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Um Berlin verdient gemacht. Hartwig Piepenbrock auf einem Foto von 2003 – einem der letzten öffentlichen Bilder, die von ihm gemacht wurden.

© Ulli Winkler

Hartwig Piepenbrock stirbt mit 76 Jahren: Der Dienstleister - Nachruf auf Hartwig Piepenbrock

Hartwig Piepenbrock hat sich als Unternehmer und als Kunstförderer einen Namen gemacht. Jetzt ist er mit 76 Jahren gestorben. Berlin hat ihm viel zu verdanken.

Eine öffentliche Figur im engeren Sinne war er nicht, drängte sich nicht vor, wenn Prominenz gefragt war und die Kamerablitze zuckten. Wer ist gleich dieser große, joviale ältere Herr mit Lodenmantel und Trachtenhut? Es war Hartwig Piepenbrock, Unternehmer, Schöngeist, Kunstsammler, Genießer. Aber jeder, der die Berliner Stadtgeschichte der Nachwendezeit verfolgt hatte, wusste zumindest zwei Dinge über ihn: Gebäudereinigung – und Villa Lemm. In diesem noblen Alterswohnsitz am Havelufer in Gatow ist Piepenbrock, der seit längerem an Alzheimer litt, am Donnerstag gestorben. Er wurde 76 Jahre alt.

Piepenbrock stammt aus Osnabrück. Dort absolvierte er auch eine Lehre als Gebäudereiniger, von der Pike auf in der Firma seines Vaters. Zeit für eine Hochschulausbildung blieb ihm nicht, der Vater war krank aus dem Krieg zurückgekehrt und brauchte einen Nachfolger. In den Nachkriegsjahren waren in Osnabrück nicht nur Fensterputzer, sondern vor allem auch Gerüstbauer gefragt, die den Aufstieg des Unternehmens begründeten. Piepenbrock kam 1955 hinzu, konnte also auf einer soliden Basis arbeiten, auf der er die Firma nach und nach zum bundesweit tätigen Dienstleistungsunternehmen ausbaute, das heute 27 000 Menschen beschäftigt und im Jahr 2011 439 Millionen Euro umsetzte.

Die Unternehmensbereiche sind Gebäudereinigung, Facility-Management, Instandhaltung und Sicherheit; Piepenbrock hat in Deutschland etwa 70 Niederlassungen, fünf Instandhaltungszentren und über 800 Standorte, ist darüber hinaus auch in Wien und Salzburg tätig. Die Firma wird heute von Piepenbrocks drei Kindern geleitet, einer Tochter und zwei Söhnen, denen er 2001 die Führung übergab, um sich um seine Hobbys, vor allem Förderung der bildenden Kunst, zu kümmern.

Die Liebe zu Berlin kam für ihn erst nach der Wende, ganz ähnlich wie bei Peter Dussmann, der in der Stadt der Nachwendezeit einen vergleichbaren Aufstieg erlebte. Piepenbrock hatte Berlin erst kurz vor dem Mauerfall kennengelernt, und es schien zwangsläufig, dass er die Stadt als ideale Basis für den Aufbau der Geschäfte in den neuen Bundesländern entdeckte – und den Wald bei Rheinsberg als ideales Jagdrevier. Er wollte damit auch einen Betrag dazu leisten, die Stadt vom Schock des Subventionsentzugs zu befreien und kämpfte intensiv, wenn auch letztlich erfolglos für die Fusion der beiden Bundesländer.

Alterssitz: 1995 hatte Piepenbrock die Villa Lemm in Gatow erworben, die ehemalige Residenz des britischen Stadtkommandanten.
Alterssitz: 1995 hatte Piepenbrock die Villa Lemm in Gatow erworben, die ehemalige Residenz des britischen Stadtkommandanten.

© dpa

Endgültig besiegelte er seinen Umzug nach Berlin 1995 mit dem Erwerb der Villa Lemm in Gatow, jenem Anwesen, das nach dem Abzug des britischen Stadtkommandanten 1990 leer stand und von 24 000 Quadratmeter Garten, einem der schönsten Grundstücke der Stadt, umgeben ist. Haus und Garten schmückte er mit einigen der Skulpturen, die seine Kulturstiftung ausgezeichnet hatte, und er engagierte sich auch sonst in vielfacher Richtung mäzenatisch, lieh rund 150 Werke aus seiner Sammlung an die Berlinische Galerie aus; die Universität der Künste bedankte sich für diesen Einsatz 2002 mit dem Ehrendoktortitel. 2001 zeichnete ihn Berlin mit dem Verdienstorden des Landes aus.

Die Kulturstiftung hatte Piepenbrock schon zum 75-jährigen Firmenjubiläum 1988 gegründet. Sie vergab bis 2008 jährlich den mit 50 000 Euro höchstdotierten europäischen Skulpturenpreis. Mit dem Einsetzen seiner Alzheimer-Erkrankung 2009 änderte der Familienrat aber das Ziel der Stiftung, konzentrierte die Mittelvergabe auf die Forschung an dieser Krankheit und schrieb den mit 60 000 Euro dotierten Hartwig-Piepenbrock-DZNE-Preis zugunsten des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen aus.

Piepenbrock zog sich zu diesem Zeitpunkt endgültig aus der Öffentlichkeit zurück und lebte die restlichen Jahre in der Villa Lemm, gepflegt von seiner Frau Maria Theresia, mit der er seit 1966 verheiratet war.

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