnhof Südkreuz bereits 2006 festgestellt worden war, dass der Sandbehälter leer war. Der auf die Schienen gestreute Sand vergrößert die Reibung zwischen Rad und Schiene und verkürzt damit den Bremsweg.

Zuges in der neuen Ostkreuz-Halle ließ die S-Bahn am Montagvormittag Torte an die Fahrgäste verteilen. Während um 11 Uhr die offizielle
Zuges in der neuen Ostkreuz-Halle ließ die S-Bahn am Montagvormittag Torte an die Fahrgäste verteilen. Während um 11 Uhr die offizielle

© dpa

Da die Leitungen im Winter auch regelmäßig einfroren, durften die Züge zeitweise nur noch mit maximal 60 statt 80 Stundenkilometer fahren, was den Fahrplan der S-Bahn erheblich durcheinanderbrachte. Deshalb wurden nachträglich auch Heizungen in die Behälter und Leitungen eingebaut. Ziel der S-Bahn ist es, in diesem Jahr auf 546 einsetzbare Doppelwagen zu kommen. 650 sind insgesamt vorhanden, von denen ein Teil aber immer in der Werkstatt ist. Mit den 546 Wagen kann wieder der Betrieb angeboten werden, der bis zum Ausbruch der Krise im Sommer 2009 üblich war. Dann werde auch die Linie S 85 (Waidmannslust–Grünau) wieder aktiviert, die seit Beginn der Krise eingestellt ist. Damit wäre das Liniennetz wieder komplett.

Vereinbart mit dem Senat hat die S-Bahn, mindestens 562 Doppelwagen einzusetzen. Mit der Strecke zum Flughafen Berlin-Brandenburg, die das Netz um rund sechs Kilometer verlängert, müsste die S-Bahn vertragsgemäß auf 575 einsetzbare Doppelwagen kommen. Diese Vorgaben könnten betrieblich aber nicht erreicht werden, heißt es bei der S-Bahn. Dass der Senat für nicht erbrachte Vertragsleistungen Zuschüsse abzieht, hat die S-Bahn bereits einkalkuliert.

Ob sich ihre Chancen, mit der allmählichen Rückkehr zum Normalbetrieb eine mögliche Ausschreibung des Betriebs auf dem Ring und den südöstlichen Zulaufstrecken nach Auslaufen des Verkehrsvertrags im Dezember 2017 verbessern, ist offen. Verkehrssenator Michael Müller (SPD) ist für die Ausschreibung, Teile der Fraktion liebäugeln dagegen mit einer Direktvergabe an die BVG oder einen neuen landeseigenen Betrieb. Die Entscheidung soll bis Juni fallen.

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