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Der Angeklagte Rolf Z.

© dpa

Gerichtsurteil zum Mord an Luke Holland: Über elf Jahre Haft für Angeklagten - Motiv bleibt offen

Nach dem tödlichen Schuss auf einen Briten wurde der Angeklagte zu elf Jahren und sieben Monaten Haft verurteilt. Ob er aus Fremdenhass schoss, blieb offen.

Die Eltern hielten sich an den Händen, als das Urteil im Prozess um den Tod ihres einzigen Kindes fiel: Luke Holland, ein Brite, der in Berlin lebte, wurde ermordet. Es war nach Überzeugung der Richter zweifelsfrei Rolf Z., der aus nächster Nähe auf den völlig arg- und wehrlosen Mann schoss. Elf Jahre und sieben Monate Haft ergingen gegen den 63-jährigen Angeklagten. Wegen erheblicher Alkoholisierung sei seine Steuerungsfähigkeit bei der Tat eingeschränkt gewesen. Die Eltern des Opfers sehen es anders. Sie gehen von der Tat eines Rassisten aus – „weil unser Sohn Englisch sprach“, sagten sie und forderten eine lebenslange Freiheitsstrafe.

Rolf Z. habe mit einem Schrotgewehr auf Luke Holland geschossen, als dieser vor eine Bar in Neukölln stand, sagte der Vorsitzende Richter. Ohne eine Vorwarnung sei es geschehen, ohne einen Kontakt zu seinem Opfer. Der 31-jährige Jurist sei chancenlos gewesen. „Das Motiv aber konnten wir nicht sicher feststellen“, so die Richter.

Sie schlossen wie der Staatsanwalt nicht aus, dass es aus Fremdenfeindlichkeit geschah. Bei Rolf Z. hatte man jede Menge Nazi-Devotionalien – darunter eine Hitler-Büste und Waffen gefunden. Ausländerhass als Motiv sei aber nur ein „vager Rückschluss aus seiner Sammelleidenschaft“. Dass Rolf Z. eine Nazi-Haltung anderen gegenüber zum Ausdruck brachte, habe sich im Prozess nicht gezeigt. Auch eine Feindschaft gegen das Publikum in der Bar habe man nicht feststellen können. Aber Heimtücke. „Luke Holland erwartete keinen Angriff.“

Er hatte keine Chance mehr

Der Brite war mit Begleitern unterwegs. Kurz vor sechs Uhr am Morgen des 20. September erhielt er einen Anruf aus Großbritannien. Er ging vor die Bar „Del Rex“ und telefonierte. Z. soll die Bar bereits früher verlassen haben – ohne einen Kontakt zum späteren Opfer. In einem Mantel und mit Schrotflinte bewaffnet sei Z. zurückgekehrt und auf den Briten zugegangen. „Als Luke Holland die Waffe sah, hatte er keine Chance mehr.“

Zeugen hatten nicht den Schuss, aber den mutmaßlichen Täter gesehen. Die Beschreibung passte auf den Angeklagten. Dazu als Indizien die Waffen in seiner Wohnung in der Nähe des Tatortes, Schmauchspuren an einer Handkante und Patronen für eine Schrotflinte. Der Mann ohne Vorstrafen wurde am nächsten Tag festgenommen. Er meinte damals, er sei bei einem Mittelalterfest gewesen. Später verweigerte er die Aussage. Seine Verteidiger plädierten auf Freispruch.

Rolf Z., ein hagerer Mann mit langem weißem Haar und Bart, der als kauzig gilt und nach einem Gutachten „Pegeltrinker“, saß vier Monate lang regungslos auf der Anklagebank. Er starrte zu Boden, als die Eltern unter Tränen von ihrem Sohn sprachen, von ihrem Schmerz. „Ein vollkommen unschuldiger Mensch wurde von dieser Erde einfach weggepustet“, sagte die Mutter. „Unser Haus, unser Leben, unsere Herzen sind jetzt leer“, sagte der Vater. Und sie werfen den Ermittlern Versagen vor. Dabei geht es um den noch immer ungeklärten Mord an Burak Bektas im April 2012. Damals habe es einen Hinweis auf Z. gegeben.

Kerstin Gehrke

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