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Auf dem Kreuzberger Myfest feiern die Berliner jedes Jahr friedlich den Tag der Arbeit.

© Bernd von Jutrczenka / picture alliance / dpa

Update

Gesetzliche Feiertage: Berlin sucht sich einen neuen Feiertag

Die norddeutschen Bundesländer machen den Reformationstag zum gesetzlichen Feiertag. Nun will sich auch Berlin einen weiteren freien Tag gönnen. Nur der richtige Anlass wird noch gesucht.

Von Markus Lücker

Der Norden legt vor, Berlin zieht wahrscheinlich nach. Auf einer Sondersitzung der Konferenz Norddeutschland hatten die Ministerpräsidenten von Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Bremen am Donnerstag angekündigt: Am Reformationstag gibt es in den entsprechenden Ländern zukünftig frei. Und auch in Berlin deutet alles in Richtung eines zehnten gesetzlichen Feiertags.

Noch hinkt die Hauptstadt allerdings 1,5 Feiertage hinter dem Bundesdurchschnitt zurück. Dass man aufholen will, scheint Konsens. Nur was genau gefeiert werden soll, da sind sich die Parteien noch unsicher.

Bereits im November vergangenen Jahres brachte die AfD im Abgeordnetenhaus einen Antrag zum Reformationstag ein. Das 500. Luther-Jubiläum war gerade geschafft, ausnahmsweise kamen diesmal alle 16 Bundesländer in den Genuss eines freien 31. Oktobers. Üblich war dies bislang nur in Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg.

Die Reformation habe, so die AfD, die christliche Kirche modernisiert und Europa aus dem Mittelalter in die Neuzeit getragen. Gerade im protestantisch geprägten Berlin sei es also angebracht, den gesetzlichen Feiertag anzuerkennen.

„Für uns ändert die Entscheidung aus Norddeutschland gar nichts“

Doch zumindest bei der Zahl der Gläubigen ist diese Prägung eher begrenzt. So muss auch Martin Trefzer von der AfD anerkennen: „Wir bewegen uns da zwischen 15 und 20 Prozent der Berliner. Es geht eher um die kulturelle Bedeutung der Reformation.“ Gerade mit der Entscheidung aus Norddeutschland hoffe man nun jedoch auf einen neuen Antrieb in der Debatte. „Wir setzen da auf die CDU und vielleicht auch die SPD.“

Feiern? Können die Berliner. Zum Beispiel am 1. Mai in Kreuzberg.
Feiern? Können die Berliner. Zum Beispiel am 1. Mai in Kreuzberg.

© Robert Schlesinger dpa/lbn

Doch gerade die SPD hatte bislang eher andere Pläne für einen möglichen Feiertag. Vorstellbar seien der 27. Januar als Tag der Befreiung von Auschwitz, der 23. Mai als Tag des Grundgesetzes oder der 8. Mai als Tag der Befreiung vom Faschismus. Für Letzteres gibt es bereits ein Vorbild in Brandenburg. Dort zählt der 8. Mai bereits seit 2015 als offizieller Gedenktag – allerdings, ohne arbeitsfrei zu sein. Auch Regina Kittler von den Linken unterstützt den Vorschlag: „Für uns ändert die Entscheidung aus Norddeutschland gar nichts.“

Die Grünen-Abgeordnete Bettina Jarasch will sich vom Norden nicht beeindrucken lassen. Zwar tragen die Grünen in Hamburg, Schleswig-Holstein und Bremen den neuen Feiertag mit, „aber wir von den Grünen halten ja allgemein viel vom Föderalismus.“

Was für den Norden passen kann, muss in Berlin nicht richtig sein. Zu vielseitig seien hier die Menschen, dass ein religiöser Feiertag den identitätsstiftenden Effekt haben könnte, der eigentlich gewünscht wird. Das gelte auch für jüdische und muslimische Feiertage. Stattdessen könne man einen flexibel einlösbaren, arbeitsfreien Tag bereitstellen. Der könne dann beliebig, je nach eigenem Feiertagsbedürfnis, eingelöst werden.

FDP: Zusätzlicher Arbeitstag als Chance

Die FDP hingegen hätte lieber ihre eigene Variante vom Tag der Arbeit. Berlin hinke wirtschaftlich eh bereits hinter den anderen Bundesländern zurück, sagt deren Sprecher für Wirtschaft und Arbeit, Florian Swyter: „Statt neue Feiertage einzuführen, können wir den zusätzlichen Arbeitstag auch als Chance begreifen.“ Im Wettbewerb sei man den anderen Bundesländern einen Tag voraus. Das biete das Potential, wirtschaftlich endlich aufzuholen.

Bischof Markus Dröge von der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz hingegen begrüßt den Vorstoß aus Norddeutschland. Der Antrag der Afd „hat dem Thema Reformationstag jedoch mehr geschadet als genützt.“ Bereits im November gerieten der Bischof und AfD-Vertreter deswegen aneinander.

Von beiden Seiten kam der Vorwurf, der Reformationstag würde unnötig politisiert und die Debatte dadurch verdorben. „Der Antrag der Rechtspopulisten scheint mir rein taktischer Natur zu sein“, sagt Dröge. Es sei nun Aufgabe der anderen Parteien, sich für eine konstruktive Debatte starkzumachen. Man habe es der rechtspopulistischen Partei erlaubt, das Thema „einzubringen, zu besetzen und zu versenken“.

Ein Feiertag solle auf eine gemeinsame gesellschaftliche Erfahrung zurückgehen, findet Dröge. Beim Reformationstag sei das deutlich zu erkennen.

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