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Blanko-Identitäten. Die Polizei zeigte am Dienstag mehr als 1000 Dokumente, die bei der Festnahme von sechs Tatverdächtigen sichergestellt wurden.

© Paul Zinken/dpa

Hehlerbande in Berlin zerschlagen: Polizei findet 1.100 gestohlene Ausweise und Pässe

Eine sechsköpfige Bande handelte mit gestohlenen Pässen und Dokumenten – am Freitag schlug die Polizei zu. Die Beamten entdeckten mehr als tausend Blankodokumente.

Aufenthaltstitel, vorläufige Personalausweise, Reisepässe für Kinder und Erwachsene – die amtlichen Dokumente türmen sich gleich stapelweise in einem Büro im vierten Stock des Polizeiabschnitts 44 in der Gothaer Straße. Rund 1100 Originaldokumente präsentieren die Ermittler des Landeskriminalamtes am Dienstagmittag in Schöneberg – gestohlen bei Einbrüchen in Bürgerämter in- und außerhalb von Berlin, gegen Bargeld verkauft an illegale Flüchtlinge und Kriminelle, die "sich so einen scheinbar legalen Aufenthalt in Deutschland sichern wollten", wie die Polizei mitteilte.

Zehn Wohnungen in vier Bezirken durchsucht

Die Dokumente – die meisten von ihnen blanko, nur wenige waren nach Angaben der Ermittler manipuliert oder ausgefüllt worden – waren am Freitag bei einer Wohnungsdurchsuchung in Wilmersdorf entdeckt worden. Die Beamten hatten zudem neun weitere Wohnungen in Charlottenburg, Neukölln und Schöneberg durchsucht; zuvor waren Durchsuchungsbeschlüsse beim Amtsgericht Tiergarten erwirkt worden. Neben den Dokumenten – immerhin ein Fund von "außergewöhnlicher Größenordnung", wie ein Ermittler sagte – wurde bei den Durchsuchungen auch Computertechnik beschlagnahmt.

Sechs Verdächtige festgenommen - und wieder freigelassen

Der 54-jährige Mieter der Wohnung in Wilmersdorf und fünf weitere Männer im Alter von 41 bis 62 Jahren wurden vorübergehend festgenommen. Ihnen wird vorgeworfen, "gemeinschaftlich und gewerblich" – also im großen Stil – mit den gestohlenen Dokumenten gehandelt zu haben. Die mutmaßlichen Mitglieder der Hehlerbande befanden sich am Montag allerdings wieder auf freiem Fuß; nach der erkennungsdienstlichen Behandlung waren sie wieder freigelassen worden.

Dokumente wurden in Bürgerämtern gestohlen

Unter Verweis auf die weiterhin laufenden Ermittlungen wollte die Polizei zunächst keine näheren Informationen zu den Verdächtigen und den Hintergründen der Ermittlungen geben. Unklar ist, wie viele Dokumente die Hehler in Umlauf bringen konnten, bevor die Ermittler zuschlugen. Auch zur Höhe des Schwarzmarktwerts der gefundenen Papiere wollte sich die Polizei zunächst nicht äußern. Fest steht bisher nur, dass die Dokumente bei "mehreren Einbrüchen innerhalb und außerhalb Berlins" erbeutet wurden und dann gegen Bargeld weiterverkauft wurden, wie ein Sprecher sagte.

Offen ließ der Sprecher, ob die Männer auch verdächtigt werden, die Einbrüche verübt zu haben – oder ob sie beispielsweise über einen Mittelsmann an die Papiere gelangten. Im April 2013 waren Unbekannte ins Bürgeramt Halemweg eingebrochen und hatten zahlreiche Blankodokumente gestohlen. Ob es sich bei der vor fast zwei Jahren im Halemweg gemachten Beute um die am Freitag gefundenen Dokumente handelte, wollte die Polizei nicht kommentieren.

Begehrte Ware auf dem Schwarzmarkt

Allerdings scheinen die Verdächtigen ihre Hehlerware nicht unmittelbar an den Endabnehmer gebracht zu haben. "Laien können mit Blankodokumenten erst mal nichts anfangen. Es braucht Kenntnisse und die entsprechende Computertechnik, um ein Dokument zu fälschen", sagte ein Sprecher der Polizei. Ob die in den durchsuchten Wohnungen beschlagnahmten Computer für die Fälschung von Dokumenten ausgestattet waren, wollte der Sprecher nicht sagen – allerdings scheinen die Verdächtigen zumindest versucht zu haben, die Dokumente selber zu manipulieren.

"Die Ausweise und Reisepässe dienen Kriminellen als Einstieg für alle möglichen Straftaten vom Betrug bis zum Terrorismus", war von einem Ermittler des Dezernats für Schleusungs- und Dokumentenkriminalität zu erfahren. Vom Kontoeröffnungs- und Sozialbetrug über die Schleusung von Flüchtlingen bis zur illegalen Ein- und Ausreise: Die Bandbreite krimineller Aktivitäten ist groß. Auf dem Schwarzmarkt sind die Dokumente begehrt. Mitunter wird ein einzelnes Papier für mehrere tausend Euro gehandelt. Entsprechend attraktiv ist der Diebstahl der Papiere für Kriminelle: "Die Einbrüche passieren leider recht regelmäßig", sagte der Ermittler.

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